Marlene Altenmüller
Bild: Marlene Altenmüller
Online-Landesjugendkonvent
Profil und Revolution
„EJ PuR - Profil und Revolution“. Unter diesem Thema beschäftigten sich die Ehrenamtliche mit christlichen Vorbildern, ihrer Identität als Evangelische Jugend und ihren Werten.
Mit dem Referat „Jesus, der Revoluzzer“ leitete Dr. Stefan Brandenburger(FAU Erlangen-Nürnberg) den inhaltlichen Teil der Konferenz ein. „Jesus war kein Revolutionär, er war auch nicht gewalttätig. Jesus war ein Reformer und Repräsentant des Reiches Gottes“, stellt der Referent fest. Und was macht dieser Repräsentant, fragt der Referent in die Internetrunde? Er geht zu den Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, zu den Armen, Kranken und Außenstehenden. Jesus, ein Vorbild für die EJB.
Auch Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm besuchte als Gast das Delegiertentreffen der Ehrenamtlichen. In einem Quiz bewies er, dass er die Anliegen der Jugendlichen gut einschätzen kann und Gemeinschaft eine herausragende Rolle spiele.
"Ich bin stolz auf mein Team"
Marlene Altenmüller ist die Vorsitzende des Leitenden Kreises des Landesjugendkonvents. Die 26-jährige Ehrenamtliche der EJB lebt in München. Sie promoviert und arbeitet als Sozialpsychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der LMU München. Im Interview erzählt sie von dem ersten Online-Konvent.
Der erste Online-Konvent ist geschafft. Vier intensive Tage Landesjugendkonvent, 120 Delegierte und ca 60 Gäste – alles online. Wie geht es Dir?
Das Gefühl, dass anhält ist Stolz: Ich bin stolz auf mein Team im Leitenden Kreis, darauf, dass alles so gut geklappt hat, obwohl wir so viele neue Herausforderungen in der Vorbereitung meistern mussten. Aber vor allem bin ich stolz auf den Landesjugendkonvent, der sich voll und ganz auf diesen neuen Konvent eingelassen hat, sich voll motiviert in das Programm gestürzt hat und das aller Beste aus der Situation rausgeholt hat. Die Stimmung war fantastisch und ich hatte letztendlich doch richtiges Konvents-Feeling.
Der Landesjugendkonvent lebt ja vom Miteinander und den Beziehungen. Wenn die Delegierten aus den unterschiedlichsten Dekanaten Bayerns nach Pappenheim kommen (wo der Konvent normalerweise stattfindet) kennen sich nicht alle. Aber im Laufe der Tage, entsteht ein Gemeinschaftsgefühl. Wie konntet Ihr dies beim Online-Konvent vermitteln?
Ich würde sagen, dass war die größte Herausforderung. In Zeiten von physical distancing ist es auch beim Online-Konvent schwer, nicht bei social distancing zu landen. Wir hatten ein offenes Abendprogramm, bei dem die Teilnehmenden sich selbst organisieren und sozial „austoben“ konnten. Auf einer extra Plattform konnten sie Textchats nutzen oder in flexiblen „Räumen“ per Sprach- und Videokanälen in den üblichen Diskussionsrunden zusammensitzen, entspannt plaudern oder (Online-)Spiele spielen. So hat sich die zwischenmenschliche Dynamik einfach toll und online entfalten können. Trotzdem ersetzt es den echten Kontakt nicht und ich denke, gerade das Knüpfen neuer Kontakte und die informellen Gespräche zwischendurch sind zu kurz gekommen. Das holen wir 2021 alles nach!
War das Ganze nun nur ein großes mediales Ereignis, das Spaß gemacht hat, oder gab es auch inhaltliche Höhepunkte und konkrete Ergebnisse?
Meine vorherige Sorge, dass der Fokus zu stark auf dem WIE der Umsetzung des Konvents statt auf dem WAS der Inhalte liegen könnte, hat sich nicht bestätigt. Die Konventler_innen haben sich voller Energie in den inhaltliche Diskurs geworfen und sich nicht von von diesem besonderen Rahmen
ablenken lassen. Wir haben viele Anträge diskutiert und gute Beschlüsse gefasst, die sich mit wichtigen Themen befassen im Blick auf uns und die Welt: So beispielsweise die Corona-bedingte kommissarische Überbrückung einiger unserer Mandate, Verringerung von Sprachbarrieren unserer Arbeit durch einfache Sprache und Kritik an der Lage in den Flüchtlingslagern auf Lesbos. Auch wollen wir unbedingt die Impulse dieses Konvents mitnehmen und werden im Herbst an einem extra Thementag nochmal intensiv an der Definition unseres Profils weiterarbeiten.
