Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. 1. Korinther 3,11 Aus dem Grundartikel der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern: Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern steht mit der ganzen Christenheit unter dem Auftrag, Gottes Heil in Jesus Christus in der Welt zu bezeugen. Diesem Auftrag haben auch ihr Recht und ihre Ordnungen zu dienen.

Fünf Häuser – ein landeskirchliches Ensemble Grundrisse Erdgeschoß 5 10 m 10 Erweiterungsbau Katharina-von-Bora-Straße 7 Alte Villa Katharina-von-Bora-Straße 9

Schnitte Grundrisse Obergeschoß 5 10 m 12 Erweiterungsbau Katharina-von-Bora-Straße 7 Alte Villa Katharina-von-Bora-Straße 9

Entwicklung der Erweiterungs-Baumaßnahme Harald Hein Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern ent schloss sich, für einen solchen Antrag auf Vorbescheid das Münch- ner Architekturbüro Kiessler+Partner zu beauf tragen, das Erfahrungen und Anerkennung sowohl im qualität- vollen Bürobau als auch beim Bau im denkmalpflegerisch anspruchsvollen Bestand aufweist. Mit alternativen Planungs- und Modellstudien wurden unterschied liche städtebauliche Ansätze untersucht. Parallel dazu konnte mit dem Eigentümer des benachbarten Grundstücks Fl.Nr. 5735 an der Karlstraße, dem Erzbistum München- Freising, eine Vereinbarung über eine mögliche Grenz- bebauung getroffen werden. Nach intensiven Abstimmungen und Vorgesprächen wurde schließlich 2009 ein Antrag auf Vorbescheid mit umfangreicher Fragestellung bei der Landeshauptstadt München eingereicht und im Sommer 2010 mit folgenden wesentlichen Punkten beschieden: • Eine Straßenrandbebauung an der Katharina-von-Bora- Straße und an der Karlstraße mit einer Traufhöhe von 15 m plus Dachgeschoss ist möglich, dabei sollte aber immer der denkmalschutzrechtliche Belang einer Weiter- führung der Dachlandschaft im Quartier ausreichend berücksichtigt werden. Eine Höhe von 18 m plus Dach- geschoss ist dagegen nicht zulässig. • An der Karlstraße ist eine Grenzbebauung möglich, wenn eine Befensterung in Form einer durchgestalteten Fassade sichergestellt wird. Ein späterer Kommunanbau auf dem westlich angrenzenden Nachbargrundstück ist dann mit Rückbau der Fenster möglich. • Bei der Neuplanung können die Abstandsflächen gemäß BayBO unterschritten werden, wenn eine ausreichende Belichtung gesichert ist und im Umfeld des Gebäudes Katharina-von-Bora-Straße 9 dem denkmalschutzrecht- lichen Belang, dessen südliche Fassade zu erhalten und sichtbar zu machen, Rechnung getragen wird. • Zwischen Hausnummer 9 und einem Neubau im Süden kann falls erforderlich ein untergeordneter Verbindungs- baukörper eingefügt werden, dabei ist die Erdgeschoss- zone durchlässig zu erhalten. • Die Platane zwischen den Gebäuden Katharina-von- Bora-Straße 5 und 9 sowie fünf Bäume an der Grenze zum Grundstück Fl. Nr. 5735 stehen zur Disposition, wenn entsprechende Ersatzpflanzungen vorgenommen werden. Mit diesen Ergebnissen waren die planungsrechtlichen Grundlagen soweit konkretisiert, dass auf dieser Basis ein Architektenwettbewerb vorbereitet werden konnte. Antrag auf Vorbescheid Mit dem Erwerb der Grundstücke Fl.Nr. 5730, 5731 und 5732 mit den Gebäuden Hausnummer 5 und 9 an der Katharina-von-Bora-Straße aus dem Besitz des Freistaats Bayern erhielt die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern die einmalige Gelegenheit, an ihrem Stammsitz in zentraler Lage in der Maxvorstadt ein in sich geschlosse- nes Quartier für ihre Verwaltung zu entwickeln und zusätzlichen Raumbedarf für Arbeitsbereiche, die bisher in der Marsstraße angesiedelt waren, sowie für neu hin- zukommende Aufgaben an einem Ort zu konzentrieren. Das gesamte Areal in prominenter Nachbarschaft zu Königsplatz, Staatlicher Antikensammlung, Kirche und Kloster St. Bonifaz und ab April 2015 zum neuen NS-Doku- mentationszentrum nimmt aus kulturgeschichtlicher und städtebaulicher Sicht eine herausragende Stellung ein. Der gesamte Bereich des Evangelisch-Lutherischen Lan- deskirchenamts liegt innerhalb des Denkmalensembles „Maxvorstadt-Königsplatz“ und ist Bestandteil des soge- nannten Kunstareals in der Maxvorstadt. Für diesen stadt- planerisch äußerst sensiblen und kunsthistorisch bedeu- tenden Teil der Stadt gibt es keinen Bebauungsplan, so dass die bau liche Entwicklung nach §34 des Baugesetz- buchs und den Vorgaben des Bayerischen Denkmalschutz- gesetzes geregelt wird. Dies bedeutet, dass sich (Neu) Bauvorhaben zum einen nach Art und Maß der Nutzung in die umgebende Bebauung einfügen müssen und zum anderen besondere Anforderungen des Denkmalschutzes zu berücksichtigen sind. Zudem sind in der dicht bebau- ten Münchner Innenstadt auch entsprechende Ziele der Grün ordnung und der Freiflächenplanung zu beachten. Um ein möglichst optimiertes Baurecht unter diesen komplexen Randbedingungen frühzeitig und mit weit- gehender Rechts- und Planungssicherheit zu erzielen, war es ratsam, vor der Auftragsvergabe für eine Gebäude- planung bzw. für einen Architektenwettbewerb bei der Landeshauptstadt München einen Antrag auf Vorbescheid gemäß Art. 71 BayBO zu stellen. Das Gebäude an der Ecke Karlstraße/ Katharina-von-Bora-Straße im Dezember 2011. 14

Ergebnis des Wettbewerbs Bei der Preisgerichtssitzung am 29. Juli 2011 wurden unter dem Vorsitz von Prof. Thomas Jocher folgende Preis- träger ermittelt: ein (gleichrangiger) 1.Preis: Auer+Weber mit terra nova ein (gleichrangiger) 1.Preis: Wandel Hoefer Lorch ein 3. Preis: Hild und K Architekten mit studio B mit BGHPlan Das Preisgericht hat einstimmig empfohlen, die beiden mit einem 1. Preis ausgezeichneten Entwürfe um eine Überarbeitung unter Berücksichtigung der Bewertungen des Preisgerichts zu bitten. Der Landeskirchenrat hat diese Empfehlung aufgenommen und im Anschluss an den Wettbewerb wurden mit den beiden siegreichen Büros Gespräche über die Aufgaben- stellung der Überarbeitung geführt. In diesem Zusammen- hang hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern sich auch entschlossen, zu Gunsten zusätzlicher Büro- flächen auf die vorgesehene Wohnung zu verzichten und nochmals bekräftigt, dass die Cafeteria als zentraler Begegnungspunkt eine besondere Bedeutung hat. Nach einer abschließenden Entscheidungssitzung am 28. September 2011 haben die ehemaligen Mitglieder des Preisgerichts einstimmig das Konzept des Teams Wandel Hoefer Lorch mit BGHPlan zur Realisierung empfohlen. Die besonderen Vorzüge und Qualitäten dieser Arbeit wurden im Protokoll des Wettbewerbs folgendermaßen festgehalten: Die Arbeit ergänzt das Kirchenareal in selbstverständlicher Weise, in dem sie das vielfältige Raumprogramm in einem klar ablesbaren Baukörper wie einen „Eckstein“ als Solitär aus bildet. Dieser Solitär greift den volumetrischen Duktus 16

Architektur des Erweiterungsbaus und Sanierung der alten Villa Prof. Wolfgang Lorch Thomas Wach Ein Neubau in einem Umfeld wie der Maxvorstadt, als Eck- und Schlussstein des Ensembles der evangelisch-lutheri- schen Kirche in Bayern – im Visavis mit wertvollen, histo- risch aufgeladenen Baudenkmälern – ist eine Herausfor- derung, die den Bauherren und den Architekten genauso wie den Benutzer und Betrachter vor eine komplexe Aufgabe stellt. Auf die Bauten von Albert Schmidt und Oswald Bieber galt es eine angemessene zeitgenössische Antwort zu finden und eine neue Zeitschicht zu setzen, die weder die Tradition kopiert noch den Kontext negiert und der kulturhistorischen Verantwortung gerecht wird: zu respektieren woher wir gekommen sind und zu akzep- tieren was aus uns geworden ist. Der Entwurf beschäftigt sich daher auch intensiv mit der Dimension der Zeit. Das Aufnehmen und die Transformation von Elementen ist der den Entwurf tragende Leit gedanke. Die Erweiterung des Landeskirchenamtes ist somit in zweifacher Weise auch ein Beitrag des Weiterbauens. Einerseits soll sich der Neubau auf den stark prägenden und belegten engeren Kontext der Maxvorstadt in der jüngeren Geschichte beziehen, andererseits fungiert er als Eckbaustein des Areals der evangelischen Landeskirche. Auf den ersten Blick ein scheinbar traditioneller, massiver bodenständiger Baukörper mit einer tektonischen Loch- fassade besetzt die Ecke zur Karlstraße und schließt das Ensemble der Kirchenbauten in der Katharina-von-Bora- Straße selbstbewusst ab. Ebenso erscheint die historische Fassadengliederung der Umgebung mit massiven, teil- weise bossierten Sockeln aus Naturstein, elementierten Putzfassaden und Sattel – oder Walmdächern formierend um die Logik und den Ausdruck des Quartiers nicht zu verletzen. 20

In der Annäherung und auf den zweiten Blick erschließt sich dem Betrachter der Paradigmenwechsel der einzelnen Bauteile hin zu einem zeitgenössischen, eigenständigen Haus, gegliedert durch eine Prägung, die die ganze Hülle strukturiert; beginnend mit dem geschosshohen minera- lischen Sockel, die mit den flächenbündig eingesetzten Prallscheiben die robuste Basis bilden. Die Obergeschosse setzen sich in der Logik einer gefilzten Putzfassade deutlich von dem Sockel ab und vertiefen den Ansatz, die Materiallogik des Kontextes in das neue Gebäude zu übernehmen. Die schrägen Dachflächen werden filigran durchbrochen und erlauben nicht nur die Nutzung des Dachgeschos ses als hochwertigen Saal mit großzügigem Frei bereich, sondern ermöglichen auch die Begrünung der Dachter- rasse. Die Form des Daches gibt dem gesamten Gebäude die dem Ort entsprechende Ausdrucksform eines der Maxvorstadt eigenen Archetyps. Die wichtigste Ebene des Paradigmenwechsels und der Interferenz von histori- schen und zeitgenössischen Leitgedanken in Bezug auf die Gestaltung von Material damals und heute liegt aber in der dreidimensionalen geometrischen Prägung. Die in der Art einer Faltung gestaltete Oberfläche ist dabei neben dem schönen Spiel der Körper im Licht kein reines Ornament, sondern elementiert die Fassade, stärkt die Logik des Aufbaus, bricht die Stringenz der gerasterten Lochfassade, lässt sie angemessen patinieren und bildet somit eine wichtige konstruktive und funktionale Ebene des Bauwerks. 22

Die Faltung wird in der Tiefe skaliert und die Flächen teilweise aufgelöst. Dabei entsteht eine Oberfläche, die aus der Ferne ihre Transparenz zeigt und in der Annäherung durch die Winkelverkürzung massiver wirkt und dem Gebäude somit eine Vielschichtigkeit verleiht. Im Laufe der Zeit bildet das durchwachsende Grün den Abschluss der Außenfassaden. Im Hof auf der straßenabgewandten Seite wird der Garten mit seinem gewachsenen Baumbestand als grüner Rück- zugsraum erhalten und gestärkt. Er dient als qualitätvolle Verknüpfung innerhalb des Gesamtensembles. Im Innenraum bestimmt die Nutzung des Hauses als Bürogebäude die Gestaltung der Grundrisse in allen Geschossen. Die gewählte Struktur ermöglicht im Sinne der Nachhaltigkeit eine weite Flexibilität von Nutzungen zwischen kleinteiligen Einzelbüros und großflächigen Versammlungsräumen. Das große offene Treppenhaus mit einem in der Tradition der anderen Verwaltungsgebäude der Landeskirche stehenden Treppenauge bindet die Geschosse zusammen und ist eine angemessene Erschließungsgeste für das Dachgeschoss, in dem sich mit dem großen Saal auch das Mitarbeitercasino befindet. Das Zenitlicht nobilitiert den Aufgang. Die direkte Verknüpfung oder Erweiterung des Saals mit der begrünten Dachterrasse bildet mit dem Blick auf München den Höhepunkt des Spannungsbogens. 24

Lichtwellen – ein Kunstprojekt für das Gebäude-Ensemble Helmut Braun Um den heterogenen Gebäudekomplex zusammenzubin- den und die Aufgaben eines kirchlichen Verwaltungs- gebäudes nach außen hin sichtbar zu machen, sollten künstlerische Lösungen erarbeitet werden. Dazu führte der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern 2013 einen Kunstwettbewerb durch, zu dem zehn Künstler eingeladen wurden: • Benjamin Bergmann, München • Meide Büdel, Nürnberg • Tamara Grcic, Frankfurt • Katharina Grosse, Berlin • Andreas Horlitz, München • Stephan Huber, München • Veronika Kellndorfer, Berlin • Peter Kogler, Wien • Zilla Leutenegger, Zürich • Manfred Mayerle, München Die Jury unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Carla Schulz- Hoffmann und Dr. Matthias Mühling entschied sich, den Entwurf des Münchner Künstlers Andreas Horlitz mit dem ersten Rang zu prämieren. Dieser Empfehlung stimmte der Landeskirchenrat zu. 28

Bauliche Entwicklung des Gesamtareals Harald Hein Das Areal der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern an der heutigen Katharina-von-Bora-Straße mit nunmehr insgesamt fünf Gebäuden bildet eine über mehrere Generationen gewachsene kleine „Familie“ und einen geschlossenen „evangelischen Straßenzug“ zwischen Karlstraße und Königsplatz. Mit dem jetzt fertig gestellten Neubau (Hausnummer 7) repräsentieren die einzelnen Gebäude eine nahezu 200-jährige Bauentwicklung und Baugeschichte. Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden im Zuge der Entwicklung der Maxvorstadt und des Königsplatzes an der damaligen Friedrichstraße, die später in Arcisstraße umbenannt wurde, auf dem heutigen Grundstück unserer Landeskirche erste Wohnbauten. Ältestes Zeugnis und „Familienmitglied“ ist die klassizis- tische Alte Villa (Hausnummer 9) aus dem Jahr 1825. Das heutige Eingangsgebäude (Hausnummer 11) wurde 1892 als herrschaftliches Wohnhaus errichtet. Topographischer Atlas von München Gustav Wenng, 1849/1850 Maxvorstadt, Blatt 7 In Rot eingetragen sind im Originalblatt die Grundbesitze der Familie Maffei im Bereich der damaligen Arcisstraße. 30

Alte Villa Katharina-von-Bora-Straße 9 Das frühklassizistische Villengebäude wurde 1825 von dem Münchner Baumeister und Ziegeleibesitzer Joseph Höchl (1777–1838) und dem Zimmermeister Paul Erlacher neu errichtet, nachdem zuvor ein kleines Sommerhäuschen auf diesem Grundstück aus dem Jahr 1814 aufgegeben worden war. Bauherr für das Anwesen an der damaligen Friedrichstraße 176/a war der „Königl. Secretaire u. geh. Kanzelist der Ministerial-Stiftungs und Comunal Section des Innen-Ministeriums“ Egid Walk. Später gelangte das Anwesen in den Besitz des Bildhauers Ludwig Schaller (1804–1865) und wurde 1860 an den Ministerialrat Albert Boesgen veräußert. Bei einer kleineren Umbaumaßnahme im Jahr 1897 ist dann die Münchner Offiziersfamilie Max Schlagintweit als Bauherr nachgewiesen, die das Gebäude bis zum Zwangsverkauf an die NSDAP 1937 bewohnte. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau erheblich zerstört und ging nach 1945 in den Besitz des Freistaats Bayern über. 1949 wurde das Gebäude für die Zollgrenzdirektion Süd nach einer Planung des damaligen Finanzbauamts München wieder instandgesetzt. Dieser Bauzustand mit einem gegenüber dem Originalzustand vereinfachten Treppenhaus erhielt sich weitgehend bis zum Erwerb durch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern im Jahr 2001. Der Villenbau wurde von Höchl dreigeschossig und mit drei gleichartigen Fensterachsen konzipiert. Diese strenge, frühklassizistische Dreiachsigkeit wurde bei einer Umbau- maßnahme 1860 durch den Maurermeister Arnold Hirschberg und den Zimmerermeister Johann Ehrengut aufgelockert, indem sie die mittlere Achse in allen drei Geschossen durch ein klassisch rhythmisiertes dreiteiliges Fenster ersetzten, mit breiter Mitte und schmäleren seitlichen Fenstern, gerahmt von vorgelagerten Pilastern mit korinthischen Kapitellen. Diese Fassadengestaltung hat sich bis heute weitgehend unverändert erhalten. Die Mittelrisalitfassade mit niedrigem Dreiecksgiebel erhält im Erdgeschoss aufsetzend auf einem glatten Sockel eine Putzstreifenrustika, die mit einem einfachen Gesims abgeschlossen wird. Das Traufgebälk mit einem auskra- genden Konsolfries betont zudem die eher blockhafte, annähernd quadratische Fassadenausbildung. Im Gegensatz zu der insgesamt sehr repräsentativen Straßenfassade wurden beide Seitenansichten ganz schlicht und ohne schmückende Elemente ausgeführt, da an dieser Stelle schon immer eine nahezu geschlossene Bebauung mit beiderseits sehr schmalen, sog. Pavillon- abständen von ca. drei Metern Breite vorgesehen war. 32

Eingangsgebäude Katharina-von-Bora-Straße 11 34 Das heutige Eingangsgebäude wurde 1892 von dem Münchner Architekten und Bauunternehmer Albert Schmidt für den Reichsrat und Lokomotivfabrikanten Hugo Ritter von Maffei (1836–1921) gebaut. Der als „Palais Maffei“ bezeichnete Bau wurde viergeschossig konzipiert und war damit zu seiner Entstehungszeit einer der mächtigsten im gesamten Quartier. Nach Westen erstreckte sich ein zwei- geschossiger winkelförmiger Anbau und formte so einen dreiseitig geschlossenen Innenhof. Das Gebäude im neo- barocken Stil war sowohl in der Grundrissdisposition als auch in der Fassadengestaltung – sogar bis ins Rückge- bäude – sehr repräsentativ angelegt und mit aufwändigen Architektur- und Schmuck elementen gestaltet. In der Gesamtanlage waren zehn Wohnungen unter- gebracht, wobei die Wohnung des Hausherrn im „Piano Nobile“ des ersten Obergeschosses die gesamte Fläche des Haupt hauses einnahm und sich noch in den rückwärtigen Anbau erstreckte. Die Erschließung der Wohnungen erfolgte über zwei prächtige ovale Treppenhäuser, von denen die Haupttreppe bis heute in ihrer Grundsubstanz weitgehend erhalten blieb. Die Wohnungen waren mit Bädern ausgestattet und erhielten jeweils einen kleinen Balkon auf der Rückseite.

