In diesen Tagen gibt es fast nur ein Thema: die steigenden Corona-Infektionszahlen. Auch der Reformationstag wurde von Corona beherrscht.
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Predigten zum Reformationstag
Gegen die Angst
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte am Samstag in Bad Windsheim, dass der christliche Glaube am Reformationstag 2020 ausgerechnet von einem kleinen Virus herausgefordert werde. Ein Virus, das Angst mache und den Menschen "brutal vor Augen stellt, wie wenig Kontrolle wir über unser Leben haben" und das sie mit ihrer Endlichkeit konfrontiere.
Der christliche Glaube gebe einem Kraft, die Herausforderungen der Corona-Krise zu bewältigen, sagte Bedford-Strohm: Die Beziehung zu Gott und das Vertrauen auf Christus helfe, die "lähmende Angst" zu überwinden. Nicht einmal das Virus "könne uns trennen von der Liebe Gottes". Daneben forderte er Einsatz für Religionsfreiheit. Weltweit würden vor allem Christen unter Einschränkungen der Religionsfreiheit leiden. Selbst in Ländern mit garantierter Religionsfreiheit würden terroristische Gewalttäter versuchen, "Angst und Schrecken" zu verbreiten, wie etwa kürzlich in Nizza oder beim Anschlag auf die Synagoge in Halle.
Synoden-Vizepräsident: Vertrauen auf Jesus Christus
In seiner Predigt zum Reformationstag in Ansbach St. Johannis erinnerte der theologische Vizepräsident der Landessynode, Hans Stiegler, an eine der Grundwahrheiten der Reformation: "Solus Christus."Christlicher Glaube ist – auch und gerade in den Coronazeiten - konkret, klar und hat ein eindeutiges Zentrum, das schon Paulus im NT ins Zentrum stellte, als er schrieb: Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus (1 Kor 3, 11)." Das habe drei Konsequenzen, so Stiegler:Es gehe im Evangelium alleine um Jesus Christus als Weg, Wahrheit und Leben. Daraus erwachse den Christen eine große Freiheit. Ein Leben, das auf Jesue Christus ruhe, werde sich im Tun der Liebe erweisen. "Wer sein Leben auf Jesus Christus gründet, weiß aber, dass er jeden Tag von der Vergebung lebt, die Jesus ihm gewährt. Sünde und Schuld laden wir alle täglich auf uns. Vergebung schenkt Jesus. Wem das klar ist, der kann eigentlich gar nicht anders, als diese Barmherzigkeit auch an jene weiterzugeben, die ihm wehtun, die an ihm schuldig werden."
Kopp: Respekt und Rücksichtnahme
Der Münchner Regionalbischof Christian Kopp rief in seiner Kanzelrede am Samstag in Freising zu mehr Respekt und Anstand in allen Diskussionen rund um Corona auf. "Kein Mensch kennt den richtigen Weg." Er sei dafür, sehr verantwortlich mit den individuellen Freiheitsrechten umzugehen. "Aber genauso wichtig ist der Respekt vor jedem Leben und die Rücksichtnahme auf den Anderen", sagte Kopp, dessen Frau zu Beginn der Pandemie selbst mit dem Virus infiziert war. Die Corona-Krise gehe an die Substanz und sei für die Gesellschaft eine Zeit der Transformation. Gerade für eine "kontaktstarke und menschennahe Organisation" wie die Kirche sei Corona eine Katastrophe.
Stiegler: Glaube als Kraft, Sinnlosigkeit auszuhalten
Der Regensburger Regionalbischof Klaus Stiegler sieht im christlichen Glaube eine Quelle der Zuversicht und Stärke für den Umgang mit der Corona-Pandemie. Wenn scheinbare Sicherheiten, vermeintliche Selbstverständlichkeiten nicht mehr gelten, Erfahrungen der Sinnlosigkeit erlebt würden, "kann der Glaube zur Kraft werden, diese auszuhalten und sie in die eigene Lebensgeschichte zu integrieren", sagte Stiegler im Reformationsgottesdienst am Samstag in Amberg.
