Vielerorts werden in der Osternacht Feuer entzündet, um zu zeigen: Das Licht scheint in der Finsternis. Das Leben hat gesiegt.
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Wort des Landesbischofs zu Ostern
"Wie ein dunkler Schleier auf meiner Seele"
"Wie kann man in diesen Zeiten Ostern feiern? Es sind Karfreitagszeiten. Die Bilder von dem schrecklichen Krieg in der Ukraine haben sich tief in unsere Seele eingegraben. Wir fühlen uns ohnmächtig. Während ich diese Zeilen schreibe, besteht wenig Hoffnung, dass es zu einem baldigen Waffenstillstand oder gar Friedensvertrag kommt.
Wie kann man in diesen Zeiten Ostern feiern? Wie kann man die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi nicht nur als christliche Lehre, sondern als gefühlte Wahrheit in seine Seele aufnehmen und erleben?
Jesus von Nazareth - so sagt die Bibel - ist am Kreuz gestorben und am dritten Tag danach auferstanden von den Toten. Die Frauen, die an sein Grab kamen, fanden das Grab leer vor. In den Tagen danach - so wird berichtet - hat sich der auferstandene Jesus verschiedenen Menschen gezeigt. Was da damals genau passiert ist, kann niemand genau nachzeichnen. Hinter den Grabfelsen hat niemand schauen können. Man kann einige Argumente dafür nennen, dass der Leichnam Jesu nicht im Grab geblieben ist.
Gute Gründe für die Auferstehung
Wäre Jesus im Grab geblieben, hätte sich vermutlich eine Kultstätte darum gebildet, so wie wir das heute bei Elvis Presley oder Michael Jackson kennen. In der Bibel wird berichtet, dass jemand damals das Gerücht streute, man habe den Leichnam Jesu gestohlen. Das macht nur Sinn, wenn das Grab leer war. Es gibt also gute Gründe, die dafür sprechen, dass damals etwas Ungewöhnliches passiert ist. Dass Jesus auferstanden ist, wird aber niemand beweisen können. Das Gegenteil allerdings auch nicht.
Ich bin auch nicht sicher, ob mir irgendwelche Beweise für die Auferstehung damals wirklich helfen würden, wenn ich heute verzweifle an den täglichen Kriegs-Nachrichten, wenn sich die Sorgen wie ein dunkler Schleier auf meine Seele legen, wenn ich innerlich kein Leben mehr spüre.
Es hilft mir, wenn ich mit anderen Menschen darüber spreche. Etwa mit der alten Dame, die mir beim Geburtstagsbesuch von der Bombennacht in Dresden erzählt, in der alles aus zu sein schien. Und die dann trotzdem von dem Segen spricht, den sie im Rückblick auf ihr langes Leben empfindet. Mir hilft, die Erfahrungen der Psalmbeter zu teilen, deren Worte aus tiefster Verzweiflung hin zur Erfahrung des Trostes und der Zuversicht führen. Mir hilft, die Seligpreisung Jesu zu hören: „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.“
Mir hilft, die Geschichte vom Leiden und Auferstehen Jesu zu hören: von der Angst, die Jesus im Garten Gethsemane empfunden hat und die er im Gebet vor Gott gebracht hat. Von der Verzweiflung, mit der er am Kreuz geschrien hat, die Worte, mit denen er als Auferstandener den Frauen am Grab begegnet ist. Mir hilft, von der Zusage zu hören, die er seinen Jüngern gegeben hat: Ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende. Am Ende - das ist der Kern dieser Geschichte - haben nicht Leid, Unrecht und Tod das letzte Wort, sondern das Leben.
Ich möchte mein Leben einzeichnen in diese große Hoffnungsgeschichte. Deswegen feiere ich Ostern - auch in Zeiten von Krieg, Flucht und Sorge. Es ist die größte Quelle für das Vertrauen, dass Gottes Lebensenergie stärker ist als der Tod. Und es ist die größte Kraftquelle dafür, schon im Hier und Jetzt für dieses Leben einzutreten.
13.04.2022
Heinrich Bedford-Strohm/epd