Im Dachbereich waren die vorspringenden Eckrisalite mit einem Dreiecksgiebel mit eingeschriebener Ornament- kartusche und einem kleinen ovalen Fenster verziert. Das Mittelrisalit wurde mit einem Rundbogengiebel mit aufgesetzten Vasen und einer figürlichen Büste bekrönt und im Segmentbogenfeld mit einer ornamental prach t- vollen Kartusche mit ovalem Fenster (heute Belichtung für den Andachtsraum) gestaltet. Dieser repräsentative Anspruch wurde bemerkenswerter- weise im Rückgebäude fortgeführt, dieses stand dem Hauptgebäude gestalterisch in nichts nach. Die Innenräume waren dem Zeitgeschmack des Historis- mus entsprechend ebenfalls aufwändig gestaltet. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf den Eingangs- bereich mit Rundbogenblendarkaden mit ornamentierten Pilastern an den Wänden und flachen Kappengewölben sowie auf die spielerisch leichten Treppenhäuser gelegt. Die Wohnräume selbst – insbesondere die Hauptwohnung – waren mit Stuckdecken, kassettierten Wandverkleidun- gen und zum Teil mit Doppelflügeltüren ausgestattet. Nach dem Tod von Hugo Ritter von Maffei 1921 ging der Besitz des Anwesens an eine Erbengemeinschaft über und konnte 1929 von der Evangelisch-Lutherischen Lan- deskirche erworben werden. Diese hatte zunächst keinen eigenen Raumbedarf, so dass die vorhandenen Wohnun- gen und die bestehenden Mietverhältnisse erhalten blieben. Aber bereits 1936 musste die Landeskirche das Anwesen unter Druck an die NSDAP verkaufen, die daraufhin in dem Gebäude die Kanzlei des „Stellvertreters des Führers“ Rudolf Heß unterbrachte. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Hauptgebäude beschädigt und das Rückgebäude voll- ständig zerstört. 1948 wurde der ehemalige Parteibesitz auf das Land Bayern übertragen und daraufhin vom 36

Rückgebäude Katharina-von-Bora-Straße 11a 40 Der in den rückwärtigen Gartenbereich platzierte Komplex war neben einigen behelfsmäßigen (inzwischen beseitig- ten) Nebengebäuden und der stark verändert wieder aufgebauten Kirche St. Bonifaz der erste Neubau im gesamten Quartier zwischen Königsplatz, Katharina-von- Bora-Straße (damaliger Meiserstraße), Karlstraße und Luisenstraße. Das Areal ist neben der herausragenden (bau-)geschichtlichen Bedeutung auch durch seine groß- zügigen einerseits künstlerisch gestalteten und anderer- seits naturnah belassenen Freiräume geprägt. Die Architekten Theodor Hugues und Michael Gaenssler haben auf diese Situation in dem parkartigen Grund- stücksteil reagiert, indem sie ihren Neubau als freistehen- den, viergeschossigen Solitär mit einer klaren formalen Haltung in der Symmetrieachse des Vordergebäudes platzierten. Der Bau besticht durch seine strenge, diszi- plinierte Struktur. Der quadratische Grundriss besteht aus einem Raster von jeweils drei Achsen, wobei das mittlere Feld als massiver Kern die gesamten Nebenflächen wie Sanitäranlagen, Aufzug und Treppenhaus aufnimmt.

Das landeskirchliche Dienstgebäude von 1929 Katharina-von-Bora-Straße 13 Mit dem Erwerb des Grundstückes an der Katharina-von- Bora-Straße 13 (damals Arcisstraße 13) von einer Erben- gemeinschaft des verstorbenen Reichsrats Hugo von Maffei im Jahr 1928 konnte die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern mit der Planung eines neuen Landes- kirchenamts beginnen, nachdem das bisherige Gebäude in der Elisenstraße 2 zu klein geworden war. Mit der Planung wurde der Münchner Architekt Prof. Eduard Oswald Bieber (1876-1955), der u. a. auch das Park-Café am Alten Botanischen Garten und die Hauptverwaltung für die Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft in Schwabing baute, beauftragt. Bieber zeigte in seiner Planung mit Rück- sicht auf die klassizistisch geprägte Umgebung – insbeson- dere der direkt benachbarten Neuen Staatsgalerie (heute Staatliche Antikensammlung) – in der Grundform, in der Höhenentwicklung und in der Gestaltung eine angemes- sene Zurückhaltung und konzipierte einen schlichten Putzbau im vereinfachten italienischen Palazzo-Stil. Der dreiflügelige Komplex mit der östlichen Schmalseite als Hauptfassade zur Straße, einem offenen Hof zum Garten im Süden und der Längsfassade nach Norden zum Königsplatz erstreckt sich über die gesamte Ausdehnung einheitlich mit drei Geschossen, nachdem zuvor eine Planung mit vier Etagen auf öffentlichen Widerstand gestoßen war und deshalb kurzfristig umgeplant wurde. 42

Alle Fassaden werden mit einheitlichen, stehenden Recht- eckfenstern ohne Umrahmung mit gleichen Achsabstän- den bandartig umwickelt. Mit dem Verzicht auf jegliche Gliederung entsteht eine Klarheit und Harmonie in guten Proportionen – gleichsam eine Synthese von klassischem Vorbild und neuer Sachlichkeit. Nur einzelne Elemente akzentuieren an bewusst gewählten Stellen die beiden Hauptfassaden. Das Eingangsportal für den Amtsbereich an der Katharina- von-Bora-Straße mit einer Rundbogentür – umrahmt von einer Rustika aus unterfränkischem Muschelkalk und bekrönt von einem Balkon mit einfachem Stabgeländer, das den Schild mit dem Siegelbild der Landeskirche trägt – betonen und steigern das zurückhaltend würdevolle Erscheinungsbild. Die bauplastische Gestaltung der Portal- ädikula – mit weiblicher Büste als Schlussstein und Evan- gelistensymbolen im Fries – stammt von dem Münchner Bildhauer Josef Wackerle (1880–1959). Die Nordfassade mit dem Eingang zur Wohnung des Kirchenpräsidenten erhält in der Symmetrieachse im Erdgeschoss eine drei- bogige gewölbte Loggia zur Zentrierung. Auf eine Sockel- ausbildung wird fast gänzlich verzichtet, den oberen Abschluss zum kupfergedeckten Walmdach bildet ein leicht auskragendes Konsolgesims. Der schmale Nordhof war ursprünglich mit einer Mauer zum Königsplatz abge- grenzt und mit alten und neuen Bäumen bepflanzt. Das kompakte Gebäude ist auch im Inneren klar struktu- riert. Die nahezu durchgängige zweibündige Erschließung mit Mittelflur wird im straßenseitigen Flügel in allen Hauptgeschossen zu einer großzügigen Vorhalle aufge- weitet. Ursprünglich drei Treppenhäuser und ein Aufzug erschließen die vielfältigen Nutzungen mit öffentlichen und privaten Bereichen. Im Erdgeschoss waren neben Amtsräumen eine Registratur und eine Hausmeisterwoh- nung untergebracht, das erste Obergeschoss enthielt ebenfalls Amtsräume sowie einen kleinen Sitzungssaal, eine Bibliothek und ein Predigerseminar. Das zweite Ober- geschoss diente der Unterbringung der repräsentativen Amtsräume des Kirchenpräsidenten und seiner engsten Mitarbeiter, des großen Sitzungssaals und der Wohnung des Kirchenpräsidenten. Die Gestaltung und Ausstattung der Innenräume war – wie die äußere Erscheinung – von einer gediegenen Einfachheit geprägt, wie es protestantischem Selbstver- ständnis entspricht. Die Einrichtungsgegenstände waren aus dunkel gebeiztem Eichenholz gefertigt, die Arbeits- räume schlicht und vornehm mit hellen Tapeten, weißen Stuckdecken und Möbeln aus Nussbaumholz. Der große Sitzungssaal mit einer Höhe von über vier Metern erhielt eine dunkle tiefkassettierte Holzdecke und eine gleich- artige Sockel- und Fensterverkleidung. Die Wohnung des Kirchenpräsidenten wurde mit einer eigenen Treppe vom Nordhof aus erschlossen und deren Flur mit einer Abfolge von feinen Kreuzgewölben auf- gewertet. 44

Chronologie 1799 20. Februar 1799 Regierungsantritt von Kurfürst Max IV. Joseph, ab 1806 König Max I. Joseph von Bayern. Um seine evangelische Frau, Karoline Wilhelmine von Baden (1776–1841), und ihren Beichtvater, Kabinettsprediger D. Ludwig Friedrich Schmidt (1764–1857), entsteht im Schloss Nymphenburg eine evangelische Hofgemeinde als Keimzelle der evangelischen Kirche in München. 12. Mai 1799 Im Grünen Saal des Nymphenburger Schlosses findet der erste evangelische Gottesdienst in München seit der Reformationszeit statt. D. Schmidt predigt über das Psalmwort: „Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ihr Nest: deine Altäre, Herr Zebaoth“ (Ps. 84,4). 1800 1801 10. November 1800 Amberger Resolution von Kurfürst Max. IV. Joseph 29. Juli 1801 Der reformierte Pfälzer Weinhändler Johann Balthasar Michel wird auf Weisung des Kurfürsten der erste protestantische Bürger der Stadt München. Karoline Wilhelmine, Königin von Bayern D. Ludwig Friedrich Schmidt 1801 Weisung an den Magistrat der Stadt München Nach reifer Ueberlegung und mit der Gewißheit, daß das Recht auf meiner Seite ist, befehle ich hiemit dem meinen Stadtmagistrat, spätestens morgen Abends 6 Uhr, dem Handelsmann Michel von Mannheim, das Bürgerrecht zu ertheilen, widrigenfalls ich mich genöthiget sehen würde, die strengsten Mittel zu ergreifen. Für den geringsten Exceß haftet jedes Magistratsglied persönlich. Diese meine Gesinnungen befehle ich dem Stadtoberrichter Sedlmayer, dem Magistrat zu bedeuten. München, den 29. Juli 1801. Max. Joseph Churfürst Max. Joseph Churfürst Wir haben bei verschiedenen Anlässen wahrgenommen, daß viele die irrige Meinung hegen, die katholische Religionseigenschaft sey eine wesentliche Bedingniß zur Ansässigmachung in Baiern, welches von den nach- theiligsten Folgen für die Beförderung der Industrie und Kultur in diesem Lande zeither gewesen ist. Gleichwie aber, weder in der Reichs- noch Landesverfassung einiger Grund für diese Meynung beruht; so wollen wir: daß bey der Ansässigmachung in unsern sämmtlich herobern Staaten die katholische Religionseigenschaft nicht ferner als eine wesentliche Bedingniß anzusehen sey und darnach andere Glaubensgenossen davon aus- geschlossen werden. Auf diesem Grundsatze ist in Zukunft fest zu beharren und sämmtliche Landeskollegien sind darnach anzu- weisen. Amberg, den 10. Nov. 1800. Max. Joseph Churfürst. 48 Amberger Resolution

1850 1873 1920 1921 1924 1928 1929 1933 1934 Grabstelle in St. Bonifaz Königin Therese von Bayern Allgemeine Einführung von Kirchenvorständen. Einweihung der Benediktinerabtei St. Bonifaz. In der Basilika St. Bonifaz sind König Ludwig I. und seine evangelische Ehefrau Therese von Sachsen-Hildburghausen (1792–1854) begraben. Einführung eines Generalsynodalausschusses 10. September 1920 Einstimmige Verabschiedung der Verfassung der Evangelisch-Lutheri- schen Kirche in Bayern rechts des Rheins durch die Landessynode. Mit dem Inkrafttreten der Kirchenverfassung am 1. Januar 1921 wird das Gebiet der Landeskirche in zunächst drei Kirchenkreise (Ansbach, Bayreuth und München) gegliedert. München wird zunächst vorläufig, 1927 endgültig als Sitz des Landes- kirchenrates bestimmt. Am 6. Januar 1921 wird in der Münchner St. Lukaskirche der bisherige Oberkonsistorialpräsident D. Friedrich Veit in das Amt des Kirchen- präsidenten der Landeskirche eingeführt. Am 30. Januar 1921 wird OKR D. Karl Baum als erster Kreis dekan des Kirchenkreises München in der St. Matthäuskirche eingeführt. 15. November 1924 Unterzeichnung des noch heute geltenden Vertrags zwischen dem Bayeri- schen Staate und der Evangelisch-Lutherischen Kirche rechts des Rheins. 24. Oktober 1928 Grundsteinlegung für das Dienstgebäude in der (damaligen) Arcisstr. 13. Einweihung des Dienstgebäudes am 18. Dezember 1929 Rücktritt von Kirchenpräsident D. Veit am 11. April 1933. 4. Mai 1933 Wahl von Oberkirchenrat D. Hans Meiser zum Landes bischof. Am 31. Mai 1934 Verabschiedung der Barmer Theologischen Erklärung. An ihrer Formulierung war von bayerischer Seite maßgeblich Ober- kirchenrat Thomas Breit (1880–1966) beteiligt. Grundsteinlegung 1928 D. Friedrich Veit 24. August 1934 Die im Gemeindesaal der Münchner Christuskirche tagende Landessy- node stellt sich einstimmig hinter Landesbischof D. Meiser, der gegen die Eingliederung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in die Deutsche Reichskirche Einspruch erhoben hatte. Letzte Tagung der Landessynode bis 1946. 11. Oktober 1934 Besetzung des Dienstgebäudes mit Arretierung von Landesbischof Meiser durch die nationalsozialistisch ausgerichtete „Reichskirchenregierung.“ 50 | Chronologie D. Hans Meiser Thomas Breit

1957 Amtliche Erläuterung des Straßennamens: „Hans Meiser, geb. 16. Februar 1881 in Nürnberg, gest. 8. Juni 1956 in München, Landesbischof der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Bayern vom 4. Mai 1933 bis 1. Mai 1955. Hans Meiser war ein furchtloser Gegner des National sozialismus, sein Lebenswerk war die Verei- nigung von 10 lutherischen Kirchen zur Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (3. Juli 1948, Eisenach). Am 25. Januar 1949 wurde Meiser ihr vertretender Bischof. Der Bundespräsident ehrte ihn 1952 mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern“. Erzbischof Döpfner und Landesbischof Dietzfelbinger 1972 Art. 69 Kirchenverfassung (1) Dem Landeskirchenrat ist zur Führung seiner Geschäfte das Landeskirchenamt zugeordnet. In ihm werden die verschiedenen Geschäftsbereiche besonderen Abteilungen zugewiesen, die von Ober- kirchenräten oder Oberkirchenrätinnen geleitet werden. Die Leitung des Landeskirchenamtes obliegt einem Oberkirchenrat oder einer Oberkirchenrätin im Kirchen- beamten verhältnis. (2) Das Nähere über das Landeskirchenamt wird durch Verordnung geregelt. Amtseinführung von Landesbischof Hanselmann in der Nürnberger St. Lorenz-Kirche am 28. Sept. 1975 1957 1959 1962 1969 1972 1973 1975 1978 1983 52 | Chronologie 26. März 1957 Der Münchner Stadtrat beschließt die Umbenennung der Arcisstraße in Meiserstraße. 12. bis 16. August 1959 Deutscher Evangelischer Kirchentag in München: „Ihr sollt mein Volk sein.“ Einführung des „Dritten Weges“ im kirchlichen Arbeitsrecht durch das Kirchengesetz über die Ordnung der dienstrechtlichen Verhältnisse der Angestellten und Arbeiter im Kirchendienst vom 8. Februar 1962 mit Einsetzung einer paritätisch von Dienstnehmer- und Dienstgeberseite besetzten „Kommission für dienstrechtliche Fragen“, heute: Arbeitsrecht- liche Kommission. 17. Mai 1969 In der Münchner St. Matthäuskirche findet erstmalig anlässlich der Gebetswoche für die Einheit der Christen ein ökumenischer Gottesdienst statt, der gemeinsam von Erzbischof Julius Kardinal Döpfner und Landesbischof D. Hermann Dietzfelbinger gestaltet wird. Beide waren damals auch Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz bzw. des Rates der EKD. 1. Januar 1972 Inkrafttreten der neuen Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern mit Einführung der Bezeichnung „Landeskirchenamt.“ Beginn der Amtszeit der auf der Grundlage des (ersten) Mitarbeiter- vertretungsgesetzes der ELKB vom 27. März 1972 gewählten Mitarbeiter- vertretung. 1. Januar 1975 Errichtung des Rechnungsprüfungsamtes (in der Nachfolge der bisherigen, der Weltlichen Abteilung des Landeskirchenrates zugeordneten Rech- nungsprüfungsstelle). 15. September 1975 Amtsantritt von Landesbischof Dr. Johannes Hanselmann (bis 30. April 1975 ), zwischen 1987 und 1990 zugleich Präsident des Lutherischen Weltbundes. 27. November 1975 Die Landessynode ermöglicht mit dem „Kirchengesetz über die Berufung der Theologin zum Dienst des Pfarrers“ die volle Zulassung von Theolo- ginnen zu Ordination und Pfarramt. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern erhält vom Freistaat Bayern das Anwesen Meiserstraße 11 zurück im Tausch gegen die Anwesen Karlstraße 20 und 22. 8. November 1983 Einweihung des von den Architekten Prof. Michael Gaenssler und Prof. Theodor Hugues geplanten Erweiterungsbaus Meiserstraße 11a.

