Zeichen des tiefen Leidens an Karfreitag: die Dornenkrone
Bild: Getty Images / Jerome Maurice
Gedanken zum Karfreitag
Gott öffnet sein Herz
In den Erinnerungen an die früheste Kindheit war der Karfreitag immer ein Tag, der anders war: Es gab kein Fleisch zu essen! Als Kinder mussten wir noch ruhiger sein als sonst! In der Jugendzeit gehörte dieser Tag eher in die Kategorie langweilig!
Im Laufe der Jahre lernte ich durch den Karfreitag, was ein - durch das Gesetz geschützter - „stiller“ Feiertag ist. Im Lauf des Lebens wuchsen Einsicht und Wissen, worum es an diesem Gedenktag der Kreuzigung Jesu geht. Damit wuchs das Verständnis für die gesetzten Grenzen der Lautstärke, die zur Ruhe mahnenden Einschränkungen bis hin zum Schweigen der Glocken in den Kirchen.
Heute bin ich staunend betroffen, tief berührt vor dem Geschehen des Karfreitags.
Gottes Maßstäbe sind anders
An diesem einzigartigen Freitag im Jahreslauf steht das grausame Leiden und Sterben Jesu im Zentrum. Vielleicht sind wir Menschen der Gegenwart durch die täglich medial ins Haus gelieferten Informationen über die unsägliche gegenwärtige Gewalt, die Kriege und den Hass auf der Welt, abgestumpft. Doch Jesus durchlitt mit der Kreuzigung die grausamste der römischen Hinrichtungsarten. Er wurde körperlich und seelisch gequält! Unter unerträglichen Schmerzen schrie der noch kurz vorher mit Hosianna-Rufen Gefeierte: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!“ (Mt. 27,46). Jesus fühlte sich sogar von Gott verlassen! Und das alles für uns - für mich und Dich.
Am ersten Karfreitag öffnet Gott durch Jesu Leiden und Sterben sein Herz! Er zeigt, wie viel IHM an jeder und jedem liegt. Gott setzt Maßstäbe, die völlig quer zu allem liegen, was wir kennen und erleben:
Vergebung und Barmherzigkeit
Wenn Menschen Unrecht widerfährt, rufen sie nach Vergeltung. Gott dagegen rechnet Schuld nicht zu, sondern nimmt sie ab. Er öffnet durch den am Kreuz leidenden Christus den Weg zur Vergebung!
Wird Menschen Leid zugefügt, suchen sie Wiedergutmachung. Jesus aber schenkt sogar denen Barmherzigkeit, die ihm die Nägel durch die Hände bohren: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lk 23,34)
Am Ende des langen Sterbens neigt Jesus sein Haupt und stirbt. Tod, Ende, alles vorbei. Doch Gott will das Leben, schafft nach drei Tagen in der Auferstehung Jesu das unglaublich Neue, eine Qualität des Lebens mit ewigem Horizont!
Hans Stiegler
Hans Stiegler ist Vizepräsident der Landessynode der ELKB.
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