Pressemitteilung vom 21.04.2023
Nur bleibendes Erschrecken hilft gegen Verletzungen der Humanität
Für eine öffentlich sichtbare Erinnerungskultur hat sich heute in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm eingesetzt. Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 78. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers sagte er: „Wir brauchen die kontinuierliche öffentliche Erinnerung an die unfassbare Missachtung der Humanität an diesem Ort hier in Flossenbürg wie an so vielen anderen Orten, weil nur ein bleibendes Erschrecken hilft, unseren inneren Seelenkräften Widerstandskraft zu geben gegen heutige Verletzungen der Humanität“.
Nur eine „öffentliche Erinnerungskultur“ könne nachhaltig dazu beitragen, dass auch „eine öffentliche Kultur der Humanität immer wieder neue Nahrung bekommt“, so der Landesbischof.
Insbesondere durch die sozialen Internetmedien habe die Verrohung der Sprache eine neue Dimension erhalten, denn die Algorithmen folgten allein „kommerzieller Logik“. Weil dabei „extreme Inhalte im Netz mehr Werbeeinnahmen versprechen, bekommen menschliche Kälte, Hass und Menschenfeindlichkeit und die populistischen Bewegungen, die sich ihrer bedienen, einen immer größeren Raum,“ kritisierte der Landesbischof.
Bedford-Strohm erinnerte an den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 in Flossenbürg hingerichtet worden war. Auch Bonhoeffer sei dafür eingetreten, dass sich Theologie und Ethik in die Politik einmischen müsse und nicht auf den privaten Bereich beschränkt werden dürfe. Das biblische Doppelgebot der Liebe zeige, „dass es Selbstbetrug wäre, wenn Christen Unrecht hinnehmen würden, indem sie in der Öffentlichkeit schweigen“, so der Landesbischof. „Wer die Untrennbarkeit von Gottesliebe und Nächstenliebe wirklich ernstnimmt, kann gar nicht schweigen, wenn Humanität mit Füßen getreten wird“. Die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg erinnere an die „Zerbrechlichkeit von gemeinsamen ethischen Überzeugungen, die wir für gesichert halten“. Aber sie seien nicht gesichert. „Wir müssen immer wieder von neuem dafür eintreten“. Die Würde des Menschen gelte für alle, ohne Voraussetzungen. Dafür gelte es einzutreten unabhängig von religiösen oder politischen Haltungen, betonte Bedford-Strohm.
21.04.2023
München, Johannes Minkus, Pressesprecher