2007 11. Januar 2007 Beitritt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zur Klima-Allianz Bayern. 19. Juni 2007 Erstmalige Verleihung des Zertifikats der Hertiestiftung an das Landes- kirchenamt zum „audit berufundfamilie“ im Rahmen eines Festakts in Berlin mit Bundesministerin Ursula von der Leyen. Veräußerung des landeskirchlichen Dienstgebäudes an der Marsstraße 19, das bis 2015 weiterhin mietweise genutzt wird. Die Landessynode beschließt bei ihrer Tagung im November über die Freigabe der Haushalts- mittel für die Erweiterung der landeskirchlichen Dienstgebäude. 18. Juli 2007 Der Münchner Stadtrat beschließt auf Antrag der Stadtratsfraktion Bündnis90/Die Grünen/Rosa Liste und gegen die Voten der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Bayern und des Bezirksausschusses Maxvorstadt die Umbenennung der Meiserstraße. Auszug aus dem Brief von Landesbischof Dr. Johannes Friedrich vom 21. Mai 2007 an die Mitglieder des Münchner Stadtrates: „Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat in den letzten Jahren die Biographie von Landesbischof Meiser systematisch und um- fassend aufgearbeitet und die Ergebnisse dieser Arbeiten auch öffentlich gemacht, zuletzt noch einmal in einem Dokumentati- onsband, herausgegeben vom Landeskirchen- rat im Jahr 2006. Landesbischof Meiser erscheint rückblickend als eine Persönlichkeit mit vielen Facetten, von denen einige uns bis heute Rätsel aufgeben und andere teilweise völlig unverständlich sind. Einerseits sind von ihm Äußerungen über- liefert, die wir nicht anders denn als juden- feindlich bezeichnen können und die scharf zu verurteilen sind. Andererseits hat er die bayerische Landeskirche vor einer Gleich- schaltung mit den regimetreuen „Deutschen Christen“ während des so genannten Dritten Reichs bewahrt, hat dem Nazi-Regime die Stirn geboten, weswegen er auch vorüber- gehend arrestiert wurde. Auch hat er sich für verfolgte jüdische Mitbürger eingesetzt. 126 Menschen wurden durch die von ihm eingerichteten und aus Kirchensteuermitteln finanzierten Hilfsstellen gerettet. Aufgrund unseres Glaubens steht es uns nicht zu, über einen Menschen zu richten. Das ist allein Gott vorbehalten. Wir sind aber aufgerufen zu einem wahrhaftigen Umgang und einer wahrhaftigen Auseinandersetzung mit Menschen und der Geschichte. Dazu gehört auch, dass wir nicht deren problema- tische Partien ausradieren, sondern uns ihnen stellen und sie bearbeiten. In diesem Sinne plädieren wir nachdrücklich für eine Beibehaltung des Namens Meiser- straße. Gerne werden wir über die Diskussion über den Straßennamen hinaus uns der öffentlichen Auseinandersetzung über die Rolle der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und ihres Landesbischofs Meiser vor und nach 1945 stellen. Wir wollen in einen solchen Prozess gerne das einbringen, was wir an Forschungsarbeit bereits geleistet und veröffentlicht haben. Die Beibehaltung des Namens wäre unseres Erachtens auch ein unverzichtbarer Baustein in der Aufarbeitung der Geschichte eines Stadtviertels, in der „Braunes Haus“ und Landeskirchenamt nur einen Steinwurf voneinander entfernt lagen. Durch eine Umbenennung der Meiserstraße würde sich die Stadt München in dieser Möglichkeit nicht unerheblich und unnötig beschneiden, auch zum Nachteil für künftige Generationen.“ 54 | Chronologie Aus der Erklärung zur Bayerischen Klima-Allianz: Die bayerischen Bistümer, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern und die Bayerische Staazsregierung … „werden auch in Zukunft mit gutem Beispiel voran- zugehen, um so als Vorbild für die Menschen zu wirken, z. B. durch energetische Optimierung der eigenen Liegen- schaften, durch Maßnahmen zur Energieeinsparung und durch verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien. Mit konkreten Maßnahmen in ihrem eigenen Wirkungs- bereich wollen Staat und Kirchen ein Zeichen für den Klimaschutz setzen. Das Engagement zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele werden sie weiter ausbauen.“ Verleihung des Zertifikats zum Hertie-Audit durch Bundesfamilien- ministerin Ursula von der Leyen und Staatssekretärin Dagmar Wöhrl an Oberkirchenrätin Dr. Karla Sichelschmidt Auszug aus der Vorlage für die Vollversammlung des Münchner Stadtrates, am 18. Juli 2007 (Nr. 02-08/V 10389 S. 5 f): „Umbenennungen von Straßen werden grundsätzlich sehr restriktiv gehandhabt und nur in ganz besonderen Ausnahmefällen vorgenommen. Die im Zusammenhang mit Bischof Dr. Hans Meiser erhobenen Vorwürfe erfordern jedoch ein Überdenken der mit der Straßen- benennung vorgenommenen Ehrung, weil • Meiser bereits 1926 in einem Aufsatz anti-judäische Äußerungen betätigt hat, • er im Jahre 1939 kriegsverherrlichende Äußerungen gemacht hat, • gerade die Stadt München, die immer damit in histo- rischen Zusammenhang gebracht wird „Hauptstadt der Bewegung“ gewesen zu sein, besonders sensibel mit diesem Thema umgehen muss, • mit der Eröffnung der neuen Synagoge und dem Jüdischen Zentrum in München der Umgang mit der Geschichte und den Folgen des Antisemitismus und der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland und in Mün- chen nicht beendet ist; auch in Zukunft muss Sensibili- tät gegenüber der nationalsozialistischen Vergangenheit bestehen bleiben und im Hinblick auf verantwortungs- volle Wachsamkeit in der Zukunft mit der Bewältigung der Geschichte offensiv umgegangen werden, • Meisers Verdienste zwar durchaus gesehen werden, aber die Ehrung seiner Person auch anders, insbeson- dere innerkirchlich erfolgen kann …“

2013 12. Juli 2013 Grundsteinlegung für das Erweiterungsgebäude an der Katharina-von-Bora-Straße 7/9. Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm Ansprache zur Grundsteinlegung am 12. Juni 2013 „Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ (Psalm 127,1) Liebe Gemeinde, wer ein Haus baut, baut dies auf Hoffnung hin. Wir hoffen, dass wir in diesem Bau, dessen Grundstein heute gelegt wird, lange bleiben. Wir rechnen damit, dass der Bau gut voran schreitet, dass die Zeiten eingehalten werden können; wir hoffen, dass es ohne Unfälle abgeht und die Mitarbeitenden in absehbarer Zeit neue, schöne und helle Büros beziehen können. Wir wünschen uns, dass dieser neue Bau bei aller Verwaltungsarbeit, die darin geleistet werden wird zugleich ein Ort der Begegnung und des guten Gesprächs wird, dass er etwas atmet von der Liebe Gottes und von seiner Güte, die allen Menschen zugute kommen will, dass er etwas ausstrahlt von dem Geist, von dem unsere Kirche lebt. Wir wissen, dass das Gelingen dieses Baus und der Arbeit, die er beheimaten soll, am Ende nur begrenzt in unserer Hand liegt. Die Zeitdauer des Baus ist nicht zuletzt vom Wetter abhän- gig, dessen Unberechenbarkeit so viele Menschen, Opfer der Flut, gerade wieder so schmerzlich erfahren haben. Und wir wissen auch nicht sicher, welche unvorhergesehenen Schwierigkeiten trotz aller Sorgfalt in der Arbeit sonst noch auftauchen können. Und selbst wenn mit dem Bau alles gut geht – wer von uns könnte in die Zukunft schauen und jetzt schon wissen, durch welche Höhen und Tiefen dieses Haus und die Menschen, die ihn ihm arbeiten werden, gehen werden? Da gibt es eine große Zuversicht, wenn wir wissen, in wessen Hand wir alle Ungewissheiten legen dürfen. Ja! „Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Dieser Satz gilt in den guten und in den schweren Zeiten. Das hat auch unsere Kirche immer wieder erfahren dürfen. Genau am heutigen Tag jährt sich zum 75. Mal der Abschieds- gottesdienst in der alten Münchner Matthäuskirche nicht weit von hier, den mein Vorgänger Landesbischof Hans Meiser hielt. Weil die Nationalsozialisten die Sonnenstraße breit ausbauen wollten, stand die alte Matthäuskirche im Wege und die Gemeinde wurde gezwungen, ihr Gotteshaus zu verlassen. Und vielleicht verbarg sich hinter dem Abriss der Bischofskirche auch ein Racheakt Hitlers gegen den in ihr predigenden Bischof. In einem bewegenden Gottesdienst verabschiedete sich heute vor 75 Jahren die Gemeinde, die in großer Zahl gekommen war, von dem vertrauten Raum. Nur wenige Wochen später war sie wie kurz zuvor die alte Hauptsynagoge dem Erdboden gleich gemacht. Ein trauriges Kapitel Geschichte, das uns als evange- lische Christen mit dieser Stadt verbindet. Wer den Weg unserer Kirche seitdem verfolgt hat, wer ihre Höhen und Tiefen gesehen hat, wer Versagen wie tapferes Bezeugen des Evangeliums wahrgenommen hat, wer Abbrüche und Aufbrüche erlebt hat oder im Rückblick darauf schaut, der kann den heutigen Tag nur in großer Dankbarkeit erleben. Gott meint es gut mit uns. Gott hat uns auch in den Irrtümern und dunklen Zeiten nicht fallen lassen. Er hat uns immer wieder einen neuen Anfang geschenkt. Wo wir uns als Kirche in Sackgassen manövriert haben, wo wir den Mut verloren haben, wo wir nur noch Stoppschilder gesehen haben, hat Gott immer wieder eine neue Türe geöffnet – für jeden und jede von uns als Einzelnen und für uns als Kirche. Und Gott hat uns reich gemacht: reich gemacht mit dem Enga- gement und den Talenten so vieler Menschen. Und reich gemacht auch mit materiellen Ressourcen, die wir zum Segen unserer Kirche und ihrer Arbeit für die Welt einzusetzen versuchen. An dem Tag, an dem wir die Grundsteinlegung für ein großes neues Gebäude feiern, danke ich all den Menschen, die mit ihren Kirchensteuern diese segensreiche Arbeit möglich machen. Auch ein neues Verwaltungsgebäude ist Teil dieser segensrei- chen Arbeit. Verwaltung gehört ja nicht zu den Bereichen unserer Kirche, die Spitzenwerte der Beliebtheit erreichen. Wer genau hinschaut, sieht schnell: Gute Verwaltung ist eine wesentliche Voraussetzung gelingender Arbeit, auch in der Kirche. Wir brauchen eine zentrale Stelle, die unser Geld fest im Blick und manchmal auch fest im Griff hat. Es ist gut, wenn Angestellte und Beamte unserer Kirche rechtlich geschützt und abgesichert sind. 56 | Chronologie

2013 12. Juli 2013 Grundsteinlegung für das Erweiterungsgebäude an der Katharina-von-Bora-Straße 7/9 Urkunde Im Jahr 2001 kauft die Evangelisch-lutherische Kirche in Bayern vom Freistaat Bayern das Eckgrundstück Katharina-von-Bora- Straße (damals noch Meiserstraße)/Karlstraße. Es ist bebaut mit einem Verwaltungsgebäude aus den 1950er Jahren, das Anfang 2013 abgebrochen wird. Im November 2008 stellt die Landessynode die Mittel für einen Neubau zur Verfügung. Das neue Haus soll Raum bieten für über 100 kirchliche Mitarbei- tende, die bisher in der Marsstraße 19 und in den dicht belegten Häusern in der Katharina-von-Bora-Straße und der Karlstraße untergebracht sind. Die Ausführung des Rohbaus wird im Frühjahr 2013 an die Eigner Bauunternehmung Nördlingen vergeben. Das Jahr 2013 ist geprägt von dem Beginn der zweiten Amtspe- riode des amerikanischen Präsidenten Barack Obama und politi- scher Unruhe in der arabischen Welt. In Syrien kommen in einem Bürgerkrieg zehntausende Menschen ums Leben. Europa ist nach wie vor besorgt um die Zukunft seiner Währung und wirtschafts- politische Stabilität. In den südlichen EU-Ländern herrscht hohe Arbeitslosigkeit. In Deutschland werden im Herbst Bundestags- wahlen und Wahlen zum Bayerischen Landtag stattfinden. Den Architektenwettbewerb gewinnt im Sommer 2011 das Saar- brücker Büro Wandel-Hoefer-Lorch Architekten. Für das Projekt verantwortlich ist Professor Wolfgang Lorch; maßgeblich daran beteiligt ist Thomas Wach. Viele Fans begeistert das Finale der Fußball-Champions-League zwischen Bayern München und Borussia Dortmund am 25. Mai im Londoner Wembley-Stadion. Die Bayern gewinnen den Pokal mit einem 2:1 Sieg. Die Projektleitung von Seiten der Bauherrin liegt bei Oberkirchen- rätin Dr. Karla Sichelschmidt, stellvertretend sind bis Ende 2012 Kirchenrat Günter Laible und ab Januar 2013 Kirchenverwaltungs- direktor Dr. Reinhard Rassow beteiligt. Sie werden unterstützt von Harald Hein vom landeskirchlichen Baureferat und Sebastian Hagemann aus dem Rechnungsprüfungsamt. Die Projektsteuerung übernehmen Martin Hautum, Florian Aigner, Maximilian Reiter und Cathrin Dullinger von der Münchner Firma CL-MAP GmbH. Die Tragwerksplanung liegt in den Händen von René Holschbach vom Ingenieurbüro Hans-Jürgen Aster. Die Planung der technischen Gebäudeausrüstung betreut Sven Kollmann vom Münchner Ingenieurbüro Spiegl. Bauphysikalische Beratung leistet Ursula Beyer von Möhler und Partner Ingenieure. Bundespräsident ist Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Bayerischer Ministerpräsident Horst Seehofer und Ober- bürgermeister der Stadt München Christian Ude. Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Präsidentin der Landessyode Dr. Dorothea Deneke-Stoll. Den Kirchenkreis München leitet Susanne Breit-Keßler. Das Amt der Münchner Stadtdekanin wird von Barbara Kittelberger wahrgenommen. Seit dem Februar 2013 ist – nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. – Papst Franziskus das Oberhaupt der Römisch-Katholischen Kirche. Am heutigen Tag nimmt Landesbischof Dr. Bedford-Strohm im Rahmen eines Gottesdienstes in Anwesenheit von ….. und zahl- reichen Gästen die Grundsteinlegung vor. Ende 2014 soll der Neubau – mit Gottes Hilfe – fertig gestellt sein. Wolf Auch und Gebhard Hierl von realgrün Landschaftsarchitekten zeichnen verantwortlich für die Gestaltung der Grünflächen sowie für die Bepflanzung der Dachterrasse. München, 12. Juni 2013 In Fragen der Nachhaltigkeit wird die Bauherrin durch Professor- Jürgen-Schwarz Consulting aus Neubiberg unterstützt. Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern Ausschreibung und Bauüberwachung werden von Dieter Zinner und Sebastian Zinner von Zinner Ingenieure Krailing übernommen. Prof. Wolfgang Lorch, Architekt 58 | Chronologie

Vom Oberkonsistorium zum Landeskirchenamt Landesherrliches Kirchenregiment im Königreich Bayern Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war das Kurfürsten- tum Bayern ein rein katholisches Land. Diese konfessio- nelle Geschlossenheit hörte auf, als 1740 die Grafschaft Sulzbürg-Pyrbaum an Kurbayern fiel. 1777 folgten die Herzogtümer Neuburg und Sulzbach und 1791 die Pfleg- ämter Velden und Vohenstrauß. Anfang des 19. Jahrhun- derts kamen aufgrund des Friedens von Lunéville (1801), des Reichsdeputationshauptschlusses (1803) und des Friedens von Preßburg (1805) in sehr beträchtlichem Umfang fränkische und schwäbische Territorien zum bayerischen Staat, der 1806 von Napoleons Gnaden zum Königreich erhoben worden war. Infolge dieser 1814 abge- schlossenen Entwicklung zählte Bayern bei einer Gesamt- bevölkerung von 3.160.000 Einwohnern circa 2.355.000 Katho liken und 752.000 Evangelische. Mit dem Protestantenedikt als Beilage zur Verfassung des Königreiches vom 26. Mai 1818 kam die Behördenorgani- sation der „Protestantischen Gesamtgemeinde“, wie die bayerische Landeskirche damals zunächst bezeichnet wurde, bis 1918 zu einem vorläufigen Abschluss. Der in Oberkonsistorium umbenannten zentralen Kirchenleitungs- behörde in München, dem die Konsistorien in Ansbach und Bayreuth sowie bis 1848 auch das Konsistorium Speyer für den Bereich des linksrheinischen Bayern (Rheinpfalz) unterstellt waren, gehörten unter dem Vorsitz eines Präsidenten insgesamt fünf Oberkonsistorialräte an (zunächst vier, dann – nach Ausgliederung des Konsisto- rialbezirkes Speyer - drei geistliche und ein weltlicher). Obwohl als eigene und selbständige Behörde konzipiert, blieb das Oberkonsistorium nach wie vor dem Innenminis- terium, ab 1848 dem Kultusministerium untergeordnet, von dem es gemäß § 18 des Protestantenediktes „Aufträge und Befehle“ empfing.1 Die Eingliederung der neuen Gebietsteile brachte es mit sich, dass rund 90 (!) bis dahin selbständige Gebiets- und Landeskirchen im Königreich Bayern in einer Landeskirche unter dem landesherrlichen Kirchenregiment des katho li- schen Königs zusammenzuführen waren. Zu diesem Zweck wurde beim Ministerium des Inneren das Generalkonsis- torium als oberste Kirchenleitungsbehörde geschaffen, wodurch der katholische König in der Zeit des landesherr- lichen Kirchenregiments die ihm als oberstem Bischof seiner evangelischen Untertanen (summus episcopus)- obliegenden Rechte und Pflichten wahrnahm. Im Organi- satorischen Edikt vom 8. September 1808 (Abschnitt VI § 8) wurde der Erlass von Regelungen angekündigt, die den „Geschäftskreis des Generalkonsistoriums und dessen übrige Verhältnisse näher festsetzen“ sollten. Diese ergin- gen in der Konsistorialordnung vom 8. September 1809. Über die Tätigkeit des Oberkonsistoriums schreibt sein letzter, 1917 von König Ludwig III. ernannter Präsident, der spätere Kirchenpräsident D. Friedrich Veit (1861–1948): „Das Königlich Bayerische Oberkonsistorium war nach Organisation wie Amtsführung eine fest gefügte feier- liche Behörde, die bei offiziellen Gelegenheiten in der an die Rokokozeit erinnernden Tracht, Schnallenschuhen und dem über dem Amtsrock getragenen, über den Rücken herabfallenden schwarzseidenen Mantel auch nach außen hin ihren charakteristischen Ausdruck gewann. Es bestand aus dem Präsidenten,3 geistlichen Räten und einem weltlichen. Dem Letzteren fielen alle Angelegenhei- ten rechtlicher und finanzieller Art zu; unter die geistli- chen Räte waren die Arbeiten so verteilt, dass dem ersten das Konsistorium Ansbach und das gesamte Kandidaten- wesen mit Prüfungen, Fortbildung und Prediger seminar, Zwischen 1818 und 1917 standen dem Oberkonsistorium diese Präsidenten vor. Carl August von Seckendorff, Jurist (1818–1828) Friedrich von Roth Jurist (1828–1848) Friedrich Christian Arnold Jurist (1848–1852) Adolf von Harless Theologe (1852–1879) 60

