Der "Tutzinger Löwe" für den Erzbischof von Kapstadt und Primas der anglikanischen Kirche im Südlichen Afrika, Dr. Thabo Makgoba und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (v.l.)
Bild: Haist/Evangelische Akademie Tutzing
Evangelische Akademie Tutzing
Doppelauszeichnung für Makgoba und Bedford-Strohm
Die Evangelische Akademie Tutzing würdigte mit dieser Auszeichnung die Arbeit der beiden Theologen. „Ihr Engagement ist davon geprägt, Demokratie und Zivilgesellschaft zu stärken“, begründete Akademiedirektor Udo Hahn die Entscheidung. Am Sonntag, den 9. Juli 2023, überreichte er zwei "Tutzinger Löwen" an den Erzbischof von Kapstadt und Primas der anglikanischen Kirche im Südlichen Afrika, Dr. Thabo Makgoba und an Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.
Meine Hoffnung für dieses Land und alle Länder der Welt ist, dass wir durch einen intensivierten interreligiösen Dialog und durch ein lebendiges Engagement im öffentlichen Diskurs dazu beitragen können, eine Vision von Frieden und Versöhnung zu leben, die im Zentrum aller Zeugnisse für Gott steht. Unsere Welt braucht sie dringend.
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm
Mit der Preisverleihung dankte die Akademie Bedford-Strohm und Makgoba auch für die Unterstützung der Partnerschaft zwischen der Evangelischen Akademie Tutzing und der Ecumenical Foundation of Southern Africa (EFSA) in Stellenbosch, deren Kuratoriumsvorsitzender der anglikanische Erzbischof war. Die Partnerschaft wurde offiziell in einem Vertrag zwischen der Akademie und der EFSA zum Amtsantritt des bayerischen Landesbischofs am 31. Oktober 2011 unterzeichnet und seither regelmäßig verlängert.
Die Laudatio hielt Dr. Renier Koegelenberg (Stellenbosch), Gründer und Leiter der EFSA. Er würdigte die Leistung der beiden ausgezeichneten Theologen und ihren öffentlichen Einsatz für die Menschenwürde, ihre Vermittlerrolle in gesellschaftlichen und politischen Debatten und über die Religionen hinweg sowie ihr Engagement für Frieden, Gerechtigkeit in ihren Ländern als auch darüber hinaus.
Koegelenberg erinnerte in seiner Rede an die Abschlusszeremonie des 36. Evangelischen Kirchentags zum Reformationsjubiläum in Wittenberg. Der südafrikanische Erzbischof Makgoba hatte damals in seiner Predigt seinen Traum von einer geeinten Menscheit beschrieben – in Anlehnung an Bürgerrechtler Martin Luther King: „Ich habe einen Traum für die Welt, dass eines Tages all die narzisstischen, nationalistischen, isolationistischen Ausschweifungen der Gegenwart verschwinden mögen. Ich habe einen Traum, dass stattdessen ein weltweites Bewusstsein entstehen wird, dass wir eine Menschheit sind.“
"Eine große Ehre“
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm dankte für die Ehrung und hob drei Aspekte hervor. Zum ersten nannte er seine enge biografische Bindung an die Evangelische Akademie Tutzing, die den Preis auslobt, eine Einrichtung, die viele Segensspuren in den Biografien so vieler Menschen hinterlasse. Zum zweiten dankte er Erzbischof Thabo Magkoba, mit dem er gemeinsam den Tutzinger Löwen verliehen bekommen habe, der eine eindrucksvolle moralische Stimme in seinem Land sei und das Beste repräsentiere, was er selbst mit dem Begriff der Öffentlichen Theologie“ verbinde. Und drittens betonte er die gewürdigte Partnerschaft zwischen der Evangelischen Akademie Tutzing und der Ecumenical Foundation of Southern Africa (EFSA) in Stellenbosch. „Ob es die Rolle Südafrikas im Ukraine-Konflikt ist oder die besondere Bedeutung der deutsch-südafrikanischen Zusammenarbeit in der weltweiten Energiewende oder die Herausforderung extremer wirtschaftlicher Ungleichheit in unseren Gesellschaften, aber vor allem auch weltweit, ist – die Themen, denen sich die Zusammenarbeit der beiden Institutionen zu stellen haben, sind Schlüsselfragen der Zukunft“, so der Landesbischof.
Die Verleihung war zugleich der Abschluss eines dreitägigen Symposiums der Akademie, das das Konzept der öffentlichen Theologie in der Arbeit von Heinrich Bedford-Strohm in den Mittelpunkt stellte. Unter dem Titel „Politisches Christentum und christliche Politik“ waren hochrangige, internationale Referierende aus Theologie und Politik nach Tutzing gekommen.
