Drei junge Nürnberger aus drei Religionen im Gespräch. Die "Ausstellung Gesichter der Religionen in Nürnberg" ist eines der Angebote von BRÜCKE-KÖPRÜ.

30 Jahre Brücke in Nürnberg

Interreligiöses Lernen in Begegnung

Als Versuchslabor für interreligiösen Dialog erkundet BRÜCKE-KÖPRÜ in Nürnberg seit 30 Jahren, was es heißt, als Christ*innen in einer weltanschaulich-religiös immer vielfältigeren Gesellschaft zu leben.

BRÜCKE erschließt, welche Herausforderungen sich damit verbinden, aber auch welche neuen Chancen für Glauben und Handeln daraus erwachsen. Fragen an den Leiter von BRÜCKE-KÖPRÜ, Dr. Thomas Amberg.

Herr Amberg, im Jahr 1993 wurde BRÜCKE-KÖPRÜ als interreligiöser Begegnungsort gegründet. Wie kam es dazu?

Thomas Amberg: Es war ein Glücksfall, dass Missionare der Finnisch-Lutherischen Mission nach Nürnberg kamen, um sich vor allem sozial-diakonisch für türkischsprachige „Gastarbeiter“ einzusetzen. In Kooperation mit der Kirchengemeinde St. Johannis und dem Missionswerk Neuendettelsau (heute: Mission EineWelt) wurde damals BRÜCKE-KÖPRÜ als „Begegnungsstube“ gegründet. Zufall oder Kairos? Ob man wohl heute noch den Mut hätte, eine Einrichtung wie BRÜCKE neu zu gründen?

"Unsere Grundhaltung ist über all die Jahre gleichgeblieben: Interreligiöses Lernen geschieht durch lebendige Begegnungen von Mensch zu Mensch!"

Dr. Thomas Amberg

Heute, 30 Jahre später, hat sich die Landschaft verändert. Religiös-weltanschauliche Vielfalt ist viel stärker ins öffentliche Bewusstsein gekommen. Wie haben sich die Anforderungen an das Angebot von BRÜCKE-KÖPRÜ verändert?

Brücke-Köprü

Cover des Buches Brücke-Köprü: Interreligiöses Lernen in Begegnungen

Interreligiöses Lernen in Begegnungen

Ein Praxishandbuch. Dialogorte und Praxisbeispiele aus Nürnberg.

Hier können Sie das Praxishandbuch ansehen.

Thomas Amberg: Über die Jahrzehnte ist BRÜCKE-KÖPRÜ immer mehr ein Netzwerkpartner für ganz unterschiedliche Akteure in Nürnberg geworden, von der Kommune bis hin zum „Rat der Religionen“. An vielen ganz verschiedenen Orten, wo es um religiöse Vielfalt und interreligiöses Lernen geht, sind wir begleitend oder auch beratend dabei: von der KiTa bis zur Hospizarbeit. Neben Christen und Muslimen engagieren sich mittlerweile Menschen aus vielen anderen Religionen im Dialog.

Welche Angebote von damals funktionieren heute immer noch gut?

Thomas Amberg: Eigentlich hat sich alles weiterentwickelt. Unsere Grundhaltung aber ist dabei über all die Jahre gleichgeblieben: Interreligiöses Lernen geschieht durch lebendige Begegnungen von Mensch zu Mensch! „Wenn wir einander begegnen, erfahren wir, wer wir selbst sind“! So lautet seit Anfang an ein Leitwort unserer Arbeit. Ich denke, das gilt für unsere Identität als Christ:innen heute mehr denn je.

Sie sind seit 7 Jahren in der Leitung von BRÜCKE-KÖPRÜ. Gibt es ein oder zwei Veranstaltungen oder Erlebnisse, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind? Warum?

Thomas Amberg: Unvergesslich bleiben mir persönlich viele unser KunstBRÜCKEN-Projekte“, wenn in der künstlerisch-kreativen Begegnung, in Musik, Tanz oder der Kaligraphie zwischen Gläubigen verschiedener Religionen ein „Funke überspringt“ und „der Geist weht wo er will“. Das passiert manchmal auch, wenn wir im Alltag in einem christlich-muslimischen Team von Haupt- und Ehrenamtlichen zusammenarbeiten und ich spüre, dass hier Kirche Jesu Christi ist.

Welche Rolle spielt die BRÜCKE in der Stadtgesellschaft Nürnberg?

Thomas Amberg: Auch im „Evangelischen Nürnberg“ sind die christlichen Kirchen ist auf dem Weg zur Minderheit zu werden. In einer mehr und mehr säkularen Großstadt wird die Evangelische Kirche vor allem dann noch wahrgenommen, wenn sie gemeinsam mit den anderen z.T. wachsenden Religionsgemeinschaften auftritt und handelt. BRÜCKE ist hierin ein kleiner aber manchmal entscheidender Motor, vor allem durch jahrzehntelange Netzwerkarbeit. Über Nürnberg hinaus können wir damit so etwas wie eine „Kompassnadel“ dafür sein, was es heißt, in dieser Vielfalt Kirche zu sein.

Was sind Herausforderungen für die nächsten zehn Jahre?

Thomas Amberg: Angesichts der notwendigen Sparmaßnahmen, die auch unsere kleine Einrichtung betreffen, wird es vor allem darum gehen, den „Mehrwert“ unserer Arbeit für die ganze ELKB zu vermitteln, ganz nach dem Motto „think locally act globally“: Religiöse Vielfalt ist schließlich ein Thema, das eigentlich alle unsere Kirchengemeinden von Lindau bis Hof erreicht hat. Als große Chance sehe ich, dass wir uns durch diese Begegnungen (ja, auch die Herausforderungen) ermutigen lassen, fröhlich und gelassen evangelisch zu sein!

Passend zum Jubiläum gibt ein Praxishandbuch anschaulich und lebendig Einblicke in Handlungsfelder des Dialogs und Best-Practice-Beispiele aus Nürnberg. Der Bogen spannt sich dabei durch die Fülle des Lebens von „religionsverbindenden Paaren und Familien“ bis hin zu „religionssensibler Begleitung am Lebensende“. Auch digital lädt das Praxisbuch zum Schmökern ein und macht Lust darauf, die Dialogideen andernorts auszuprobieren!

Dr. Thomas Amberg, Bild: ©

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Dr. Thomas Amberg

Dr. Thomas Amber ist Pfarrer und Islamwissenschaftler und Theologischer Leiter von BRÜCKE-KÖPRÜ.

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10.07.2023
ELKB

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