Der Landeskirchenrat übernahm im Wesentlichen die Funktionen des vormaligen Oberkonsistoriums. Definiert als „oberste Behörde für die Verwaltung der Landeskirche“ (Art. 49 Abs. 1 KVerf.), gehörten ihm der Kirchenpräsi- dent, die Kreisdekane der damaligen drei Kirchenkreise Ansbach, Bayreuth, München3 sowie zunächst jeweils drei weitere geistliche [„G 1, „G 2“, „G 3“] und weltliche [„W 1“, „W 2“, „W 3“] Mitglieder an. Der Landeskirchenrat gliederte sich in eine geistliche und in eine weltliche Abteilung. Die Weltliche Abteilung wurde von dem juristischen Vizepräsidenten, der in nicht „ober- hirtlichen“ Tätigkeiten der Vertreter des Kirchenpräsiden- ten war,4 die Geistliche Abteilung von dem dienstältesten Mitglied des Landeskirchenrates geleitet. Der Kirchen- präsident und die beiden Abteilungsvorstände bildeten das Präsidium des Landeskirchenrates. Bis zum 31. März 1930 bestand in Ansbach eine Zweig- stelle des Landeskirchenrates, deren Zuständigkeit sich im Wesentlichen auf Finanzangelegenheiten erstreckte. An ihre Stelle trat mit Wirkung vom 1. April 1930 die Landeskirchenstelle als dem Landeskirchenrat nachgeord- nete landeskirchliche Behörde.5 Die weitere Entwicklung In den Jahren 1920 bis 1971 bezeichnete der Begriff „Landeskirchenrat“ nicht nur – wie heute – das kirchen- leitende Kollegialorgan, dem der Landesbischof und die Oberkirchenräte und Oberkirchenrätinnen in den Kirchen- kreisen und im „Innendienst“ angehören, sondern auch die oberste Dienst- und Verwaltungsbehörde der Evang.- Luth. Kirche in Bayern sowie das Gebäude, in dem jene untergebracht sind. Die Bezeichnung „Landeskirchenamt“ für die oberste Dienst- und Verwaltungsbehörde und das Dienstgebäude gibt es hingegen erst seit Inkrafttreten der Kirchenverfassung vom 10. September 1971 am 1. Januar 1972. Durch diese Benennung sollte die oberste Dienst- und Verwaltungsbehörde erkennbar von dem kirchen leitenden Kollegialorgan unterschieden werden. Kirchenleitung nach der Kirchenverfassung vom 16. September 1920 Nach der von der Landessynode am 16. September 1920 einstimmig verabschiedeten „Verfassung der evangelisch- lutherischen Kirche in Bayern rechts des Rheins“ oblag die Kirchenleitung – wie auch heute - vier einander gleich- gestellten Organen, nämlich - Landessynode, - Landessynodalausschuss, - Kirchenpräsident und - Landeskirchenrat. Während Landessynode und Landessynodalausschuss, die seit 1821 bzw. 1873 bestanden hatten, aus der General- synode und aus dem Generalsynodalausschuss, freilich mit jetzt viel weitergehenden Kompetenzen, hervorgingen, war das Amt des Kirchenpräsidenten eine Neuschöpfung der Kirchenverfassung von 1920. Es entsprach dem dringenden Wunsch der verfassungsgebenden Synode, dass die Leitung der Landeskirche nicht nur durch Gremien und Behörden, sondern vielmehr auch persönlich, „bischöflich“ in Erscheinung treten sollte. Auch wenn die Bezeichnung „Landesbischof“ damals mehrheitlich abge- lehnt wurde, vor allem um eine Verwechslung mit dem monarchisch strukturierten Bischofsamt der römisch- katholischen Kirche zu vermeiden, war das Amt des Kirchenpräsidenten inhaltlich mit dem heutigen Amt des Landes bischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern weitgehend identisch. Der Kirchenpräsident hatte – anders als noch der Präsident des Oberkonsistoriums – verfassungsrechtlich zwingend Geistlicher zu sein. Sein Amt umfasste bischöfliche Aufgaben wie geistliche Aufsicht, Ordination und Visitation sowie den Vorsitz im Landeskirchenrat und die Außenvertretung der Landes kirche. Entsprechend der ebenfalls neuen Einteilung des Gebiets der Landeskirche in zunächst drei Kirchenkreise als landeskirchliche Visitations- und Verwaltungsbezirke, die anders als die Landeskirche, die Dekanatsbezirke und die (Gesamt-) Kirchengemeinden keine eigene Rechtspersön- lichkeit im Sinne von Körperschaften des öffentlichen Rechts besitzen, wurde der Kirchenpräsident in seiner „oberhirtlichen Tätigkeit“ von den Kreisdekanen der Kirchen- kreise Ansbach, Bayreuth und München unterstützt. Ebenso wie der Kirchenpräsident nahmen auch die Kreis- dekane wie die heutigen Oberkirchenräte und Oberkir- chenrätinnen in den Kirchenkreisen, die seit 2000 jeweils in ihrem Kirchenkreis die Amtsbezeichnung „Regional- bischof“ bzw. „Regionalbischöfin“ führen, bereits bischöf- liche Aufgaben wahr. 62 | Vom Oberkonsistorium zum Landeskirchenamt

Evangelische Kirchenleitung am Königsplatz Neubau in prominenter Lage Das Protestantische Oberkonsistorium hatte seit dem 21. November 1887 seinen Standort in der Elisenstraße 2 am Alten Botanischen Garten.1 Das heute nicht mehr vor- handene, von dem Landschaftsmaler Karl Baum gebaute Anwesen war 1886 von der Staatsregierung erworben und dem Oberkonsistorium als Dienstgebäude zur Verfü- gung gestellt worden. Da sich dieses Gebäude seit etwa 1900 als zu klein erwies, gab es bereits vor 1914 Neubaupläne, die indes der Aus- bruch des 1. Weltkrieges nicht mehr zur Ausführung kom- men ließ. Nach dem Kriege verschärfte sich die Raumnot insofern, als mit der Verselbständigung der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Bayern nach dem Ende der Monar- chie und mit dem Inkrafttreten der Kirchenverfassung am 16. September 1920 die bisherigen Konsistorien Ansbach und Bayreuth aufgehoben wurden und deren Aufgaben, soweit sie nicht bei der Außenstelle des Landeskirchen- rates in Ansbach bzw. der 1930 gebildeten Landeskirchen- stelle verblieben, auf die „Zentrale“ in München über gingen. Zuerst wurde aus Sparsamkeitsgründen und mit Rück- sicht auf die günstige Lage des bisherigen staatlichen Gebäudes erwogen, es bedürfnisgemäß durch einen entsprechenden Ausbau in dem nach Süden gelegenen kleinen Hof und durch Errichtung eines weiteren Stock- werks zu erweitern; diese Überlegungen erwiesen sich jedoch als unzulänglich. So bewilligte die Landessynode 1927 die Mittel für die Schaffung eines neuen Dienstgebäudes für die Kirchen- leitung und ermächtigte den Landessynodalausschuss und den Landeskirchenrat, die hierfür erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten.2 Anfang März 1928 wurde der Landeskirche von der Erbengemeinschaft des verstorbenen Reichsrats Hugo von Maffei 3 das Anwesen an der damaligen Arcisstraße Nr. 13 angeboten, das wegen seiner günstigen Lage in der Nähe des Hauptbahnhofs und in der Mitte der Stadt von besonderem Interesse war. Nach eingehender Prüfung aller einschlägigen Fragen, vor allem auch, ob der Staat als Eigentümer der benachbarten Grundstücke am Königs- platze nicht selbst an einem Kauf interessiert, vielmehr seine Zustimmung zu der beabsichtigten Bebauung auszusprechen bereit war, wurde bereits Ende März der Kaufvertrag vollzogen. Erworben wurde konkret das rechteckige an der Arcis- straße gelegene, nach Norden an die Baumanlagen des Königsplatzes anstoßende Anwesen Pl.-Nr. 5723 und 5724 zu 0,086 x 0,189 ha, an dessen Südseite das große Palais des Reichsrates von Maffei (Arcisstraße 11) grenzte und das im Westen abgeschlossen wird von der Benedik- tinerabtei St. Bonifaz. Auf der gegenüber liegenden Stra- ßenseite – auf Höhe des südlichen Endes des heutigen Gebäudes des Zentralinstituts für Kunstgeschichte an der Katharina-von-Bora-Straße 10, damals Arcisstraße 12 – bewohnten die Schwiegereltern von Thomas Mann, 64 Dienstgebäude des Oberkonsistoriums in der Elisenstraße Palais Pringsheim

Grundsteinlegung des kirchlichen Amtsgebäudes am 24. Oktober 1924: Kirchenpräsident D. Veit vollzieht die Hammerschläge Grundsteinlegung und Einweihung Infolge der öffentlichen Diskussion um die Konzeption des Neubaus konnte damit erst im September 1928 begonnen werden. Aber schon am 24. Oktober 1928 konnte durch Kirchenpräsident D. Veit in Anwesenheit des Landeskirchenrates, des Landessynodalausschusses und zahlreicher geladener Gäste der Grundstein gelegt werden. Die dabei eingebrachte und von Vizepräsident D. Gebhard verlesene Bauurkunde hatte folgenden Wortlaut: Urkunde „Im Namen des Dreieinigen Gottes zur Grundsteinlegung für das neue Verwaltungsgebäude des Evang.-Luther. Landeskirchenrates feierlich versammelt, legen wir diese Urkunde in das Fundament des Hauses nieder: Hundert Jahre von 1919, dem Entstehungsjahre unserer Landeskirche an, hat der Bayrische Staat dem königlich- bayrischen Oberkonsistorium, der obersten Verwaltungs- behörde unserer Kirche, in staatseigenen Gebäuden Raum und Obdach gewährt. Zuletzt hatte es in der Elisenstraße Nr. 2 seine Stätte. Auch als durch die Staatsumwälzung des Jahres 1918 an Stelle des Oberkonsistoriums der Evang.-Luth. Landeskirchenrat getreten war, wurde das bisherige Verwaltungsgebäude vorerst beibehalten. Weil aber die Kirche jetzt ihre Selbstverwaltung immer weiter ausbaute, die Konsistorien Ansbach und Bayreuth aufhob und ihre ganze Verwaltung in München zentrali- sierte, machte sich immer dringender das Bedürfnis nach neuen, größeren Räumen geltend. Die Landessynode 1927 beschloß deshalb die Errichtung eines eigenen Dienst- gebäudes. Von der von Maffei´schen Erbengemeinschaft wurde am 30. März 1928 das an den Königsplatz angren- zende Anwesen Arcisstraße 13 erworben. Das Referat im Evang.-Luth. Landeskirchenrat über den Bau liegt in den Händen des Vizepräsidenten Dr. theol. Karl Gebhard. Die Ausführung erhielt das Baugeschäft Karl Stöhr in München, die künstlerische Bauleitung Architekt Professor Oswald Bieber übertragen. Am 11. August bzw. 1. Septem- ber 1928 wurde die Baugenehmigung durch die zuständi- gen Behörden erteilt, am 8. September 1928 mit den Bauarbeiten begonnen. Außer den Diensträumen des Landeskirchenrates ist in dem Neubau Raum für die Wohnung des Kirchenpräsidenten und das Münchner Predigerseminar vorgesehen. In unmittelbarer Nähe erhabener Baudenkmäler erste- hend, vermag sich das neue Haus bei aller Einfachheit doch würdig seiner Umgebung anzupassen, örtlicher Mittelpunkt der Kirche und zur Erfüllung ihrer zeitlichen Aufgaben bestimmt, soll es doch ewigen Zielen dienen. Am dem Tage, an dem wir den Grundstein dieses Hauses legen, steht an der Spitze des deutschen Reiches als Reichspräsident Generalfeldmarschall Paul von Hinden- burg. Ministerpräsident des bayrischen Staates ist Gehei- mer Hofrat Dr. Heinrich Held, Oberbürgermeister von München Karl Scharnagl. Präsident der Evang.-Luth. Kirche r. d. Rh. ist Dr. theol. Friedrich Veit, Präsident der Landessynode Geheimer Regierungsrat Professor der Theologie an der Universität in Erlangen, Dr. theol. Philipp Bachmann; Vorsitzender des Landessynodalausschusses Landgerichtspräsident a. D. Geheimer Rat Dr. h. c. Eugen Rohmer in Traunstein. „Wenn Gott zerbricht, so hilft kein Bauen.“ (Hiob 12., 14.) Weil wir das wissen, so bitten wir Gott: Laß Dir wohlgefallen das Werk unserer Hände. Wie wir den Anfang des Baues gemacht haben in Deinem Namen, so gib ihm, der du Anfang und Ende aller Dinge bist, nun auch Fortgang und Gedeihen! Über dem vollendeten Werk aber wollen wir rühmen: Dein ist beiden, Weisheit und Stärke, Rat und Tat. Gelobt sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit“ München, den 24. Oktober 1928 Evang.-Luth. Landeskirchenrat. D. theol. Friedrich Veit.“ 66 | Evangelische Kirchenleitung am Königsplatz

Rede von Kirchenpräsident D. Veit bei der Einweihung des kirchlichen Amtsgebäudes am 18. Dezember 1929 68 | Evangelische Kirchenleitung am Königsplatz

Das neue Dienstgebäude definierte er als den „Rahmen“ für dieses „neue Wesen und Werk“, „der ihm die Arbeits- möglichkeit bieten und der Stellung der Kirche als einer selbständigen Größe angemessen sein soll“: „In schlichter Zurückhaltung, unaufdringlich und anspruchslos, einfach und ernst, wie es unsere Kirche liebt, und doch edel und würdig, wie es der Arbeit entspricht, die darin geleistet werden soll, ist der Bau geplant und ausgeführt worden. Edle Einfachheit sollte der Geist sein, der in Verzicht und Gestaltung das Ganze wie das Einzelne beherrscht.“ Nachdem der Kirchpräsident allen denen Dank ausge- sprochen hatte, die sich um den Bau bemüht haben, würdigte er die Bedeutung des neuen Hauses als Arbeits- stätte für die Verkündigung des Evangeliums: Zumal in einer „Diesseitskultur, die allein diese Welt gelten lässt und mit ihr allein das Dasein des Menschen auszufüllen glaubt“, „ist das Evangelium nicht veraltet noch überflüssig geworden und die Arbeit der Kirche mehr als notwendig.“ Dazu führte Veit weiter aus: „Wohl geschieht dieser Dienst mit dem Evangelium nicht unmittelbar von hier aus. Wichtiger als dieses Haus sind unsere Kirchen mit ihren Kanzeln und Altären. Aber hier wollen wir als schlichte Diener dafür sorgen, daß Wort und Sakrament den Gemeinden im geordneten Dienst zukommt, und als treue Wächter über dem walten, was zum Wohl der Gemeinden dient.“ Denen, die in Frage stellen, dass „feste Formen, geprägte Ordnungen, Ämter und Gesetze für die Kirche nötig“ sind, und darin vielmehr den „Tod der Geistigkeit“ sehen, „in der kirchliches Leben allein gedeihen kann“, hielt der Kirchenpräsident entgegen: „Wir wollen nicht verkennen, daß darin eine große Gefahr liegt und wir müssen sie sehen um sie zu vermeiden. Gewiß, man kann auch in der Kirche regieren, wie eine Polizei regiert. Man kann Kleines und Kleinstes ordnen; das klappert, wie unsere Schreibmaschinen klappern, und alles ist anscheinend in bester Ordnung. Aber das ist das Ende, wenn das alles ist. Der Geist ist´s, der lebendig macht. Kirche ist Gemeinschaft im Geist und am Evangelium. Der Geist ohne Form aber verflüchtigt sich und Gemein- schaft ohne Ordnung löst sich auf in Individualismus und Egoismus. Darum sind auch in der Kirche Recht und Ord- nung nötig, nur daß alles durchwaltet und geleitet ist vom Gehorsam gegen das Wort, in dem der Geist Gottes zu uns redet, und der Gemeinde dient, die aus dem Wort sich erbaut.“ Im Bewusstsein der Grenzen menschlichen Planens und Gestaltens und der Kontinuität früherer Generationen beschloss Veit unter Bezugnahme auf Psalm 127,1 seine Ansprache: „Wir bilden uns nicht ein, daß wir die Kirche bauen; Gott hat sie gebaut, die Väter haben sie treu bewahrt und wir wissen, was wir ihnen verdanken, und wollen ihrer wert bleiben. Doch freuen wir uns jedes Schrittes vorwärts, den wir tun dürfen. Nicht über sie hinauswachsen wollen wir, aber was sie gewollt und erstrebt haben, immer tiefer verstehen lernen und immer treuer nützen, vielleicht in anderen Formen, aber im gleichen Geiste. Gott gebe, daß wir nicht unter das Gericht des Wortes fallen: wo der Herr nicht das Haus bauet, arbeiten umsonst, die dran bauen. Vielmehr bitten wir den treuen Heiland, der in dieser Adventszeit uns besonders mit seinem Kommen nahe ist, daß er sein Wort auch an uns wahr mache: Ich muß heute in deinem Hause einkehren.“ Und nach einem Dankgebet und dem Vaterunser ergriff der Kirchenpräsident im Namen der Landeskirche feierlich Besitz von dem Gebäude mit den Worten: „Und nun übergebe ich dieses Haus zur Ehre Gottes und zum Dienst seiner Gemeinde auf Erden im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Amen. Der Herr unser Gott sei mit uns, wie er gewesen ist mit unsern Vätern!“ 14 Das ehemalige Maffei‘sche Palais an der Arcisstraße 11 1928 erwarb die Landeskirche von der Erbengemeinschaft des Reichsrats Hugo von Maffei auch das Anwesen Arcis- straße 11, das sich dieser 1892 nach Plänen des Architek- ten Albert Schmidt (1841–1913) hatte erbauen lassen. Albert Schmidt war in München u. a. auch der Architekt der 1883 bis 1887 errichteten und 1938 – ebenso wie die St. Matthäuskirche aus angeblichen „verkehrstechnischen Gründen“ – abgerissenen Hauptsynagoge beim Künstler- haus sowie der 1896 eingeweihten St. Lukaskirche im Lehel. Bestimmend für den Erwerb durch den Landeskirchenrat war einmal der Wunsch, das Dienstgebäude vor Beein- trächtigungen durch einen fremden Angrenzer zu schützen, und damit den Neubau und sein Grundstück wertvoller zu gestalten. Dazu trat die Erwägung einer in der Zukunft sich günstig auswirkenden Kapitalanlage, ganz abgesehen davon, dass die Gebäude in späterer Zeit für kirchliche Zwecke in dieser Lage gut geeignet erschienen, zumal in dem neu erbauten Dienstgebäude aufgrund des gegen- über der ursprünglichen Planung reduzierten Raumpro- gramms keine Erweiterung mehr möglich war. 70 | Evangelische Kirchenleitung am Königsplatz

