Gedenkstein für Jochen Klepper in Berlin
Bild: Axel Mauruszat
Zum 80. Todestag Jochen Kleppers
"Die Nacht ist vorgedrungen"
Vielen ist das Adventslied „Die Nacht ist vorgedrungen“ vertraut. Den Text schrieb 1938 Jochen Klepper (1903-1942). Auch in „Angst und Pein“ fand der Dichter Trost und Halt in seinem tiefen Gottvertrauen. Im Evangelischen Gesangbuch stehen 13 seiner Lieder, im katholischen Gotteslob sechs. Er gilt als einer der bedeutendsten Dichter geistlicher Lieder im 20. Jahrhundert.
Klepper, der mit Johanna, einer Jüdin, verheiratet war, gab dem Druck seiner Umwelt nicht nach und ließ sich nicht von s Ihr scheiden. Als er nach einem erfolglosen Gespräch mit Adolf Eichmann keine Chance mehr zur Rettung seiner Frau und seiner Stieftochter Renate sah, nahmen sich die drei in der Nacht auf den 11. Dezember 1942 in Berlin das Leben.
Gottesdienst mit Texten und Liedern
An den 80. Jahrestag seines Todes erinnert die Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau am Sonntag, 11. Dezember um 11 Uhr. In dem Gedenkgottesdienst werden Texte von Jochen Klepper gesungen und gelesen. Björn Mensing, Pfarrer und Historiker an der Versöhnungskirche, erinnert im Gottesdienst an die antisemitische Ausgrenzung und Verfolgung der Familie von Jochen Klepper und würdigt den evangelischen Pfarrerssohn, Journalisten und Schriftsteller, der in der Weimarer Republik in die SPD eintrat und ab 1933 zu den wenigen Protestanten gehörte, die sich solidarisch an die Seite der verfolgten Juden stellten.
Bereits am 30. März 1933 schrieb er in sein Tagebuch: "Aber ich glaube an das Geheimnis Gottes, das er im Judentum beschlossen hat; und deshalb kann ich nur darunter leiden, dass die Kirche die gegenwärtigen Vorgänge duldet." Im Eintrag vom 29. April 1938 klagt er: "Es zehrt an allen Kräften, die zur Leistung nötig sind, dies dauernde und immer noch wachsende Unrecht an den Juden in Deutschland ohnmächtig mit ansehen zu müssen. Die Welt und das Volk sehen darüber hinweg. Es gibt nur eins, das einen vor dem Schlimmsten bewahrt: dass man selbst seinen Anteil tragen muss am Erleiden dieses furchtbaren Unrechts."
Wenige mutige Pfarrer
Hoffnung machte Jochen Klepper, dass es ab Herbst 1938 zumindest eine Hilfsstelle der Bekennenden Kirche für antisemitisch Verfolgte gab. Die Leitung lag bei den Pfarrern Heinrich Grüber und Werner Sylten. Anfang 1941 schloss die Gestapo das "Büro Pfarrer Grüber". Die Pfarrer Grüber und Sylten sahen sich später im KZ Dachau wieder. Werner Sylten, von den Nazis wegen der jüdischen Herkunft seines Vaters als "Mischling 1. Grades" diskriminiert und damit doppelt "belastet", wurde von den Dachauer SS-Ärzten 1942 zur Ermordung in der Gaskammer der Euthanasie-Tötungsanstalt Schloss Hartheim (bei Linz) "selektiert".
09.12.2022
Björn Mensing