Gisela Bornowski und Franz Jung beim Segen im ökumenischen Gottesdienst

"ER bewahre euch vor Verzweiflung und festige eure Herzen in seiner Liebe" - Regionalbischöfin Gisela Bornowski spricht den Segen.

Bild: BR/Video

Ökumenische Gedenkfeier

"Es tut so weh"

Würzburg gedenkt nach der Messerattacke von vergangenem Freitag in einem ökumenischen Gottesdienst der Opfer.

Eine eigentümliche Stille. Jeder, der Würzburg kennt, merkt, dass an diesem Sonntag etwas anders ist. Selbst, wenn er tagelang keine Nachrichten gehört oder Zeitungen gelesen hätte. Die Straßenbahn rumpelt zwar vorbei, man hört Menschenstimmen, Brunnen plätschern - aber diese Lebendigkeit, die sonst die Würzburger Innenstadt bei Sommerwetter prägt, sie ist weg. Eine ganze Stadt trauert um die drei Toten und vielen Verletzten der brutalen Messerattacke vom Freitag.

Wie schwer diese Tat neben den Angehörigen der Toten und den vielen Verletzten die ganze Stadt getroffen hat, bringt Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) am Samstag in einem offenen Brief zum Ausdruck: „Ich habe gestern Abend geweint“, schreibt er darin. „Geweint um die Opfer und die Angehörigen“ - aber auch „um unsere Stadt“. Bei einer Kranzniederlegung mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte er sonntags davor, die Tat „reflexartig politisch zu instrumentalisieren“.

Auch vor Beginn der Gedenkfeier im Kiliansdom am Sonntagnachmittag (die Tauerfeier wurde vom BR übertragen) herrscht in der Kathedrale die gleiche außergewöhnliche Stille wie vor der Tür. Es gibt fast keine Platzgespräche, die Menschen warten still darauf, dass das ökumenische Gedenken beginnt. Angehörige der Opfer sind auch dabei. Würzburgs Bischof Franz Jung sagt in seiner Predigt: „Die Hilflosigkeit führt uns an unsere Grenzen und zeigt uns unsere Endlichkeit.“ Gerade in dieser Hilflosigkeit wollten die Kirchen „Präsenz zeigen“.

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Die Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski sagte, manche Lasten im Leben seien derart schwer, „dass man darunter auseinanderbricht“. Der vergangene Freitag sei „gerade noch ein fröhlicher Nachmittag, an dem sich alle freuen, dass endlich wieder mehr Leben“ trotz der Corona-Pandemie möglich ist: „Und dann ist plötzlich alles anders.“ Bornowski dankte den Einsatzkräften und den Mitbürgern, die den Täter in Schach gehalten und damit noch Schlimmeres verhindert hätten.

Ministerpräsident Söder wirkte bei seiner kurzen Rede im Kiliansdom bewegt und angefasst: „Es tut so weh, es ist einfach unfassbar.“ Er warnte davor, diese „hasserfüllte Tat“, die „die Angehörigen, die ganze Stadt und uns alle ins Herz“ getroffen habe, mit Hass oder Rache zu beantworten. Klischees oder Vorverurteilungen würden den Opfern und Angehörigen nicht helfen, sondern nur noch weitere Wunden reißen, erläuterte Söder: „Gut und Böse sind keine Frage von Religion oder Nationalität.“

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, der in Würzburg lebende Josef Schuster, sagte, in seiner Heimatstadt sei „seit vergangenem Freitag nichts mehr, wie es war“. Seine Gedanken seien bei den Opfern, den Angehörigen und allen, die diese schlimme Tat miterleben mussten. Nun gelte es, „jeden Versuch abzuwehren, unsere Gesellschaft weiter zu spalten“. So schlimm das Erlebte sei, so hoffe er, dass die Stadtgesellschaft dadurch „noch stärker zusammengeschweißt“ werde.

Die Stadtspitze hatte die Würzburgerinnen und Würzburg am Wochenende auch gezielt zur Stille aufgefordert. „Wir möchten zu einem stillen Sonntag in der Stadt aufrufen“, sagte Oberbürgermeister Schuchardt. Daher werde im „Kiliani-Sommergarten“ - der als Ersatz für das wegen Corona abgesagte Volksfest derzeit am Mainufer stattfinde - am Sonntag auf „Musik, Werbung und Durchsagen“ verzichtet. „Es gibt viel, was wir nun verarbeiten müssen, ein wenig Stille wird uns dabei helfen.“

Der evangelische Würzburger Dekan Wenrich Slenczka sprach am Sonntagmorgen in seiner Predigt zum Mozartfest-Gottesdienst in der evangelischen St. Stephanskirche von „einer blindwütigen Tat“, die „drei Menschen getötet, weitere schwer verletzt und viele schrecklich in Angst versetzt“ habe. Diese Angst fordere Trost, könne ihn aber zugleich kaum zulassen. „Es ist zu grausam, was da passiert ist“, sagte er: „Jeder Trost muss an der harten Wirklichkeit zerschellen wie ein dünnes Glas am Stein.“

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat sich am Freitag entsetzt gezeigt von der Bluttat in Würzburg. Die Messerattacke in einem Kaufhaus habe Menschen aus dem Nichts heraus getroffen, sagte der Bischof dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Samstag. „Sie kommt zu einer Zeit, in der viele aufatmen und das Leben wieder neu zu genießen beginnen, weil der Höhepunkt der Pandemie überwunden scheint.“ Bedford-Strohm weiter: „Umso mehr trifft uns ein Verbrechen, das uns mitten in dieses Aufatmen hinein unsere Verletzlichkeit vor Augen führt.“ Er zünde daher eine Kerze an und bete für die Toten und ihre Angehörigen, die Verletzten und alle, die von diesem schrecklichen Ereignis verunsichert und betroffen sind.

28.06.2021
epd/Daniel Staffen-Quandt

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