An Person und Werk Martin Luthers denken lutherische Christen am Reformationstag.
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Predigten zum Reformationsfest
So warb die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler für offene Solidarität mit jüdischen Menschen. "Schicken wir unsere Kinder in jüdische Schulen, gehen wir am Sabbat als Gäste in den Gottesdienst", sagte die Theologin in ihrer Predigt beim Festgottesdienst in Großkarolinenfeld, der ältesten evangelischen Kirche Oberbayerns. Dass jüdisches Leben in Deutschland Polizeischutz benötige, sei "eine Schande für unsere Gesellschaft und Zeichen für einen vitalen Rechtsterrorismus". Die Pyramide des Mordens beginne mit "giftigen Worten" in Internet und Parlamenten und ende mit Taten wie dem Anschlag von Halle, betonte Breit-Keßler.
Der Reformationstag erinnere Christen daran, dass das Christentum seine Quellen im jüdischen Glauben habe. "Christen und Juden haben einen gemeinsamen Gott, und Nächstenliebe ist unser Auftrag", sagte Breit-Keßler. Es sei "ein unverdientes Geschenk an uns", dass sich jüdisches Leben nach 1945 wieder in Deutschland entfaltet habe. Die Regionalbischöfin sagte, sie wünsche sich, dass Christen und Juden "Trauer und Festfreude persönlich und konkret" teilten und jüdische Gemeinde sichtbar werde, statt im Geheimen zu leben.
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Regionalbischof Klaus Stiegler betonte in seinem ersten Festgottesdienst mit den Regensburger Christen, dass jeder Mensch ein Ebenbild Gottes sei, "mit unverlierbaren Wert, mit unverletzlicher Würde". Das sei die Botschaft der Reformation, die nicht in Vergessenheit geraten dürfe. Wahr sei zugleich aber auch: "Kein Mensch darf Gott spielen, darf sich gottgleiche Herrschaft anmaßen." Die schrecklichen Ereignisse von Halle hätten gezeigt, dass es bis heute nicht selbstverständlich sei, den Anderen als gleichberechtigt anzuerkennen. Noch immer gebe es Antisemitismus in Deutschland "in erschreckendem Ausmaß", erklärte Stiegler. In der Vergangenheit hätten sich Christen "häufig nicht eindeutig und entschlossen genug" gegen den Antisemitismus gestellt; auch in Regensburg, wo vor genau 500 Jahren Juden aus der Stadt vertrieben wurden. Ein "heilsamer Segen" sei es, dass es seit diesem Jahr wieder eine neue Synagoge in Regensburg gebe. "Als Kirche der Reformation haben wir unseren Platz an der Seite der Jüdinnen und Juden."
Stefan Ark Nitsche: Resonanzkörper werden
Wie ein Leitmotiv klangen in der Predigt zu den Seligpreisungen von Regionalbischof Stefan Ark Nitsche in Neustadt/Aisch immer wieder Hammerschläge auf Holz durch die Kirche. Er erinnerte an die „wunderbaren Erfahrungen, wenn ich spüre: was mich beschäftigt, was mich bewegt, bewegt auch andere, bringt sie ins Schwingen, ruft Resonanz hervor.“ Das klingende Holz werde zum Gleichnis für die frei machende Kraft der Resonanzerfahrung. In den Seligpreisungen der Bergpredigt geschehe genau dies. Denn es sei die Überzeugung und Botschaft des Predigers am Berg: „Dein Gott spricht: Ich höre dich, ich sehe dich, ich habe dich herausgelöst aus den Fesseln, die dich einschränken, klein machen, verkrümmen, dir die Kehle abschnüren und die Seele quetschen. Weil ich dich lieb habe und du wert geachtet bist in meinen Augen.“ (Jes 43,1.4.5) Nitsche: „Was wäre, wenn wir das glauben könnten und uns davon befreien ließen, Resonanzkörper würden füreinander. Berührten sich da nicht Himmel und Erde?“
Es komme auch darauf an, wer oder was durch Resonanz Stärke gewinnte, so der Regionalbischof. Wo rassistische Parolen bejubelt würden, über menschenverachtende Witze gelacht und Antisemitismus lautstark oder schweigend gutgeheißen werde: „Da werden die falschen Töne verstärkt, da machen unreflektierte Resonanzen Menschen zu Opfern, da kostet es Leben – wie kürzlich in Halle.“ Nitsche ermutigte dazu, im Kreuz den Resonanzkörper Gottes unter den Menschen zu erkennen und selbst zu "Instrumenten Gottes" zu werden.
Regionalbischof Piper: "Mensch, Du bist gut!"
Der Augsburger Regionalbischof Axel Piper hat am Reformationstag die Wertschätzung und Anerkennung der Menschen untereinander betont. Die Kirche müsse in einer Welt voller Ansprüche und Appelle unterstreichen, dass der Mensch gut sei und sein Leben Wert und Sinn habe, sagte Piper am Donnerstag in seiner Predigt in Augsburg und Nördlingen. Rechtfertigung heute geschehe dann, "wenn ich den anderen wissen lasse, dass ich ihn schätze, dass ich ihn anerkenne, so wie ich selbst anerkannt sein möchte. Das wäre die Rechtfertigung und Richtung.“ Der Beitrag der Kirche für die Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft könnte die Zusage sein: Mensch, du bist gut, betonte der Theologe.
Es sei Aufgabe der Christen, dort "eine Atmosphäre der Wertschätzung zu schaffen", wo sich Menschen ihres Wertes und ihrer Aufgaben nicht mehr sicher seien, sagte der Theologe. Für eine Kirche, die sich die Reformation auf die Fahne geschrieben hat, sei es gut, selbst vorauszugehen. "Indem sie zeigt und vorlebt, dass die Kirche der Rechtfertigung sich nicht rechtfertigen muss" und auch mal sprachlos sein dürfe, so Piper weiter. Der Regionalbischof ermunterte dazu, es nie und nimmer zu versäumen, "unser Gottvertrauen vorzuleben in einer tief verunsicherten Welt."
31.10.2019
epd/ELKB