Herrmann: "Die Kirchen haben uns viel zu sagen und zu geben"
Das Christentum und die Kirchen sind für den Chef der bayerischen Staatskanzlei, Florian Herrmann, ein großer Schatz und ein wichtiges Fundament für die Gesellschaft. „Wir sollten dieses Fundament nicht schleifen und ins Wanken bringen“, sagte Herrmann am Freitagabend beim Symposium. Er halte die aktuelle „Verschränkung von Staat und Kirchen“ etwa im Bereich der Staatsleistungen „für richtig und wir sollten dies auch verteidigen“. Herrmann sagte, Kirche und Religion habe für ihn und die bayerische Staatsregierung „selbstverständlich“ über den persönlichen Glauben hinaus noch Relevanz für die Gesellschaft. „Die Kirchen haben uns viel zu sagen und zu geben“, erläuterte er. Nur die Religionen seien in der Lage, „grundlegende Moral- und Wertvorstellungen in die gesellschaftlichen Debatten einzubringen“. Ein religiös neutraler Staat dürfe eben nicht gleichbedeutend sein mit einer „Gleichgültigkeit des Glaubens“ in Politik und Gesellschaft.
Kardinal Marx: Christentum nicht auf moralische Botschaft reduzieren
Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx sieht nach wie vor einen politischen Auftrag der Kirchen. „In Zeiten von Nationalismus und Autoritarismus, Grenzen und Kriegen, bleiben wir Universalisten. Wir bleiben Schwestern und Brüder“, sagte Marx am Samstagabend beim Symposium. Abzulehnen sei auch die Privatisierung des christlichen Glaubens, bei der dieser zu einem bloßen Gefühl werde. „Reduzieren wir das Christentum nicht auf eine moralische Botschaft“, sagte Marx. Das Zentrale sei es, Gottesdienste zu feiern und sich damit dem absoluten Geheimnis Gottes zu stellen. Damit werde Religion auch politisch. Die Herausforderung sei, als eine Minderheit, die die Kirchen in absehbarer Zeit sein würden, zu allen Menschen zu sprechen. „Wir sind wenige, aber wir reden von der ganzen Welt, immer.“ Nur eine Gemeinschaft, die an allen Menschen interessiert sei, besonders an den Kranken und Schwachen, könne eine politische Relevanz haben.
Theologe Höhne: Evangelische Publizistik für Kirche unverzichtbar
Die evangelische Publizistik ist für den Professor für Medienethik und Digitale Theologie Florian Höhne ein unverzichtbarer Bestandteil zur Herstellung von Öffentlichkeit. „Über journalistische Formate gewinnen Kirchenvertreter Beachtung. Soziales Engagement in der Kirche wird durch journalistische Formate öffentlich oder nicht“, sagte Höhne am Samstagabend beim Symposium „Politisches Christentum und christliche Politik“. Höhne sagte, sowohl der Journalismus als auch die Kirche befänden sich in einer tiefgreifenden Transformation. Medien und Journalisten informierten Bürgerinnen und Bürger darüber, wie sie an einer öffentlichen Debatte teilhaben könnten. Sie befähigten zur Teilnahme an Diskussionen. „Dadurch sind sie auch für die Theologie relevant.“
Internationale Referierende und Gäste
Zahlreiche Referentinnen und Referenten aus der ganzen Welt waren bei diesem Symposium zu Gast: Aus dem Bereich von Religion und Kirche kamen neben den oben genannten der Generalsekretär des Weltkirchenrats in Genf, Jerry Pillay, Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Penzberger Imam Benjamin Idriz, die frühere schwedische Erzbischöfin Antje Jackelén, Thabo Makgoba, anglikanischer Erzbischof in Kapstadt und die Fürther Pfarrerin und Wort-zum-Sonntag- Sprecherin Stefanie Schardien.
Die theologische Wissenschaft war unter den Referierenden ebenfalls stark vertreten: Aus München kamen die Professoren Christian Albrecht (Praktische Theologie) und Reiner Anselm (Systematische Theologie), aus Zürich der Alttestamentler Konrad Schmid, aus Berlin der Direktor des Berlin Institute for Public Theology an der Humboldt-Universität Torsten Meireis und aus Heidelberg die Leiterin des Arbeitsbereichs Religion, Recht und Kultur an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST), Frederike van Oorschot.
10.07.2023
Evangelische Akademie Tutzing/epd/ELKB