Ein neues bundesweites Aktionsbündnis initiiert für das Schaltjahr 2020 einen Equal Care Day am 29. Februar – auch evangelische Partnerinnen sind mit dabei.
Bild: Equal Care Day
Equal Care Day
Mehr um das Kümmern kümmern
Hausarbeit, Kindererziehung, Pflege von Angehörigen – der Großteil der menschlichen Arbeit ist Sorgearbeit.Gleichzeitig bleiben die öffentliche Wahrnehmung und Anerkennung von Care-Arbeit hinter ihrergesellschaftlichen Relevanz zurück. Auf die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit zwischen Frauen und Männern macht nun erstmals zum bundesweiten Aktionstag Equal Care Day am 29. Februar 2020 ein evangelisches Bündnis aus verschiedenen Organisationen und Einrichtungen aufmerksam.
Die gesellschaftliche Wertschätzung von Sorgearbeit muss sich wandeln.
Doris Weigand, Diakonisches Werk Bayern
Wer heute bezahlte wie auch unbezahlte Care-Arbeit leistet, nimmt eine Reihe von teilweise beträchtlichen Nachteilen in Kauf. Weil nach wie vor Frauen einen Großteil dieser Arbeit leisten, sind sie es, die am häufigsten mit den nachteiligen Konsequenzen konfrontiert sind. Rund zwei Drittel der unbezahlten Sorge- oder Care-Arbeit wird von Frauen geleistet. Sie wird häufig stillschweigend vorausgesetzt und bleibt unsichtbar. Bei der bezahlten Care-Arbeit, die oft schlecht entlohnt und wenig anerkannt ist, ist der Prozentsatz noch höher.
"Sorgearbeit ist nach wie vor größtenteils Frauensache", so Dr. Andrea König vom forum frauen im Amt für Gemeindedienst der ELKB. Rund 80 Prozent der Care-Arbeit wird von Frauen geleistet, sowohl im professionellen Bereich und mehr noch im privaten."Die gesellschaftliche Verantwortung der Care-Arbeit wird individualisiert und lastet vorwiegend auf dem Rücken von Frauen", so König. Die Übernahme der familiären Sorgearbeit bedeutet für Frauen in der Regel den Bruch ihrer Erwerbsbiographie. Fehlende Anerkennung von Pflegezeiten führen zu Lücken in der Alterssicherung, Altersarmut droht.
Aus dem 2019 veröffentlichten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung und einer Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) geht hervor, dass Frauen im Schnitt viermal mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männerverrichten. Der so genannte Gender Care Gap beziffert die geschlechtsspezifische Differenz des Zeitaufwands, der für unbezahlte Sorgearbeit aufgebracht wird.
Care Day am Schalttag mit verschiedenen Aktionen
Der Equal Care Day ist eine bundesweite Initiative, die genau auf diese Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam macht. Der Termin am Schalttag, der in den Jahren dazwischen übergangen wird, weist darauf hin, dass Care-Arbeit als weitgehend „unsichtbare Arbeit“ gilt, die oft nicht wahrgenommen und nicht bezahlt wird. Zahlreiche Veranstaltungen machen am 29.2. auf diese Schieflage aufmerksam, wie das Candle-Light-Dinner in Nürnberg.
Mehr
Weniger
Die meiste Care-Arbeit leisten alleinerziehende Frauen, insbesondere solche mit kleinen Kindern. Bei ihnen zeigt sich auch der größte Gender Care Gap. "Alleinerziehende Frauen kommen oftmals vor lauter Sorgearbeit überhaupt nicht zum Durchatmen, weil ihnen neben der Sorgearbeit auch noch die Beschaffung des Familieneinkommens obliegt. Dies wird kaum thematisiert", so Karin Mack von der Evangelischen Fachstelle Alleinerziehende. Die Zahl der Frauen, die aufgrund familiärer Belastung an Erschöpfungssymptomen leiden, steigt seit Jahren. Dies bestätigt auch Michaela Wachsmuth, geschäftsführende Vorständin vom FrauenWerk Stein: "Der Druck der ständigen Verfügbarkeit und der Erwartungshaltungsich stets um alles kümmern zu müssen, kann Frauen und Mütter krank machen. Viele Frauen und Mütter kommen mit Erschöpfungssyndromen in Vorsorge und Rehabilitationskliniken für Mutter/Mütter-Kind."