Klaus Bäumler zum Mietprozess der NSDAP 20: „Es ist zunächst verblüffend, daß noch 1936 ein Mieter den Mut aufbringt, sich von der NSDAP vor dem Amts- gericht verklagen zu lassen. Ob dies ein Einzelfall ist, müßte durch eine Untersuchung über Aktiv- bzw. Passiv- prozesse der NSDAP geklärt werden. Die Anwälte des beklagten Dr. Gronemann, der selbst Jurist und auch Parteimitglied war, formulierten ange- sichts dieser heiklen Situation bewußt vorsichtig. Aus dem Briefkopf geht hervor, daß sie selbst dem NS-Rechts- wahrerbund angehörten. Die einleitende „geschraubte“ Wendung im Schriftsatz vom 26. November 1936 an das Amtsgericht München spricht für sich: „Ich schicke vor- aus: Wenn im Nachstehenden von der Klägerin die Rede ist, so richten sich evtl. Angriffe nicht gegen diese, sondern allein gegen deren Rechtsvorgängerin und hier wiederum gegen deren Beamten Herrn Oberamtmann Pflügel. Die NSDAP ist allein angewiesen auf die Angaben ihrer Rechtsvorgängerin, der Evangelischen Landeskirche und diese wiederum allein auf die Angaben ihres Beam- ten Pflügel. Wenn ich daher zu behaupten gezwungen bin, die Klägerin trage bewußt Unrichtiges vor, so richtet sich dieser Vorwurf nur gegen den Oberamtmann Pflügel.“ Dr. Gronemann hatte bislang im Haus Schwanthaler- straße 95 eine 8-Zimmerwohnung gemietet, die er durch Zwangsräumung wegen Eigenbedarf des Reichs zum 1. Januar 1936 aufgeben mußte. Noch im Januar 1936 hatte er mit der evangelischen Landeskirche einen Mietvertrag über die Wohnung in der Arcisstraße 11 abgeschlossen. Es klingt glaubwürdig, daß er durch seine Erfahrungen gewitzt, sich zuvor eingehend auch „im Haus des Stellvertreter des Führers“ erkundigte, ob ein Erwerb dieses Anwe sens durch die NSDAP geplant sei. Als Zeugen, daß dies verneint worden sei, bot er den „Parteigenossen Heinisch im Stabe des Stellvertreters des Führers, Brienner Straße“ an. Erst nach diesen Recherchen sei im Miet vertrag der ausdrückliche Kündi- gungsverzicht festgelegt worden, um eine vierjährige Mietzeit zu garantieren. Nur unter dieser Voraussetzung habe er die Wohnung angemietet. Im April 1936 hatte Dr. Gronemann die Wohnung bezogen. Wann die NSDAP als neuer Eigentümer bereits die Räumung verlangte, geht aus unseren Unterlagen nicht hervor. Jedenfalls berief sich der Mieter, obwohl er selbst Parteigenosse war, auf den überlieferten Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“. Offenbar war in diesem Zusammenhang von einer „einmaligen Abfindung von RM 15.000“ gesprochen worden, wenn Gronemann auf sein Mietrecht verzichten würde. Um diesen Betrag sollte der an die Landeskirche zu entrichtende Kaufpreis gemindert werden. Deshalb mußte sich Gronemann den Vorwurf gefallen lassen, er hoffe durch den Erwerb des Anwesens Arcisstraße 11 durch die NSDAP ein Geschäft machen zu können. Lageplan von 1951 Bedingungen nicht zu halten gewesen wäre, wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die NSDAP mit der einzigen Ausnahme dieses Anwesens bereits sämt liche Grundstücke in dem Abschnitt der Arcisstraße zwischen der Karlstraße und der Briennerstraße in Besitz genommen hatte.18 So ist insbesondere für die 2001 von der Evange- lisch-Lutherischen Kirche in Bayern erworbenen Grund- stücke an der heutigen Katharina-von-Bora-Straße 5 mit 9, welche zuletzt von der Oberfinanzdirektion München genutzt worden waren, festzuhalten: – Das Gebäude Nr. 5 und das im 2. Weltkrieg bei einem Bombenangriff zerstörte und nicht wiederaufgebaute Gebäude Nr. 7, die von der NSDAP 1937 erworben worden waren, beherbergten das Amt für Versicherungswesen des Reichsschatzmeisters. – In dem 1825 von dem Baumeister Joseph Höchl (1777– 1838) gebauten klassizistischen dreigeschossigen Villen- bau Nr. 9, der zuletzt im Eigentum der Münchner Offiziers- familie Max Schlagintweit19 stand und ebenfalls 37 von der NSDAP erworben wurde, richtete diese die „Reichs- zentrale für die Durchführung des Vierjahresplans bei der NSDAP“ ein. Im Anwesen Nr. 11 selbst brachte die NSDAP die Kanzlei des „Stellvertreters des Führers“ Rudolf Heß (1894–1987) unter. Dass dies für die NSDAP nicht ganz reibungslos von statten ging, wird deutlich an dem in der Stadtteilzeitung „Der Maxvorstädter“ vom 27. Januar 1996 geschilderten Vorgang. Darin macht der damalige Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt, Klaus Bäumler, auf- merksam auf einen Mietprozess der NSDAP vor dem Amts- gericht München gegen einen Mieter der Arcisstraße 11. 72 | Evangelische Kirchenleitung am Königsplatz

Unzeitgemäße Mahner vor und während der nationalsozialistischen Herrschaft: Friedrich Veit, Wilhelm von Pechmann und Friedrich von Praun Kirchenpräsident D. Friedrich Veit (1861–1948) Der Kirchenhistoriker Wolfgang Sommer hat Leben und Wirken des ersten und einzigen Kirchenpräsidenten der Landeskirche, D. Friedrich Veit (1861–1948), der zwischen 1921 und 1933 amtierte, in umfassender Weise gewürdigt.4 Darauf kann hier verwiesen werden. An dieser Stelle kann nur erinnert werden, dass sich Veit bereits in seiner Zeit als Präsident des Prot. Oberkonsistoriums (ab 1917) als bischöflicher Brückenbauer in den damals heftig geführten theologischen Auseinandersetzungen zwischen den „Liberalen“ um die Nürnberger Hauptprediger Christian Geyer und Friedrich Rittelmeyer und den „positiven“ Lutheranern bewährt hatte. Wie bereits erwähnt5, hat Veit maßgeblich die Gestaltung der Kirchenverfassung von 1920 und des im Wesentlichen noch heute geltenden, mit dem Freistaat Bayern geschlossenen Staatskirchen- vertrags vom 15. November 1924 geprägt. Friedrich Veit setzte sich als Mitherausgeber der „Neuen kirchlichen Zeitschrift“ bereits im Neujahrsartikel von 1924 ausführlich mit den Auffassungen der „Völkischen“ auseinander: „Die ausschließliche Betonung der Rasse bedeutet eine Veräußerlichung und Vergröberung der Auffassung des Volkstums, schaltet aus der Geschichte der Menschheit das spezifisch Menschliche aus und drückt sich auf die Stufe des Tierreiches herab. Kein Wunder, dass sie damit auch leicht eine Verrohung des Urteils und des Verhaltens verbindet, wie sie in dem überheblichen Anspruch auf ein Edelrassentum und dem lediglich auf fremde Stammes- angehörigkeit sich gründenden Rassenhaß zutage tritt. Die hässlichen Formen eines alles Maß übersteigenden Antisemitismus, der manchen Kreisen als spezifisches Merkmal des völkischen Mannes gilt, sind dafür ein wider- liches Beispiel, umso widerlicher, wenn sie als christlich sich auszugeben versuchen.“6 Nur wenige Wochen vor Beginn der nationalsozialisti- schen Herrschaft schreibt der bayerische Kirchenpräsident in seiner Neujahrsbetrachtung für 1933 Sätze, die an Deutlichkeit in seiner Einschätzung der Zeitereignisse kaum überboten werden können: „Nichts wäre unserem Volke, das in der Überspannung aller Unterschiede und in der pharisäischen Überschätzung der eigenen jeweiligen Anschauung das Heil sucht und dem Untergang entgegengeht, nötiger als diese innere Erneue- rung, die unter Gottes Gericht sich beugt, …“7 Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von 1933 bis 1945 ist die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern anders als die überwiegende Mehrzahl der anderen deutschen Landeskirchen insofern „intakt“ geblieben, als sie sich erfolgreich der Irrlehre der „Glau- bensbewegung“ der Deutschen Christen und den Gleich- schaltungsversuchen der nationalsozialistischen Führung widersetzte.1 Wie nicht zuletzt auch die auf Initiative von Landesbischof D. Hans Meiser im Januar 1939 in München und Nürnberg eingerichteten und von den Pfarrern Johannes Zwanzger (1905–1999) und Hans-Werner Jordan (1908–1976) geleiteten Hilfsstellen des „Büro Pfarrer Grüber“ für Christen nichtarischer Herkunft deutlich machen2, ist die bayerische Landeskirche zumindest ansatzweise in ihrer Verkündigung und ihrem Handeln, über die Bewahrung der eigenen kirchlichen Identität und Institution hinausgehend, auch zur Anwältin mensch- licher Freiheit und Würde geworden. Damit hat sie, wie Carsten Nicolaisen dargelegt hat, „den nationalsozialisti- schen Herrschaftsanspruch durchaus wirksam begrenzt.“ Andererseits sind auch für die bayerische Landeskirche eine zumindest anfängliche große Aufgeschlossenheit gegenüber vielen der politischen Ideen und Ziele des Natio- nalsozialismus und ein oftmals weitreichender Anpas- sungskurs ihrer Kirchenleitung festzustellen, welche zur Machterlangung und Stabilisierung der nationalsozialis- tischen Herrschaft beigetragen haben.3 Nur wenige Repräsentanten von Landeskirchenrat und Landessynode haben frühzeitig die Gefahren der nationalsozialistischen Bewegung erkannt, in aller Deut- lichkeit davor gewarnt und auf die Unvereinbarkeit ihrer Anschauungen mit der kirchlichen Lehre hingewiesen. Dazu gehören vor allem Kirchenpräsident D. Friedrich Veit, Synodalpräsident Wilhelm von Pechmann und der juristische Mitarbeiter des Landeskirchenrates und spätere Direktor der Landeskirchenstelle Friedrich von Praun (1888–1944). 74

Mein Amtszimmer habe ich von da an nicht mehr betreten, mich jedes Versuches in den weiteren Gang der Dinge einzu- greifen enthalten und zu allem, was seitdem in der Kirche geschehen und nicht geschehen ist, geschwiegen. Nur ein- mal noch trat ich vor die Öffentlichkeit, als ich im Juni auf Ansuchen der Kirche meinen Nachfolger, Oberkirchenrat Meiser, als ersten ‘Landesbischof’, in der St. Lorenzkirche in Nürnberg in sein Amt einsetzte. Als ich vor dem Altare mein Amtskreuz von der Schulter nahm und es ihm umlegte, konnte ich es ohne Bitterkeit tun in Anwendung des Herren- wortes in der Umkehrung: Wem Gott den Pflug aus der Hand nimmt und er sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reiche Gottes … Im Landeskirchenamt erinnert in der Vorhalle zu den Räumlichkeiten des Landesbischofs ein von seinem Bruder Hans Veit gemaltes Porträt an D. Friedrich Veit, der die letzten Jahre seines Lebens in Bayrischzell verbracht hat und dort beerdigt ist. Aus Anlass der 150. Wiederkehr seines Geburtstages am 18. Mai 2011 ist des ersten und einzigen Kirchenpräsiden- ten der Evang.-Luth. Kirche in Bayern im Rahmen einer Festveranstaltung im Landeskirchenamt, eines Gottes- dienstes in seiner Geburtsstadt Augsburg und einer Andacht mit Kranzniederlegung am Grab in Bayrischzell sowie der Jahrestagung des Vereins für bayerische Kirchengeschichte in Pullach in umfassender Weise gedacht worden.14 Jedes Jahr, wenn der 11. April wiederkehrt, ist er mir ein Tag stiller Trauer, aber auch williger Beugung unter Gottes treue Hand. So schied ich aus dem Amte.“ 10 Synodalpräsident Wilhelm von Pechmann (1859–1948) Da man nach dem Rücktritt Veits im Landeskirchenrat überein kam, „daß von Seiten der Kirche nunmehr alles geschehen müsse, damit man sagen könne, daß sich die Kirche auf die neuen Verhältnisse umgestellt hat, ordnete der Landeskirchenrat bereits am 12. April 1933 ein wür- diges Gedenken zu Hitlers Geburtstag an: „In dankbarem Gedenken an die große Tat, die Adolf Hitler mit der Sammlung aller nationalen Kräfte vollbracht hat, … besteht Anlaß und Bedürfnis, daß auch die kirchliche Anteil- nahme an diesem Tag zum Ausdruck kommt … Wir ordnen deshalb … an, daß in allen Gemeinden die warmen Wünsche, die unsere Kirche für den Herrn Reichskanzler und seine hohe Mission hegt, in fürbittendem Gebet vor Gott gebracht werden … Ferner ordnen wir an, daß am 20. April … auf den kirchlichen Gebäuden allgemein die Kirchenflagge gehisst wird.“ 11 Zum Rücktritt Veits wird in einer Kundgebung an die Pfarrer in merkwürdiger Umkehrung der letzten Ereignisse erklärt: „In schwerer Zeit muß der Landeskirchenrat seines Führers entbehren.“ 12 In seinem Ruhestand enthielt sich Friedrich Veit öffent- licher Kritik, machte er aber auch keinen Hehl daraus, dass er den Weg seiner Kirche in der „neuen Zeit“ für den falschen hielt. Ein Stück Resignation schwingt indes mit, wenn er am 8. Januar 1934 in einem Brief schreibt: „Ich habe … mehr als je den Eindruck, dass für unsereinen die Zeit des Schweigens ist; es lebt außerhalb und in der Kirche ein anders denkendes Geschlecht … Aber wir leben in der Zeit der Propaganda und der Uniformen und es ist kein schlechter Witz, daß das neueste Kommando lautet: ’Antreten zum Meinung-fassen‘.“ 13 Der am 10. Juni 1859 in Memmingen, seit seiner Schulzeit in Augsburg mit Friedrich Veit befreundete Wilhelm Freiherr von Pechmann, dessen Biographie ebenfalls von Wolfgang Sommer in umfassender Weise erforscht und gewürdigt worden ist15, war eine im Kaiserreich und in der Weimarer Republik hoch geachtete Persönlichkeit mit vielen heraus- ragenden Ämtern in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Seit 1898 war der Jurist von Pechmann als erster Direktor in der Bayerischen Landesbank tätig. Die eigentliche Mitte im Leben und Wirken Wilhelm von Pechmanns war indes seine Arbeit in der Kirche.16 Als junger Rechtspraktikant war er 1886 Gründungsmitglied des CVJM in München. 1901 wurde er als Mitglied in die Bayerische Generalsynode berufen; seit 1905 war er Mitglied des Kirchenvorstandes in München. 1910 und 1913 war von Pechmann Präsident der landes- kirchlichen Steuersynode. 1913 erhielt er den theologischen Ehrendoktor der Theologischen Fakultät von Erlangen. Von 1920 bis 1922 war er der erste gewählte Präsident der bayeri- schen Landessynode. Seit 1919 war er an der Vorbereitung und Leitung des Deutschen Evangelischen Kirchenbundes, der Vorgängerinstitution der EKD, beteiligt. Von 1924 bis 1930 war von Pechmann Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Von 1929 bis 1933 gehörte er dem Deutschen Evangelischen Kirchenausschuss, dem leitenden und voll- ziehenden Organ des Kirchenbundes an. Über Deutschland hinaus war von Pechmann seit 1923 als Mitglied und Schriftführer des ständigen Ausschusses des Lutherischen Weltbundes und seit 1925 als Mitglied des Fortsetzungs- ausschusses der Stockholmer Weltkirchenkonferenz tätig. Wolfgang Sommer schildert in seinem Aufsatz „Wider- stand gegen offenkundiges Unrecht“ eingehend, wie der bereits 74-jährige von Pechmann ab 1933 unermüdlich engagiert zu den kirchenpolitischen Umbrüchen Stellung bezog und seine Stimme für die Stummen erhob17: 76 | Unzeitgemäße Mahner vor und während der nationalsozialistischen Herrschaft