Dr. Brandenburg sagte, Jesus war kein Revoluzzer, sondern ein Reformator. Was könnte das für die EJ bedeuten?
Revolution kann gut, aber auch destruktiv sein. Der Begriff des Reformators birgt mehr Konstruktivität: Veränderung bringen, ohne alles über den Haufen zu werfen. Beibehalten, was gut ist. Anpassen, was besser sein könnte. Das passt auch gut zu uns als EJ und wie wir uns, die Kirche und die Welt verändern wollen.
Der Landesbischof war auch zu Besuch und hat fleißig mit den Ehrenamtlichen diskutiert. Was nimmst Du aus der Diskussion mit?
Unser „LaBi“ ist wie immer super offen und spontan gewesen. Er scheint uns besser zu kennen als wir selbst: Unser ganz eigenes Familienduell hat er zwar knapp aber doch mit Links gegen den Konvent gewonnen. Er gibt uns auf jeden Fall das Gefühl, gehört zu werden. Besonders wichtig fand ich die Diskussion um die Weitergabe des Glaubens, bei der er nochmal deutlich gemacht hat: Alle haben etwas zum Glauben zu sagen – es gibt keine Hierarchien. Alle geben allen etwas weiter.
Der Online-Konvent war ein Pilotprojekt, nicht nur für die Landesebene, auch für die Jugendarbeit in den Dekanaten und Verbänden. Selbst Vertreter_innen von anderen Jugendverbänden haben auf dieses Projekt geschaut. Wie ist es gelungen und was ist Dein Resümee?
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin sehr überrascht, wie gut alles geklappt hat. Wir hatten uns darauf eingestellt, dass einiges schief gehen wird. Aber die technische Umsetzung ging beinahe reibungslos. Im inhaltlichen Programm haben wir trotz und auch dank der digitalen Umsetzung echten Tiefgang und große Beteiligung erreicht. Es gab so viele lebendige Diskussionen und eine riesige Gestaltungsenergie. Auch der Geschäftsteil hat super funktioniert. Die Abstimmungstools haben eine ganz neue Effizienz reingebracht, weil wir keine langen Auszählpausen mehr hatten. Mein Resümee über dieses Experiment: Ein Online-Konvent ist nicht einfach die „Übersetzung“ der Präsenzversammlung ins Digitale - er stellt ganz andere Herausforderungen, bietet aber auch ganz neue Möglichkeiten.
Ist evangelische Jugend künftig online denkbar? Und wie und wo soll der nächste Landesjugendkonvent stattfinden?
Evangelische Jugend lebt vom persönlichen Kontakt und vom Anpacken vor Ort. Das ist online viel schwerer zu erleben, als persönlich, vor Ort, gemeinsam. Wir werden niemals eine reine Online-Jugend werden. Doch Evangelische Jugend lebt auch von der Offenheit gegenüber Neuem. Und die Erfahrungen, die wir zurzeit online machen, zeigen ganz viele neue Möglichkeiten auf. Ich denke, wir werden verändert aus der momentanen Lage hervor gehen. Besonders Online-Sitzungen und die Unterstützung von Präsenzveranstaltungen durch Online-Tools werden sehr viel mehr genutzt werden.
Trotz allem: Der nächste Landesjugendkonvent soll (hoffentlich) wieder als Präsenzkonvent stattfinden vom 24. bis 27. Jun 2021 in Pappenheim. Uns erwarten dann viele reguläre und nachzuholende Wahlen und ein hoch spannendes Thema: Psychische Gesundheit in der Jugendarbeit!
Und noch eine persönliche Anmerkung von mir: Ich bin sehr beeindruckt davon, wie dieser LJKo umgesetzt wurde. Ich habe schon lange keine Konferenz in dieser Größe erlebt, die so professionell, einfühlend und mit enormem Engagement umbesetzt wurde.
28.05.2020
EJB