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Stadtdekan Körnlein: Mut fassen, das Leben trotz der Angst zu gestalten
Der Nürnberger evangelische Stadtdekan Jürgen Körnlein ermutigte indes die Menschen dazu, sich nicht von ihren Ängsten lähmen zu lassen. "So lebe ich mit der Angst, mit ihrer warnenden Funktion und lasse mich von ihrer blockierenden Funktion nicht lähmen und mir schon gar nicht das Leben verderben", sagte Körnlein im Reformationsgottesdienst am Samstag in Nürnberg. Mit Blick auf Corona-Leugner sagte Körnlein, dass die Angst nicht nur zur Lähmung führe, sondern bei manchen auch zur Verdrängung. Dahinter stünden oft aber auch sehr reale Ängste, etwa vorm Jobverlust. Laut einer von ihm mitinitiierten Umfrage, wovor die Menschen derzeit Angst haben, hätten diese die Folgen der Corona-Pandemie und die Klimaerwärmung genannt, außerdem die Angst davor, dement und ein Pflegefall zu werden, sagte Körnlein. Er riet dabei, sich die Ängste realistisch anzusehen und sie in Teilängste zu zerlegen. "Wer Angst vor der Zukunft hat, kann entdecken, dass er eigentlich nur Angst vor Altersarmut hat - und kann dann Schritte suchen und finden, was er dagegen tun kann", führte er als Beispiel an. Man müsse den Mut fassen, das Leben trotz der Angst zu gestalten.
Diakonie-Rektor Schübel: Auf Christus vertrauen
Als "Heilmittel" gegen solche Ängste empfiehlt der Rektor der Rummelsberger Diakonie, Reiner Schübel, das Vertrauen auf Christus. Ein solches Vertrauen sei Heilmittel etwa gegen die Angst vor dem Coronavirus, vor einem erneuten Lockdown, vor Arbeitsplatzverlust, vor Einsamkeit, vor Hass und Hetze auf den Straßen oder im Internet oder vor den Folgen des Klimawandels, betonte Schübel in seiner Predigt am Samstag in Altdorf. Der Glaube gebe Kraft, Nöte auszuhalten und nach angemessenen Antworten zu suchen. "Also etwa zu fragen: Wie können wir in unseren Senioreneinrichtungen Seelsorge und menschlichen Kontakt gewähren, ohne die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner zu gefährden?"
Breit-Keßler: "Auf Sicht fahren"
Nach Bewältigungsstrategien gegen die Angst fragte auch die ehemalige Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler in ihrer Predigt in der Münchner Christuskirche. Es sei normal, Angst zu spüren und zu wissen, dass das Leben nicht einfach zu meistern ist. „In der Welt habt ihr Angst“, sage Jesus. Doch er fahre fort: „Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“. Die momentane Krise brauche kein Mensch. "Aber sie legt offen, dass wir selbst gebraucht werden. Beherzt, diszipliniert und mündig." Das Bild „auf Sicht fahren“ passe dabei sehr gut. Wer auf Sicht fahre, müsse Geschwindigkeit reduzieren und brauche ein Navigationssystem. "Unsere Orientierung, unser Navi kommt von Gott." Er sei die feste Burg. Für Luther habe die entscheidende Frage nicht gelautet, wie Belastungen ausgeschlossen werden könnten. "Sondern wie wir mit den üblen Situationen unseres Lebens umgehen und worauf wir uns gründen, wenn die selbst gelegten Fundamente brüchig werden. Klar bleiben in Gedanken, Worten und Taten, in die Öffentlichkeit gehen, offen reden. ...Auf die eigene geistige, seelische Gesundheit achten. Sich nicht verrückt machen zu lassen. Sich an Gott halten."
02.11.2020
epd/elkb