Im Eingangsbereich des Landeskirchen- amtes erinnert eine Gedenkplatte an Wilhelm Freiherr von Pechmann. unterschied sich Pechmann grundsätzlich von Meiser, dem es schon während der 1930er Jahre wesentlich darum ging, die Voraussetzungen für eine deutsche lutherische Kirche zu schaffen. Nach dem Judenpogrom vom 8./9. November 1938 for- derte Pechmann die bayerische Kirchenleitung leiden- schaftlich zu offiziellen Protesten auf. Am 15. November versuchte er, Meiser zum Protestieren zu bewegen: Die evangelische Kirche in Bayern müsse sich endlich gegen die Judenverfol gung wenden, „die für das deutsche Volk eine kaum wieder gut zu machende Niederlage ohneglei- chen bedeutet.“ Er verwies auf seinen Vorstoß vom April 1933 und fragte: „Täusche ich mich oder ist nicht wirklich heute die Stunde gekommen, in der uns vergönnt ist und in der wir berufen sind, mit segensreichen Folgen nachzuholen, was damals so schmählich versäumt worden ist?“ Würde sich die evangelische Kirche in Bayern „erstens gegen die Judenverfolgung wenden“ und sich „zweitens … auch der katho lischen Kirche zur Seite stellen“, so könne „noch immer reicher Segen aus diesen verworrenen Zeiten ent- stehen.“26 In zwei Briefen vom November 1941 an Meiser erhob der nunmehr 82 jährige Pechmann nochmals seine Stimme. Es war die Zeit, als die Deportationen der Juden aus dem Deutschen Reich in die Vernichtungslager angelaufen waren. Er kommentierte: „Hemmungslos und unge- hemmt wirkt sich eine Verfolgung aus, die immer neue Mittel erfindet, um wehrlose und schuldlose Christen jüdischer Abstammung ganz ebenso wie Juden dergestalt zu quälen, daß sich schon der gesunde Sinn unseres Vol- kes dagegen empört.“27 Pechmann führte seinen Kampf gegen die nationalsozia- listische Gewaltherrschaft vor allem deshalb mit solcher Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit, weil er sich hier in der Abwehr gegenüber einer apokalyptisch- anti christ- lichen Macht zu befinden glaubte. Weil der nationalsozi- alistische Staat als Hauptziel aller seiner Maßnahmen die völlige Entchristlichung des deutschen Volkes zu errei- chen versuchte, sei es Aufgabe der christlichen Kirchen, gemeinsam Widerstand zu leisten und alles Trennende in der Stunde der höchsten Gefahr beiseite zu lassen. Dabei sah Pechmann vor allem die katholische Kirche als Haupt- feind des Nationalsozialismus und war von ihrem Wider- stand in Form von Hirtenbriefen der Bischöfe zutiefst beeindruckt. Das schien ihm um vieles stärker und glaubwürdiger zu sein als der kompromissreiche Kurs der evangelischen Landeskirchen und die kirchliche Oppo- sition der lutherischen Bischöfe. Im Mai 1946 wurde Pechmann in die katholische Kirche aufgenommen. Er starb am 10. Februar 1948 in München.“ kam es Ende Januar 1934 zu einem, wie Pechmann for- mulierte, „inneren Aufruhr, der alles hinter sich zurück läßt, was ich in bald 75 Jahren in Krieg und Frieden, auch in allen Stürmen des öffentlichen Lebens, an Aufregun- gen erfahren habe.“23. Pechmann meinte damit den Emp- fang evangelischer Kirchenführer bei Hitler, bei dem sie schmählich einknickten, sich erneut unter den Reichs- bischof stellten und eine unbedingte Treueerklärung zum Hitler-Staat und seinem Führer abgaben. Am 30. Januar schrieb Pechmann an Meiser, dass angesichts der Loya- litätserklärung der Kirchenführer gegenüber Müller ihm auch der letzte Zweifel schwinde: „Wer sich aus ernsten Gründen außerstande sieht, sich so bedingungslos und vorbehaltlos, wie es im Namen der Deutschen Evange- lischen Landeskirchen in dieser Erklärung geschehen ist, zum heutigen Staate zu bekennen, für den bleibt in keiner dieser Landeskirchen mehr Raum.“24 Am 2. April 1934 erklärte Freiherr von Pechmann in einem offenen Brief an den Reichsbischof seinen Austritt aus der Deutschen Evangelischen Kirche. Meiser gegen- über nannte er diese Entscheidung „das schwerste von allen Opfern“, das er für seine Kirche gebracht habe.25 Als der Kampf des Staates gegen die Bekenntnisschule losbrach, war es Pechmanns leidenschaftlich verfolgtes Ziel, diesem planmäßigen Versuch zur Entchristlichung des Volkes einen von beiden Kirchen gemeinsam getra- genen Widerstand entgegenzusetzen. Dass eine solche Solidarität der Christen über trennende Schranken hin- weg nicht möglich war, erschütterte ihn tief. Die man- gelnde Einmütigkeit in der Abwehr der nationalsozialisti- schen Angriffe gegenüber den Kirchen hat Pechmann ganz besonders schmerzlich in der eigenen lutherischen Kirche erfahren müssen. Er war fest davon überzeugt, dass die deutschen Lutheraner angesichts der national- sozialistischen Herrschaft ganz anderes und ungleich dringenderes zu tun hätten als die Wiederaufnahme des Kampfes gegen die „Union“. Gerade in diesem Punkt 78 | Unzeitgemäße Mahner vor und während der nationalsozialistischen Herrschaft

„Frommer Volksaufstand“ im Zentrum der braunen Macht Nora Andrea Schulze Der historische Ort: Parteiviertel und Landeskirchenrat Der neu errichtete, hochmoderne Erweiterungsbau des Landeskirchenamtes befindet sich an einem historischen Ort. Dies gilt zunächst für das städtische Areal, in dem der Neubau entstanden ist. Das Gebiet rund um den Königs- und Karolinenplatz war während der Zeit der nationalsozi- alistischen Herrschaft von 1933 bis 1945 das Parteiviertel der NSDAP. Hier befanden sich die bedeutendsten Macht- und Schaltzentralen der Partei und ihrer Unterorganisati- onen. Wer in den späten 1930er Jahren in der Umgebung des damaligen Landeskirchenrats der Evangelisch-Lutheri- schen Kirche in Bayern, dem heutigen Landeskirchenamt, einen Spaziergang unternahm, kam an zahlreichen Häusern vorbei, in denen sich zentrale Parteieinrichtungen befanden. Es gab damals kaum noch ein Gebäude, in dem nicht eine bedeutende Parteistelle ihren Sitz hatte. In der weiteren Umgebung, in der Türkenstraße 23 und der Schellingstraße 39–41, befanden sich die Wohnung des berüchtigten Chefs des Sicherheitsdienstes Reinhard Heydrich sowie die Redaktion und die Druckerei des Völ- kischen Beobachters – also der Wohnsitz eines Mannes, von dem Angst, Schrecken und Tod ausgingen, und mit der Druckerei ein wichtiges Zentrum zur Verbreitung der NS-Propaganda. An der Ecke Türkenstraße/Brienner Straße war einer der furchtbarsten Orte in München, nämlich das frühere Wittelsbacher Palais. Dort hatte die Zentrale der bayerischen Gestapo ihren Sitz. An diesem Ort des Terrors fanden zahlreiche Verhöre und Folterungen statt, am bekanntesten geworden sind die Verhöre der Mitglieder der Weißen Rose. An und in der Umgebung des Karolinenplatzes lagen u. a. die Zentrale der NS-Frauenschaft, die Gauleitung der Deutschen Arbeitsfront sowie das oberste Parteigericht der NSDAP. In der Brienner Straße befand sich ehemalige päpstliche Nuntiatur, in der von 1917 bis 1925 Eugenio Pacelli als apostolischer Nuntius residiert hatte, der 1939 als Pius XII. zum Papst gewählt wurde. Nach dem 1934 erfolgten Verkauf des Gebäudes an die NSDAP hatte dort ab 1936 der Stab von Rudolf Heß und ab 1941 die Partei- kanzlei der NSDAP unter Martin Bormann ihren Sitz. In der parallel gelegenen Karlstraße befanden sich außer- dem die Reichspressestelle der NSDAP, die Reichsführung des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes, die Reichsjugendführung und vor allem die Reichsfüh- rung der SS unter Heinrich Himmler. Unweit vom Dienstgebäude des Landeskirchenrats, in der Arcisstraße 12, wurde zwischen 1933 und 1937 der sog. Führerbau errichtet, in dem sich heute die Münchner Hochschule für Musik und Theater befindet. Dieser Bau diente Hitler zu Repräsentationszwecken, war der Amtssitz seines Stellvertreters Rudolf Heß und wurde 1938 zum Schauplatz der Unterzeichnung des Münchner Abkommens durch Hitler, Mussolini, Daladier und Chamberlain, mit dem Deutschland die sudetendeutschen Gebiete der Tschecho- slowakei angegliedert wurden. Ebenfalls zwischen 1933 und 1937 wurde direkt gegenüber vom Landeskirchenrat der Verwaltungsbau der NSDAP errichtet, in dem neben der Finanzverwaltung der Partei vor allem das gesamte Mitgliederwesen der NSDAP betreut und ab 1940 Raub- kunst aus ganz Europa verwahrt wurde. Dieser Bau, der heute als „Münchner Haus der Kulturinstitute“ genutzt wird, entstand auf dem Grundstück des früheren Palais Pringsheim, das sich im Besitz der Eltern von Katja Mann – der Ehefrau von Thomas Mann – befunden hatte. Katja Manns Vater, Alfred Pringsheim, musste das Palais 1933 an die Nationalsozialisten zwangsverkaufen, die es abrei- ßen ließen, um Platz für den Parteibau zu schaffen. In unmittelbarer Nähe zum Landeskirchenrat befindet sich der Königsplatz, der Mittelpunkt des damaligen Partei- viertels, auf dem schon in den 1920er Jahren rechts- extreme Massenveranstaltungen stattfanden, der im Mai 1933 Schauplatz der Bücherverbrennungen wurde, ab 1935 als Veranstaltungsort der Staatsfeiern zum Gedenken an die NS-Toten des Hitlerputsches vom 9. November 1923 diente und der insgesamt zum Symbol für München als „Hauptstadt der Bewegung“ wurde. In Sichtweite zum Dienstgebäude des Landeskirchenrats an der damaligen Arcis- und heutigen Katharina-von- Bora-Straße 13 lag die Parteizentrale der NSDAP, das sog. „Braune Haus“, auf dessen ehemaligem Gelände gerade das Münchner NS-Dokumentationszentrum errichtet worden ist. Der Sitz der bayerischen Kirchenleitung, der Sitz von Landeskirchenrat und Landesbischof, die ihr neu errichtetes Dienstgebäude erst 1929 bezogen hatten, befand sich also ab 1933 in exponierter Lage mitten im entstehenden Zentrum der braunen Machthaber. Nicht nur das städtische Areal, sondern auch das Dienst- gebäude des Landeskirchenrats selbst wurde während der Zeit der NS-Herrschaft zu einem historischen Ort. Dies war natürlich nicht einfach der Lage des Landeskirchenrats im Herzstück des Parteiviertels der NSDAP geschuldet. Ebenso wenig lag dies an dem Versuch der NSDAP, den kirchlichen Fremdkörper inmitten des Parteiareals aufzu- kaufen, für eigene Zwecke zu nutzen oder wie das Palais Pringsheim abzureißen und durch einen Parteibau zu ersetzen. 80

Bild links Meldung der Evangelischen Presse- stelle München, 11. Oktober 1934 Bild rechts Sonderausgabe der Barmer Zeitung, Mai 1934 Die Besetzung des Münchner Landeskirchenrats war der Höhepunkt der innerkirchlichen Auseinandersetzungen, die mit der Gründung der Deutschen Evangelischen Kirche – der Vorgängerin der heutigen EKD – im Sommer 1933 eingesetzt hatte. Aus politischen Rücksichten hatte auch der bayerische Landesbischof Hans Meiser der Gründung der Reichskirche und der Wahl des von Hitler protegierten Deutschen Christen Ludwig Müller zugestimmt. Bei den Kirchenwahlen im Juli 1933 hatten dann die Deutschen Christen, die eine Synthese von Christentum und National- sozialismus betrieben und dabei zentrale christliche Glaubensinhalte zu Gunsten der NS-Ideologie preisgaben, mit Hitlers Unterstützung in fast allen Landeskirchen die Mehrheit errungen und die Kirchenleitungen okkupiert – mit Ausnahme der Landeskirchen von Bayern, Württem- berg und bedingt auch Hannover. Mit der Übernahme der Macht durch die Deutschen Christen in der Reichskirche und der überwältigenden Mehrheit der Landeskirchen begann der sogenannte Kirchenkampf. Als die Deutschen Christen im Herbst 1933 den Arier- paragraphen in die Kirche einführten, formierte sich im Pfarrernotbund unter Martin Niemöller eine innerkirch- liche Opposition, die im Ausschluss der sog. Nichtarier von kirchlichen Ämtern eine Verletzung des Bekenntnisses sah. Zu dieser Opposition, die sich allerdings nicht als 82 | „Frommer Volksaufstand“ im Zentrum der braunen Macht

Münchner Gemeindeglieder vor dem Landeskirchenrat, auf dem Balkon Landesbischof Hans Meiser, 16. September 1934 Anfang September verfügte die Reichskirchenregierung dann die Zwangseingliederung von Bayern und Württem- berg in die Reichskirche. Ebenso wie der württembergische Landesbischof weigerte sich Hans Meiser, die Eingliederung anzuerkennen. In dieser Haltung wurden die Bischöfe noch bestärkt durch die Ankündigung August Jägers, eine „Nationalkirche“ schaffen zu wollen, in der alle christlichen Konfessionen – als Fernziel auch die katholi- sche – miteinander vereint sein sollten. Meisers Widerstand gegen diese Pläne war durch ein Votum der Landessynode gedeckt, die er noch kurz zuvor geschlossen hinter sich gebracht hatte. Nun begann in Bayern ein beispielloser Kampf um den Erhalt der recht- und bekenntnismäßigen Kirchenleitung und die Selbstständigkeit der Landeskirche, der ganz auf die Person des Landesbischofs fokussiert war und sich schnell zu einem „frommen Volksaufstand“ ausweitete, der in der Zeit der NS-Herrschaft einzigartig blieb. Obwohl es Hans Meiser ausschließlich um die Reinheit des kirchlichen – und speziell des lutherischen – Bekennt- nisses ging und er in seinen Kundgebungen stets betonte, dass alles vermieden werden müsse, was auch nur den Anschein politischen Widerstands erwecken könne, waren es NS-Politiker, die gezielt zum Sturz des bayerischen Landesbischofs aufriefen. Am 15. September 1934 ver- öffentlichte der stellvertretende fränkische Gauleiter Karl Holz in der Fränkischen Tageszeitung den Hetzartikel „Fort mit Landesbischof Meiser“, der Meiser Wortbruch und Verrat am Volk vorwarf. Dieses Pamphlet wurde in Nürnberg auch massenweise als Flugblatt verteilt. Zugleich wurden rote Plakate ausgehängt, die ebenfalls die Aufschrift „Fort mit Landesbischof Meiser“ trugen. Zum Erstaunen der NS-Machthaber stieß dieses Manöver jedoch keineswegs auf die Zustimmung der bisher über- wiegend parteitreuen evangelischen Bevölkerung in den protestantischen Kernlanden Frankens, sondern es setzte eine überwältigende Protestwelle für Meiser ein. Dieser Protest begann bereits einen Tag nach der Hetz- kampagne. Am Sonntag, den 16. September, verwahrten sich die Pfarrer von den Kanzeln gegen die Verunglimp- fung Meisers, sprachen ihm ihr uneingeschränktes Vertrauen aus und forderten die Gemeinden dazu auf, für den Landesbischof einzutreten. Hans Meiser selbst predigte in der überfüllten Münchener Matthäuskirche und erklärte den Gemeindegliedern, dass die Landeskirche 84 | „Frommer Volksaufstand“ im Zentrum der braunen Macht

Infor mationen nicht einfach wie heute via Internet zugäng- lich waren. Dass es trotzdem möglich war, das Kirchenvolk auf die Straße zu bringen, lag daran, dass der Übergriff auf die Landeskirche absehbar und eine Logistik für den Ernst- fall vorbereitet war. So verteilten Predigtamtskandidaten per Auto in ganz Bayern Berichte über die Vorgänge und die Pfarrer erhielten von Meiser-treuen Vorgesetzten umgehend Verhaltensanweisungen: Dazu gehörten die Abhaltung von Buß- und Gebetsgottesdiensten, konse- quenter Ungehorsam gegenüber der usurpatorischen Kirchenleitung, schriftliche Eingaben und die Entsendung von Protestdelegationen zu den politischen Schaltstellen. Diese Anweisungen wurden von der Mehrheit der Pfarrer und tausenden Gemeindegliedern in unerwartetem Ausmaß ausgeführt. In ganz Bayern fanden meist über- füllte Bekenntnisgottesdienste statt, zum Zeichen der Trauer und des Protests mit schwarzem Altar- und Kanzelschmuck, Verlesung von Protestschreiben sowie Kerzenlöschen und Trauergeläut. Allein in Franken kam es innerhalb einer Woche zu 450 Versammlungen und Gottesdiensten. Weil der arretierte Landesbischof an diesen Gottesdiensten nicht teilnehmen konnte, gingen in München Gemeindeglieder nach dem Gottesdienst in der Kirche ins Parteiviertel, wo sie im Hof des Landes- kirchenrats einen zweiten Gottesdienst feierten, den Meiser vom Balkon seiner Wohnung aus verfolgen konnte. Sonderzug mit Nürnberger Gemeinde- gliedern am Münchner Hauptbahnhof, 21. Oktober 1934 Gottesdienst im Hof des Landes- kirchenrats, 21. Oktober 1934 86 | „Frommer Volksaufstand“ im Zentrum der braunen Macht