"Die gesellschaftliche Wertschätzung von Sorgearbeitmuss sich wandeln", so Doris Weigand vom Diakonischen Werk Bayern. Dies bestimmt auch Bezahlung und Rahmenbedingungen. Dass dies weitreichende Folgen hat, zeigtauchder Umstand, dass Sorgearbeit zunehmend an Frauen aus anderen Ländern meist mit niedrigerem Lohnniveau ausgelagert wird. Dies sorgt in den Herkunftsländern der in Deutschland pflegenden Frauen wiederum für eine Care-Lücke. "Bei der Suche nach Lösungen zumThema Pflegenotstand und Arbeitsmigration muss dies mitbedacht werden", so Hanna Kaltenhäuser vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt.
Sorgearbeit
Unter Sorgerarbeit versteht man „alle unbezahlte Arbeit der Haushaltsführung, Pflege und Betreuung von Kindern und Erwachsenen sowie ehrenamtliches Engagement“. So definiert es das Gutachten der Sachverständigenkommission zum 2. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Diese „unbezahlte Arbeit in Haushalten beansprucht gesamtwirtschaftlich betrachtet mehr Zeit als bezahlte Erwerbsarbeit und wird in Deutschland überwiegend von Frauen geleistet. Frauen leisten im Vergleich zu Männern durchschnittlich das 1,6- fache an Hausarbeit und das 2,4 –fache an Fürsorgearbeit.“ (WSI Report 35/2017)
Care-Arbeit und Alterssicherung im "brennpunkt Rente" des kda Bayern
Mehr
Weniger
Die eaf bayern setzt sich für die Stärkung und Unterstützung von Frauen und Männern ein, die CareArbeit und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbaren wollen oder müssen. Renate Zeilinger, Geschäftsführerin der eaf bayern, dazu: "Damit Frauen wie Männer den Spagat zwischen Pflegeverantwortung und Erwerbstätigkeit besser bewältigen können, bedarf es dringend einer Reform des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes." Besonderes Augenmerk muss dabei auf einen finanziellen Ausgleich für die übernommenen Pflege- und Betreuungszeiten gelegt werden, der nicht darlehensbasiert ist. Gleichzeitig bedarf es einer verlässlichen pflegesensiblen Personalpolitik von Unternehmen, die Mitarbeitenden mit Pflegeverantwortung in ihrer Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbsarbeit unterstützen.Auch Männer wollen im Alltag zunehmend Zeit mit ihren Kindern verbringen, sich vermehrt an der Unterstützung kranker Angehöriger oder alter Eltern beteiligen. Sie stoßen ebenso auf Hindernisse, welche die Kombination dieser Aufgaben mit Erwerbstätigkeit schwierig machen. "Sorgearbeit geht uns alle an", so Christine Falk vom forum familie im Amt für Gemeindedienst der ELKB.
Dass das Konzept "CaringCommunities" (Sorgende Gemeinschaften) ein Anstoß für neue Ansatzpunkte vor Ort im Miteinander von Kirchen- und Bürgergemeinden sein könnte, davon ist Peter Dienst, Studienleiter der Rummelsberger Akademie überzeugt. "Wir alle brauchen Fürsorge, um gut aufwachsen, gut leben und schließlich gut sterben zu können", so Dienst. "Care ist die Basis unseres gemeinsamen Zusammenlebens.
"Der Equal Care Day ist eine bundesweite Initiative, die auf mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam macht. Der Aktionstag soll das Bewusstsein schärfen, dass Care-Arbeit und Pflege, Care-Arbeiter*innen und Sich Kümmernde in unserer Gesellschaft allzu oft schlecht bis gar nicht honoriert werdenund es neue Impulse braucht. Da Care-Arbeitwie der Schalttag oft übergangen wird, liegt der Equal Care Day auf dem 29. Februar 2020.
In Bayern wird die Initiative zum EqualCare Day von einem breiten Bündnis evangelischer Organisationen und Einrichtungen unterstützt, zu dem neben der DiakonieBayernauch das forum frauen im Amt für Gemeindedienst der ELKB(afg), das forum familie im Amt für Gemeindedienst der ELKB(afg), der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (kda), das FrauenWerk Steine.V., die Evang. Fachstelle Alleinerziehende, die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen in Bayern e.V. (eaf), die Rummelsberger Akademie sowie die Stabsstelle für Chancengerechtigkeit der ELKBgehören.
24.02.2020
Evangelisches Bündnis zum Equal Care Day