Kreuz auf einem Berg

In ihren Gottesdiensten und Andachten gingen Regionalbischöfe und -innen in diesem Jahr auf das Leid in Israel, in der Ukraine und in Russland ein.

Bild: iStockPhoto / john shepherd

Predigten an Karfreitag

Als Gott schwieg

In ihren Karfreitagspredigten warfen Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe ihren Blick auf Leid und Grausamkeiten in der Welt und betrachteten sie im Licht des Leidens und Sterbens Jesu Christi.

Das Leiden am Kreuz bringe Jesus ganz nahe zu den Menschen und ihrem Leid, predigte Regionalbischöfin Gisela Bornowski in Ansbach St. Gumbertus und erinnerte an die Sprachlosigkeit, mit der Schreckensnachrichten aus der Ukraine, aus Israel und Gaza oder aus dem Jemen aufgenommen würden. „Was soll man da schon machen? Ich kleiner Mensch fühle mich hilflos. Und ich bin sprachlos.“ Jesus sehe nicht nur sprachlos zu, so Bornowski, er habe wirklich gelitten. “Jesus leidet mit uns an unserer Gottesferne. Und er schreit mit uns, mit unseren Schmerzen.“ Es sei furchtbar, wenn Menschen Gottverlassenheit erleben müssten. Mit dem Schrei Jesu am Kreuz „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ werde deutlich, dass alles, was in der Welt gequält werde, mit Jesus schreie. „Und mit Jesus protestiert die Menschheit gegen den Tod.“

Die Passionsgeschichte zeige auch einen Umgang mit Schmerz und Trauer: Erst einmal mache Leiden stumm, sei nur entsetzt und schweigend auszuhalten. „Niemand muss sich schämen, dass er Gott nicht mehr spürt und sich von ihm verlassen fühlt.“ Aber dann sei auch das Schreien und Klagen erlaubt. „Gott leidet mit. Er will nicht, dass Menschen Leid tragen. Gott leidet mit. Im Aufschrei.“ Eine Antwort auf seinen Schrei habe auch Jesus erst drei Tage später an Ostern erhalten. Das mache Gottes Schweigen an Karfreitag nicht leichter. Es mache nur Hoffnung, dass Gott nicht ewig schweigt. „Heute ist Karfreitag. Das gilt es auszuhalten, aus Respekt vor Gott und den vielen, die immer noch leiden und sterben.“

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Klaus Stiegler: Im Schrei am Kreuz hat das Elend seinen Platz

Der gekreuzigte Jesus sei kein strahlender Held und kein glorreicher Sieger, predigte Regionalbischof Klaus Stiegler in der Dreieinigkeitskirche Regensburg. Dennoch sei der Karfreitag der zentrale Tag des christlichen Glaubens. Er halte den Raum offen für alles, was dem Leben zusetze. „In unserem Glauben ist auch Raum für alles, was wir uns überhaupt nicht wünschen, und es doch erleben, erleiden und aushalten müssen.“ Das betreffe die Zerbrechlichkeit des Lebens, wie sie auf Palliativstationen von Patienten und ihren Angehörigen erfahren würde, sowie den „grausamen Verlust an Menschlichkeit“. Golgatha, der Hinrichtungsort Jesu, sei einer von vielen Orten, an denen „Menschen von anderen Menschen auf grausame Weise entrechtet, erniedrigt, missbraucht, gequält, gefoltert und zu Tode gebracht werden. Schande über alle, die solches tun!“

Stiegler erinnerte an den Anschlag islamistischer Fundamentalisten in Moskau, bei dem 137 Menschen erschossen wurden. Die Welt leide an religiöser und politischer Verblendung. „Wenn die eigene Nation zum höchsten Wert gemacht wird. Leidvoll wird deutlich, zu welchen abgründigen Untaten Menschen auch in der Lage sind.“ In dem Schrei Jesu am Kreuz habe jedes erdenkliche Elend seinen Platz, so der Regionalbischof. Ostern zeige, dass Gott mitten in der Grausamkeit der Welt unbeirrbar daran arbeite, „alles, wirklich alles  Böse mit Gutem zu überwinden“. Für Christen bedeute das, sich niemals damit abzufinden, dass die Welt so bleibe wie sie ist, und „dass wir niemals vor scheinbar übermächtigen Mächten und Gewalten in die Knie gehen, sondern niederknien neben denen, die allein nicht mehr auf die Beine kommen.“

Thomas Prieto Peral: eine Passionsgeschichte

„Hat es irgendetwas verändert, dass Jesus starb?“ fragte Pfarrerin Elke Wewetzer in der Kreuzkirche in München-Schwabing in einer Dialogpredigt mit Regionalbischof Thomas Prieto Peral, die auch auf Bayern 2 und im Deutschlandfunk übertragen wurde. Eiskalte mörderische Gewalt gebe es noch immer. Dennoch helfe die Erzählung vom Kreuz, die Augen nicht vor dem Unrecht zu verschließen. „Ich will Leidenden beistehen, sie nicht allein lassen. … Für sie sorgen, bis sie selbst es wieder tun können. Ihre Würde schützen.“ Menschen, die einander im Leiden nicht allein ließen, seien wie die drei Frauen unter dem Kreuz. Wewetzer nannte die Frauen im Evin Gefängnis in Teheran, die sich nach der Folter umeinander kümmerten oder Helfer in Krisengebieten. „Sie alle bestärken mich, nicht aufzugeben, wenn mir alles nur noch sinnlos erscheint. Ihre Geschichten setzen Kräfte frei. Und diese Kraft stammt für mich aus der anderen Geschichte - von Jesus am Kreuz.“

Eine solche Hoffnungsgeschichte erzählte auch Regionalbischof Thomas Prieto Peral, Mitbegründer der Stiftung „Wings of Hope“, die Traumaarbeit in Krisengebieten leistet. Er berichtete von Kinderlachen in einem Flüchtlingslager im kurdischen Nordirak, von Streitschlichtung als Unterrichtsfach in der Schule und der achtjährigen Rousa, die vom Schmerz ihrer Flucht singt. „Sie besingt die Leidensgeschichte ihres Volkes. Der bodenlose Schmerz hat einen ersten Halt gefunden. Die quälenden Gefühle Worte und eine zarte Melodie. Ein Passionslied. Eine Passionsgeschichte.“

29.03.2024
ELKB