Der Protest weitete sich schließlich über das ganze Reich aus. Aus Anlass des Übergriffs auf die bayerische und die württembergische Landeskirche, deren Landesbischof Theophil Wurm ebenfalls arretiert war, tagte die Reichs- bekenntnissynode in Berlin-Dahlem zum zweiten Mal, rief das kirchliche Notrecht aus und setzte bekenntnis- kirch liche Kirchenleitungen für die Reichskirche und die von den Deutschen Christen beherrschten Landeskirchen ein. Außerdem rief die Bekennende Kirche reichsweit zu Bekenntnisgottesdiensten und anderen Solidaritäts- aktionen mit den süddeutschen Kirchen auf. Der breite kirch liche Protest setzte eine öffentliche Unruhe in Gang, die Hitlers Interessen zuwiderlief. Außerdem liefen beim Auswärtigen Amt in Berlin besorgte Nachrichten von verschiedenen Botschaften ein, die eine unerwünschte Beeinträchtigung des Verhältnisses zwischen der Reichs- regierung und dem Ausland befürchten ließen. Damit wurden die innerkirchlichen Auseinandersetzungen zu einem ernsthaften innen- und außenpolitischen Problem. Als sich dann noch ein Urteil des Reichsgerichts abzeich- nete, das der Reichskirchenregierung rechtswidriges Handeln bescheinigte, und Befürchtungen über eine umfassende protestantische Volkserhebung laut wurden, der sich auch Katholiken anschließen würden, sah Hitler sich zum Handeln gezwungen. Dies führte dazu, dass die Ereignisse in den letzten Okto- bertagen einen anderen Verlauf nahmen, als es sich der Reichsbischof und sein Rechtswalter August Jäger vor gestellt hatten: Hitler sagte in letzter Minute den geplanten Staatsakt zur feierlichen Amtseinführung des Reichs bischofs ab und ließ seinen persönlichen Kirchen- beauftragten Franz Pfeffer von Salomon fallen, der die Kirchenpolitik Jägers und Müllers von höchster Seite aus gestützt hatte. Reichsbischof Ludwig Müller war gründ- lich desavouiert. Zugleich war auch der Sturz August Jägers besiegelt, der seinen Rücktritt erklären musste. Am 26. Oktober 1934 wurden die Landesbischöfe Hans Meiser und Theophil Wurm auf Weisung aus Berlin aus dem Arrest entlassen und erhielten eine telegraphische Einladung zu einem Empfang bei Hitler, der am 30. Okto- ber stattfand. Damit waren Meiser und Wurm faktisch wieder im Amt. Am 1. November nahm dann auch der rechtmäßige bayerische Landeskirchenrat das Dienst- gebäude in der Arcisstraße 13 wieder in Besitz. Historische Bewertung und Erinnerung Der fromme Volksaufstand in der von Landesbischof Hans Meiser geführten bayerischen Landeskirche trug maßgeblich dazu bei, die Übernahme der Macht durch die Deutschen Christen im gesamten deutschen Protestantis- mus zu verhindern, und führte zum Zusammenbruch der Gleichschaltungspolitik der Reichskirchenregierung unter Ludwig Müller. Als politischen Widerstand gegen das NS-Regime als solches oder gegen seine ersten Verbre- chen wie die Beseitigung der politischen Gegner und die schon früh beginnende Judenverfolgung verstanden die Beteiligten ihren Widerstand jedoch nicht. Politische Implika tionen schlossen sie vielmehr explizit aus. Ihr Kampf galt ausschließlich der Reinheit des kirchlichen Bekenntnisses und dem Erhalt der bekenntnis- und ver- fassungsgemäßen Ordnung der Kirche. Für dieses Ziel waren Kirchenleitung, Pfarrer und Gemeindeglieder bereit, auch in Konflikt mit dem NS-Staat selbst zu geraten. Der Volksaufstand hatte jedoch auch politisch relevante Folgen: Wie eingangs bereits erwähnt, brachte er Hitler seine wohl einzige innenpolitische Niederlage bei. In die- sem Sinne urteilte schon 1934 die ausländische Presse, der Diktator habe seine „erste offene Niederlage“ erlitten, der „Nimbus der Diktatur“ sei beeinträchtigt und das „NS-Prinzip des totalen Staates zum ersten Mal erfolgreich in Frage gestellt“. Mit dem Erhalt der bekenntnis- und verfassungsgemäßen Kirchenleitungen in Bayern und Württemberg und der Bekennenden Kirche in den übrigen Landeskirchen blieb in einer ansonsten vollständig gleich- geschalteten Gesellschaft ein öffentlicher Raum bestehen, über den der NS-Staat keine unmittelbare Kontrolle besaß, der den nationalsozialistischen Totalitätsanspruch begrenzte und so als Resistenzfaktor wirkte. Dass der fromme Volksaufstand dauerhaft in Erinnerung bleiben würde, erkannte dessen Hauptprotagonist Hans Meiser bereits unter dem unmittelbaren Eindruck des Geschehens. Kurz nach seiner Wiedereinsetzung gab er eine Kundgebung heraus, in der es hieß: „Was in diesen Wochen an Liebe zur Kirche, an Treue gegen das Erbe der Väter und an freudigem Bekennermut offenbar geworden ist, wird unvergessen sein. Die nachfolgenden Geschlechter werden sich daran aufrichten.“ Diese Ein- schätzung hat sich in der Nachkriegszeit und der jungen Bundesrepublik zunächst bewahrheitet. Das Gemein- schaftserlebnis des frommen Volksaufstands grub sich tief in die kollektive Erinnerung der bayerischen Landes- kirche ein und entfaltete identitätsstiftende Wirkung. Gegenstand der Erinnerung wurden dabei allerdings nicht die beteiligten Gemeindeglieder und der Aufstand selbst, sondern dessen Symbolfigur, Landesbischof Hans Meiser. 88 | „Frommer Volksaufstand“ im Zentrum der braunen Macht

Die Kriegs- und Nachkriegsjahre in Zeitzeugenberichten mühte sich der Herr Landesbischof vergeblich, einem der DC-Pfarrer den Rückweg in die Landeskirche zu ermög- lichen. Der Bischof hatte in jener Nacht auch den Bruder mit Frau und Tochter verloren. In der Herzog-Wilhelm- Straße ist auch das Kirchengemeindeamt zerstört worden. Zusammen mit Pfarrer Knappe, der später mit seiner Frau in seinem Pfarrhaus neben der Stephanuskirche den Tod fand, habe ich Karteikästen des Kirchensteueramtes aus den schwelenden Ruinen noch bergen können. Verlagerung des Dienstsitzes nach Ansbach Am 12. Oktober war es wohl, dass der Herr Landesbischof in einer Haussitzung nach einem Besuch im Luftgau- kommando beantragte, ehestmöglich den Dienstsitz des Landeskirchenrates nach Ansbach zu verlegen. Ich hatte Bedenken, ob die Kirchenleitung ihr Amt in der Landes- hauptstadt verlassen durfte. Leider war bei dieser Sitzung Pfarrer Dietzfelbinger, der jetzige Landesbischof, damals Hilfsreferent, nicht anwesend. Er hätte mir wohl sekundiert. Acht Tage später entschied die Vollsitzung – nicht ganz einmütig - die Verlegung des Amtes nach Ansbach. Am 28. Oktober 1943 wurde ich, nach einem sondierenden Besuch in Ansbach am 21. Oktober 1943, nach Ansbach beordert, um die Unterbringung des Landeskirchenrates vorzubereiten und gleichzeitig die Leitung der Landes- kirchenstelle zu übernehmen, deren Vorstand, Herr von Praun, kurz vorher verhaftet worden war.2 Am 29. Novem- ber kamen die Möbelwagen aus München und unsere Mitarbeiter. Ich begrüßte sie im ehemaligen Prüfungs- zimmer und bot zum Einstand Obst und Brot. Das Haus der Landes kirchenstelle, das in den 50er Jahren des vori- gen Jahrhunderts vom Staat als Konsistorialgebäude überlassen war, war so gut als möglich ausgestattet worden. Der Herr Landesbischof erhielt das Amtszimmer des Kreisdekans. Unsere Leute fühlten sich wohl, wenn auch die Gedanken täglich in München weilten. Alle Samstage fuhren sie mittags nach München und montags zurück, oft in beschwerlicher Fahrt, in gedrängt vollen Zügen, mit viel Verspätungen. Sie waren in Familien gut unter- gebracht. Zu Mittag wurden wir von den Schwestern des „Reichenspitals“ reichlich und gut verköstigt, von uns dafür herzlich bedankt. Der Landeskirchenrat in Ansbach – Finanzreferent Theodor Karg erinnert sich Während des 2. Weltkrieges wurde auch das Dienst- gebäude des Landeskirchenrates schwer beschädigt. Der Landeskirchenrat verlegte seinen Dienstsitz zur Landeskirchenstelle nach Ansbach. In München blieb nur eine Dienststelle in der Himmelreichstraße 3. Über diese Zeit berichtet der langjährige Finanzreferent der Landes- kirche und spätere Vorstand der Weltlichen Abteilung des Landeskirchenrates, Oberkirchenrat Dr. Theodor Karg (1901–1980)1: Schwere Beschädigung des Dienstgebäudes „Am 10. März 1943 brannte es bei einem Fliegerangriff in der Staatsgalerie und dem benachbarten Kloster. Vom Dach des Landeskirchenrates aus half man das Feuer zu bekämpfen. In der Folgezeit wurde das Amt soweit als möglich luftschutzbereit gemacht. Es gelang in schwie- rigen Verhandlungen mit Ämtern und Spediteuren, die Oberkirchenanwalt Pflügel führte, Möbel und Akten an über zehn auswärtigen Stellen einzulagern. Der Bombenhagel in der Nacht von 2. auf 3. Okt. 1943, dem Erntedankfest, brachte dem Dienstgebäude schwere Schäden. Kurz vor Mitternacht war im Hof des nahen Fernheizwerkes eine Luftmine niedergegangen. Nach dem Angriff sah ich in der Markuskirche die ersten Schäden. 23.40 Uhr war die Turmuhr stehengeblieben. Im unbeschädigten Weißen Saal, im sog. Augustinerstock, wo die Gottesdienste nach dem Abbruch der Matthäus- kirche gehalten wurden, leuchteten die Erntegaben im Widerschein der Feuer auf der gegenüberliegenden Seite. Als ich mit Ausweis gegen 2.00 Uhr nachts durch die Sperre der SA in die Arcisstraße kam, lagen Trümmer über Trümmer auf der Straße. Von dem Gerüst am Hause, zum Zwecke der Abnahme des Kupferdaches angebracht, hingen Teile zerfetzt an den Mauern. In seiner Wohnung war der Herr Landesbischof eben dabei, den größten Staub zusammen zu kehren. Ich trommelte am Erntedank- festmorgen die telefonisch erreichbaren Mitarbeiter zusammen, um das Gröbste aufzuräumen. Eine Wach- abteilung des Militärs, im Hause einquartiert, half fleißig mit. Am Nachmittag brach die schöne, hölzerne Kasset- tendecke im großen Sitzungssaal, in dem notdürftig der Pfründestiftungsverband gehaust hatte, krachend und Staub aufwirbelnd herunter. Ein umfassender vierseitiger Bericht über diese Tage vom 7. Oktober 1943 liegt bei den Akten des Landeskirchenrates. Am Montag wurden die Büroräume notdürftig hergerichtet. Während Sofas und Schränke auf den Gängen verstaubt dastanden, 90

Am 22. Februar wurde das Ansbacher Bahngelände schwer beschädigt. Wir hatten die Flugzeuge wie silber- glänzende Möwen im Anflug gesehen. In dem engen Keller der Landeskirchenstelle mit seinem Deckengewölbe standen wir gedrängt beieinander, auch der Landesbischof und die sämtlichen Oberkirchenräte. Gottlob war das Haus nur wenig betroffen. In einer kurzen Präsidialsitzung hernach wurde beschlossen, dass bei Alarm jeder auf eigene Gefahr das Amt verlassen könne. Jedenfalls sollten wir uns auf bombensichere Keller verteilen. Am Freitag, den 23. Februar, einem strahlenden Vorfrühlingstag, befahl der Herr Landesbischof, der die tägliche Morgen- andacht hielt, uns alle dem Schutze Gottes. Wir veran- lassten Frau Rieß, die treffliche Frau des Hausmeisters, mit ihren 7 Kindern und einem Wägelchen voll Hausrat die Stadt zu verlassen. Ein Bauer aus Lehrberg nahm noch eine Fuhre von Akten und Büromaterial mit. Um 11.00 Uhr wurde Alarm gegeben. Inspektor Clemens Köhler, Hausmeister Rieß und ich blieben mit 16 Leuten aus der Nachbarschaft in dem Keller. Beim ersten dröhnenden Einschlag, der ganz nah gewesen sein musste, ging ein Seufzen durch den engen Raum. Da am Vortage von unseren Leuten vermisst wurde, dass niemand das Wort zum gemeinsamen Gebet wagte, fing ich an zu beten: Breit aus die Flügel beide. Beim 2. Einschlag wurde der Keller erschüttert. Wir hörten das Einstürzen von Mauern, das Rieseln von Sand in unheimlicher Weise, verspürten auch den Luftdruck, der an die Mauern brandete. Wieder begann ich zu beten: das Vaterunser. Alle stimmten laut mit ein. Da vom Kellereingang her viel Staub um uns wirbelte, rieten wir, im Wasserschaff die Taschentücher zu befeuchten, um Mund und Nase zu schützen. Bei einem 3. Einschlag rieselte Verputz von der Wand. Alle duckten wir uns zu Boden. Ich sprach das tröstliche: Befiehl du deine Wege. Nach dem 4. Vers wurde es stiller. Gegen ½ 2 Uhr hörten wir dumpfes Poltern. Waren es einstürzende Mauern, brennende Balken oder schon das Wegräumen von Schutt um den Notausstieg freizulegen? Gegen 2.00 Uhr hörten wir: „Wir kommen.“ Als Lobgesang stimmte ich das Lied: „Nun danket alle Gott“ an. Etwa um 3.00 Uhr stiegen wir durch den freigeschaufelten Notausstieg, die Kinder und Frauen voran. Wir sahen nur Trümmer ringsum. Der Herr Landesbischof begrüßte uns und lud uns zum Mittagessen in unser gastfreundliches Hospital. Hernach gingen wir in das Dekanat, wo uns sofort Arbeitsräume bereitgestellt wurden, eiligst her- gerichtet. Der Landeskirchenrat in der Münchner Himmelreich- straße – Sekretärin Elfriede Krick erinnert sich6 „Da war im Gemeindeblatt die Stelle einer zweiten Schreibkraft im Dekanat München ausgeschrieben. Das wäre doch was! Aber die Stelle war schon besetzt und man sagte mir, man habe meine Unterlagen an den Landeskirchenrat weitergegeben, weil da immer Kräfte gesucht werden. „Rufen Sie gleich dort an“. Das tat ich und ein freundlicher Herr sagte mir, ich sollte doch gleich heute noch kommen. Das war um 18 Uhr. „Macht nichts, wir sind noch da“ erhielt ich zur Antwort. So machte ich mich auf den Weg in die Himmelreichstraße Nr. 3. Oberkirchenrat Dr. Karg, der Personalreferent, saß mit noch einem Herren im Zimmer. Als erstes wurde ich nach meiner kirchlichen Einstellung gefragt. Kirchenchor, Kindergottesdiensthelferin, Mädchenkreis – das genügte. Dann die Frage, wieviele Silben ich in der Minute stenogra- phieren würde und wieviele Anschläge mit der Maschine. Ich konnte zwar keine konkreten Angaben machen, aber alles in allem genügte. „Ja, wir stellen Sie ein, Ihre Kennt- nisse in Steno und Maschinenschreiben können Sie noch verbessern. Fangen Sie am 15. September um 8 Uhr hier an.“ Das war alles. Kein Kollegialausschuß , keine Mitarbeiter- vertretung8, nichts, der Personalreferent konnte ganz allein entscheiden, hatte allerdings dann auch die alleinige Verantwortung. Man stelle sich das heute einmal vor! Anfangsgehalt 180.—RM. Für heutige Verhältnisse ist das schockierend. Aber es war ja noch vor der Währungs- reform, wo das Geld kaum noch etwas wert war, weil man nichts kaufen konnte und für das Nötigste reichte es. So ging ich mit etwas beklommenem Gefühl am 15. Sep- tember 1947 in die Himmelreichstraße. Dort wurde ich in ein Zimmer geführt, in dem die täglichen Morgenandach- ten stattfinden. Alle Mitarbeiter standen im Kreis um die zwei Schreibtische und schauten neugierig auf „die Neue“, die in einem aus allen möglichen Stoffresten selbstgemach- ten Phantasiedirndl verlegen dastand. Nach der Morgen- andacht wurde ich dann den Mitarbeitern vorgestellt, freundlich begrüßt und der Obhut des Kanzleichefs über- geben. „Jetzt gengas mit mir, des kriagn ma scho“ war seine Aufmunterung. Die Kanzlei, ein relativ großer Raum, bestand aus lauter uralten wackligen Möbeln. Dort saßen außer dem Kanzleichef noch vier weibliche Wesen, eine davon am Telefon, zwei an ebenso uralten kleinen Schreibmaschinen- Tischchen und eine an einem Tisch (Schreibtische gabs nur einen), die hatte das Brieftagebuch zu führen. Der Kanzlei- chef öffnete die eingegangene Post, und bestimmte, wer sie bekommen sollte. Die Briefe wurden dann in ein Tage- buch eingetragen und mit einer Nummer versehen. Dann kamen sie in die Fächer in einem großen Schrank, aus dem sich die Oberkirchenräte die Post dann selber abholten. 92 | Die Kriegs- und Nachkriegsjahre in Zeitzeugenberichten

Wir gehen rechterhand an dem Pförtnerstübchen vorbei und kommen zum Zimmer des Leiters der Stiftungsver- waltung, Oberkirchenanwalt Dr. Theodor Köberlin11. Er war mir vom ersten Tag an ein angenehmer Chef, nicht von großer Gestalt aber beeindruckend, meist mit einem feinen, kleinen Lächeln in den Mundwinkeln. Ich bin mit ihm bestens zurecht gekommen; einmal nur hat er mich gerügt: Er diktiert mir einen Brief. Ich tippe ihn und fügte am Schluss hinzu: „Mit freundlichen Grüßen“. Das war falsch. Er klärte mich auf: „In der Kirche grüßt man nicht freundlich, es genügt ein „i. A:“ oder gar nichts!“ Weiter zum großen Eckzimmer. Mehrere arbeiten darin. So an zwei großen aufgebockten Trogkästen unterm Fenster zur Arcisstraße. Sie enthalten die Besoldungs unterlagen für alle in der Landeskirche beschäftigten Geistlichen. Zwei Sachbearbeiter sind mit ihnen beschäftigt: … Sie rotieren, denn die Gehaltsdaten sind zeilenweise in tisch- große Listen einzutragen. Deren Durchschläge werden in Streifen getrennt als Besoldungsnachweise versandt. Am mittleren Tisch sitzt einer der beiden Diakone im Haus, Herr Dyroff. Sein Arbeitsfeld ist die Urzelle unserer Abteilung, die Verwaltung aller Stiftungen. Ich vertrete ihn einige Tage und entdecke Verwunderliches: Eine große Zahl dieser frommen Stiftungen waren durch die Inflation auf Beträge geschrumpft bis herunter zu 7,85 DM. Sie müssen aber fortgeschrieben werden, wird mir erklärt, wegen der staatlichen Stiftungsgesetze. Schließlich werden daneben noch die Kuverts und anderes mit Adressen von in Metall gestanzten Matern bedruckt. Meine erste Arbeit im Hause ist, den Absender aufzu- stempeln, zu frankieren und zur Poststelle zu tragen. Nun aber ziehen wir weiter im nördlichen Längsflügel. Es folgt mein Zimmer. Dort tüftle ich meist an diffizilen Aufgaben für die niemand so recht eingearbeitet ist. Das Zimmer teile ich mir mit Herrn Schmidt(?), ein schlich- ter Mann, der so herzlich laut lachen kann, wie ich es noch nie erlebt hatte, und eine hoch zu achtende, feine, stille Frau v. Hößlin, Kriegerwitwe, die bestimmt schon bessere Tage erlebt hatte. Vom Zimmerfenster aus sehen wir auf Büsche, eine Mauer und dahinter den Königsplatz. Dass einmal im Jahr unsere Aussicht sehr gefragt ist, hat seinen Grund. Da lädt die Familie des Landesbischofs die Damen des Tutzinger Pfarrbräutekurses ein und die wandern an unserem Fenster vorbei zum bischöflichen Treppenhaus. … Dafür, dass alles blitzsauber sei, sorgt eine Neuendettel- sauer Diakonisse, Schwester Elisabeth. Sie bietet zudem im Keller mittags ein Essen an. … Der Eingang zum landeskichlichen Dienstgebäude, Katharina-von-Bora-Straße 13 Wir nähern uns von Osten her, von der Arcisstraße. Das Wappen der Evang.-Luth. Kirche in Bayern über dem Portal zeigt uns gleich, mit wem wir es zu tun haben. Wir treten ein durch die bronzebeschlagene Tür und gehen sieben Stufen hoch zu einem Absatz. Rechts öffnet sich ein Fenster: „Sie wünschen?“ Herr Zuber als Portier achtet streng darauf, wer ins Haus kommt. Nur eine rechte Ant- wort schließt die Zwischentüre auf. Bei mir aber summt der Türöffner gleich. Wenn jedoch ein Dekan kommt oder noch ein „Höherer“, hinkt Zuber aus seiner Portiersloge heraus – wie viele in diesem Hause ist er vom Krieg gezeichnet – hin zur Eingangstüre und öffnet sie eigen- händig, begrüßt mit leichter Verbeugung den besonderen Gast und führt ihn zum Aufzug hin. Zum Orientieren: von oben gesehen bildet das Gebäude ein sehr breites U, offen nach Süden, zur Karlstraße hin. Der westliche Flügel weist zur Arcis-, später Meiserstraße, der östliche zur Bonifatiuskirche. Der mittlere Verbindungs- trakt blickt auf den Königsplatz. Wir stehen im Eingangs- bereich, Parterre. Vor uns die Treppen, links hinauf, rechts in den Keller und dazwischen der Aufzug, der den Gästen und höheren Rängen im Haus vorbehalten ist. Links geht es in einen Bereich, den ich kaum kennen lernte. Dort arbeitet der Pfründestiftungsverband. Höchstens zweimal war ich dort, etwas zu bringen oder zu holen. 94 | Die Kriegs- und Nachkriegsjahre in Zeitzeugenberichten

Der Landeskirchenrat in seiner Zusammensetzung 1952 im Kleinen Sitzungssaal im 1. Stock (v. l. n. r.): OKR Dr. jur. Gustav-Adolf Vischer, OKR Dr. jur. Theodor Schattenmann, Landesbischof D. Hans Meiser, OKR Heinrich Riedel, OKR Dr. jur. Theodor Karg (Finanzreferent), gegenüber von Landesbischof D. Meiser OKR jur. Wilhelm Müller (Gemeindereferent). Hier treffen sich die „Oberen“ zu den Haus- und Vollsit- zungen. Wir aber finden uns jeden Montag früh ein zur Andacht. Die hat ihre feste Ordnung. An der schmalen, östlichen Stirnseite stehen die oberen Ränge, ab Amtsrat aufwärts. Einer davon liest den Bibeltext und fügt eine kurze Auslegung bei. Ich frage: „Da stehen so viele geist- liche Herren vorne, warum muss immer ein „weltlicher“ die Besinnung gestalten?“ und erhalte keine Antwort außer: „das ist halt so!“ Diese stichhaltige Begründung sollte mir sehr oft auf ähnliche Fragen begegnen. Wir „Kleinen“ aber – ich auch, wenn ich am Montag im Hause war – standen andachtsvoll vor der Rückwand oder an den Seiten entlang. Ja, „das ist halt so!“ Im Eckzimmer sitzt ein für das ganze Amt wichtiger Manne. Ihn, Herrn Daurer, macht zweierlei erwähnens- wert: Einerseits ist er, ein dem Schauspieler Beppo Brehm ähnlicher Typ und darum auch bayerisches Alibi des Landeskirchenrats, denn nirgends schallt einem mitten unter den vielen Franken der Münchner Dialekt so unverfälscht entgegen. Zum andern, und das betrifft das große Zimmer neben seinem. … Damit hat es folgende Bewandtnis: Noch hat nicht jeder Oberkirchenrat und Kirchenanwalt, geschweige denn Amtsrat, seine eigene Sekretärin. Wenn ein Brief zu schreiben ist, ruft man bei Herrn Daurer an, und schon kommt eine seiner Damen mit Bleistift und Block zum Diktat. … An dieser Stelle sind einige Worte über die Frauen im Landeskirchenrat angebracht. Ab dem Amtsrat aufwärts sucht man sie vergeblich. Sie arbeiten entweder als eine der Sekretärinnen, oder in Schwester Elisabeths Putz- kolonne und vor allem als Angestellte, so wie in meinem Zimmer Frau v. Hößlin. In der Regel sind sie unauffällig gekleidet, zumindest nicht erkennbar geschminkt. Ausnahme bildet eine immer modisch gekleidete und leicht geschminkte Frau F. Alle im Hause halten das nicht für angemessen, sehen aber, vor allem die Männer, doch sehr gern hin. Drei Frauen in besonderer Position müssen extra genannt werden: Frau Siegmund, Vorzimmer- dame des Landesbischofs, Frau Krick17 und Frau Stein- brüchel, deren Erscheinungsbild erinnert an Chefsekre- tärinnen, wie ich sie später in großen Betrieben kennen lernen sollte. Noch ein paar Schritte um die Ecke herum, und wir sind mit dem 1. Stock fertig. Dort befindet sich die Landes- kirchliche Rechnungsprüfungsstelle der Landeskirche mit Herrn Amtsrat Büger als Chef und ihm zur Seite Frau Ohmsieder. Seine Aufgabe ist zuerst, alle Zahlenreihen nachrechnen; die Frage nach Sinn und Schlüssigkeit der Ausgaben kommt später. Als sich die zu prüfenden Haushalte und Rechnungen zu unerklimmbaren Bergen auftürmen, werde ich zum mit Abtragen dorthin ausge- liehen. Weil jedoch im Zimmer der Platz fehlt, steht mein Schreibtisch davor auf dem Gang. Da sitze ich nun. Vor mir das zu Bearbeitende, links eine elektrische Additionsmaschine, rechts eine handbetrie- bene Rheinmetall-Rechenmaschine — ihr Gewicht lässt erahnen, dass ihre Vorgänger im Krieg Kanonen oder Panzer waren. Ich hatte mir die Fähigkeit angelernt, beidhändig Rechenmaschinen zu bedienen. So addierte ich links die Zahlenkolonnen auf, gab rechts die Summen ein und prüfte beides auf dem Papierkontrollstreifen. Sehr bald fand ich Zuschauer, die eigens kamen, um mich bei dieser Arbeit zu bewundern. Das lief ein Monat lang. Da waren die Arbeitsgebirge abgetragen, und ich wanderte wieder zurück in die Stiftungsverwaltung. 96 | Die Kriegs- und Nachkriegsjahre in Zeitzeugenberichten

Aufbau, Aufbruch und Übergänge zwischen 1955 und 1975 Wenn man auf die 50er Jahre und 60er Jahre – einschließ- lich der frühen 70er Jahre – zurückblickt, fallen die vielen damals erarbeiten grundlegenden Neuregelungen auf, die bei allen zwischenzeitlich erfolgten Änderungen noch heute Recht und Organisation und damit auch das Leben der Landeskirche bestimmen.1 Sie können hier nur stich- punktartig in Erinnerung gebracht werden: Neuordnung der Pfarrbesoldung: Das Pfarrbesoldungsrecht ist 1955 nach intensiven Vorar- beiten2 erstmalig in einem Kirchengesetz geregelt worden. Dadurch ist die bis dahin stark differenzierte und unüber- sichtlich gewordene Rechtsmaterie bereinigt und in ihren Strukturen stärker an die staatliche Beamtenbesoldung angeglichen worden. Insbesondere wurde das durch Ergänzungszulagen ergänzte Pfründeneinkommen durch volle Grundgehälter ersetzt. Das Pfarrbesoldungsgesetz von 1963 brachte die besoldungsmäßige Gleichstellung der Pfarrer mit Beamten des höheren Dienstes im Eingangs- amt. Mit der Reform der Pfarrbesoldung von 1955/1963 hatte das aus dem Mittelalter überkommene Pfründen- wesen endgültig seine Bedeutung verloren. Der Umstand, dass das Pfarrbesoldungsrecht bis dahin im Wesentlichen noch auf dem Pfründenrecht beruhte, war indes seit der Gründung des Pfründestiftungsverbandes im Jahre 1935 nicht mehr ohne weiteres erkennbar, da die Stelleninhaber seitdem ihre Pfründenerträge über diesen an die Landes- kirche ablieferten und dafür ihre Barbezüge aus der Allgemeinen Kirchenkasse erhielten. 1977 wurde schließ- lich das bisherige System der stellenbezogenen Pfarr- besoldung durch das System der Einheitsbesoldung, allerdings mit Stellenbewertung in besonderen Fällen abgelöst. Kirchengemeinde-, Dekanatsbezirks- und Pfarrstellen besetzungsordnung: Im Vorgriff auf die von Landesbischof D. Hermann Dietz- felbinger 1961 angekündigte Reform der Kirchenverfas- sung wurden in der Kirchengemeindeordnung von 19643 und in der Dekanatsbezirksordnung von 1969 ebenfalls erstmalig das Recht der Kirchengemeinden und der „mittleren Ebene“ umfassend und das Pfarrstellenbe- setzungsrecht mit der Einführung der alternierenden Besetzung der Gemeindepfarrstellen durch Kirchenverstand und Landeskirchenrat in der Pfarrstellenbesetzungsord- nung von 1968 grundlegend neu geregelt. Neue Kirchenverfassung: Die in der Synodalperiode 1966/1972 in einem intensiven Beratungs- und Beteiligungsprozess erarbeitete, am 1. Januar 1972 in Kraft getretene und – unbeschadet ihrer zwischenzeitlichen Änderungen und Ergänzungen4 – bis heute geltende Kirchenverfassung übernahm die Grund- sätze der vorgenannten Kirchengesetze und trug mit ihrem neuen 6. Abschnitt „Besondere Arbeitsbereiche und Arbeitsformen“ (seit 2011: Besondere Gemeindeformen, anerkannte Gemeinschaften, Einrichtungen und Dienste) dem Umstand Rechnung, dass die Gemeinde Jesu Christi sich nicht ausschließlich in den Kirchengemeinden, sondern auch in Einrichtungen und Diensten verwirklicht. Von besonderer Bedeutung ist die darin vorgenommene erstmalige Beschreibung des Bischofsamtes nach evan- gelischem Verständnis. Nach der auf Landesbischof D. Dietzfelbinger zurückgehenden Grundsatzbestimmung des Art. 59 Abs. 1 (nunmehr: Art. 60 Abs. 1) wird – in Absage an ein hierarchisches Verständnis und in Betonung seiner pastoralen Aufgaben formuliert: „Der Landes bischof ist ein Pfarrer, der in das kirchenleitende Amt für den Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern berufen ist.“ Kirchliches Arbeits- und Mitarbeitervertretungsrecht: Der „Dritte Weg für die kirchliche Rechtssetzung im Arbeitsrecht“, ist in der bayerischen Landeskirche durch das Kirchengesetz über die Ordnung der dienstrechtlichen Verhältnisse der Angestellten und Arbeiter im Kirchendienst vom 8. Februar 1962 mit der Einsetzung einer paritätisch von Dienstnehmer- und Dienstgeberseite besetzten „Kommission für dienstrechtliche Fragen“, heute Arbeits- rechtliche Kommission, eröffnet worden. Mitarbeiterver- tretungen im heutigen Sinne sind in den Dienststellen der bayerischen Landeskirche erstmals auf der Grundlage des unter dem 27. März 1972 veröffentlichten Mitarbeiterver- tretungsgesetzes der ELKB gewählt worden.5 Durch Kir- chengesetz von 1957 ist für die privat-rechtlich Beschäf- tigten im kirchlichen Dienst eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung eingeführt worden. Versorgungsneuregelung für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse Zur finanziellen Absicherung der gegenüber Pfarrern/ Pfarrerinnen, Kirchenbeamten/Kirchenbeamtinnen und Diakonen/Diakoninnen in öffentlich-rechtlichen Dienst- verhältnissen ist 1972 ein neuartiges Versorgungsmodell entwickelt und eingeführt worden, welches die gesetz- liche Rentenversicherung in das weiterhin nach öffentlich- rechtlichen Grundsätzen geregelte kirchliche Versor- gungsrecht einbezieht.6 Rechnungsprüfungsamt: Mit dem Rechnungsprüfungsamtsgesetz vom 17. Dezem- ber 1974 ist mit Wirkung vom 1. Januar 1975 zur Über- wachung der Haushalts-, Kassen-, Rechnungs- und Wirt- schaftsprüfung sowie der Vermögensverwaltung der ELKB in Entsprechung etwa zum Bayerischen Obersten Rechnungshof das bei der Durchführung seiner Aufgaben Neuere Rechtsquellen für die ELKB: Der „Rote Vischer“ Rechtssammlung der ELKB: Der „Grüne Heinzel“ 98

Modernisierung, Spezialisierung und Gleichstellung zwischen 1976 und 2000 Organisation des Landeskirchenamtes Wie bereits erwähnt1, besteht das Landeskirchenamt als die oberste Dienst- und Verwaltungsbehörde der Evange- lisch-Lutherischen Kirche in Bayern, welches dem Landes- kirchenrat zur Führung seiner Geschäfte zugeordnet ist, erst seit 1972. Es ist aufgrund von Art. 68 (heute: 69) der zum 1. Januar 1972 in Kraft getretenen neuen Kirchen- verfassung in Verbindung mit der Verordnung über das Landeskirchenamt vom 21. Februar 19722 errichtet worden. Gemäß dem ab 1. Juli 1972 geltenden Geschäftsvertei- lungsplan3 war es zunächst in zehn, davon je fünf theolo- gische und nicht-theologische Abteilungen mit insgesamt 29 Referaten (einschließlich der Stellen der 10 Oberkir- chenräte) gegliedert. Mit Wirkung vom 1. Februar 1976 sind die zehn Abteilungen in drei Hauptabteilungen: zusammengefasst worden, „um künftig wirksamer, schneller und besser koordiniert arbeiten sowie Arbeits- kräfte und Finanzmittel so rationell wie möglich einsetzen zu können.“ 4 Offenbar ging diese Strukturveränderung auf eine 1974 durchgeführte externe Organisationsunter- suchung zurück, die u. a. zu dem Ergebnis gekommen war, dass das Landeskirchenamt zu stark gegliedert und ins- besondere die Bearbeitung der Personalangelegenheiten zu stark zersplittert sei.5 In diesen Strukturen arbeitete das Landeskirchenamt bis zum 28. Februar 2001. Allerdings erhöhte sich im Laufe der Zeit die Anzahl der Referate von 29 auf 41; anderer- seits ist mit Wirkung vom 31. Juli 1994 die bis dahin für Staatskirchenrecht, Kirchensteuerangelegenheiten, Schul- recht und Stiftungen zuständige Abteilung (C 10) aufge- löst worden. A (Theol.-Pädag.) Personal, Dienst- und Arbeitsrecht, Ausbildung, B Gemeindeangelegenheiten und Finanzen C Staat und Kirche, Diakonie und Mission, Religions - unterricht, Schulwesen, Einrichtungen Die Leitung des Landeskirchenamtes war von 1972 bis 1996 mit der Abteilung B 4 (Recht, Finanzen und Bau- wesen der Kirchengemeinden; Verfassungsrecht) und von 1996 bis 2001 mit der Abteilung A 2 (Dienst- und Arbeitsrecht) verbunden. Der langjährige Leiter des Landeskirchen- amtes OKR Dr. jur. Werner Hofmann (1972–1996) und der langjährige Ständige Vertreter des Landesbischofs OKR D. Theodor Glaser (1980–1997). 100

EDV, Personalplanung, Handlungsfeldkonzept und Gleichstellung von Frauen und Männern Stellenteilung im Sinne eines Senior-Junior-Modells sowie gesetzlichen Vorruhestand und Altersteilzeit. Die 70er bis 90er Jahre sind maßgeblich geprägt durch den unaufhaltsamen Einzug der elektronischen Datenver- arbeitung in die kirchliche Verwaltung. Heinz Lachmann berichtet darüber anschaulich auf Seite 104. Im 1983 fertig gestellten Rückgebäude (KvB 11 a) konnte u.a. dem sich ergebenden zusätzlichen Raumbedarf des Landes- kirch lichen Rechenzentrums abgeholfen werden. Ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt des Landeskirchen- amtes, insbesondere der Personalabteilung A 1 unter ihrem langjährigen Leiter, OKR D. Theodor Glaser (1980–1997), wurde die strukturierte Personalplanung. Den Anstoß dafür gaben die 1976 sprunghaft gestiegenen Theologie- studentenzahlen, die deutlich machten, dass es bei anhal- tend hohen Studierendenzahlen in wenigen Jahren mehr gut ausgebildete und für die Gemeindearbeit geeignete Pfarrer und Pfarrerinnen geben könnte, als Stellen und Finanzmittel vorhanden waren. Nach jahrelangen Vorar- beiten wurde das Ergebnis der Stellenplanung des Landes- kirchenamtes für Kirchengemeinden und Dekanatsbezirke der Landessynode erstmalig im November 1982 zu ihrer Tagung in Neu-Ulm vorgelegt, deren Ziel neben einer möglichst gerechten Stellenverteilung auch die Schaffung von neuen Arbeitsmöglichkeiten für mehr kirchliche Mitarbeitende war.12 Landesbischof Dr. Hanselmann führte dazu in seinem dort gegebenen Bischofsbericht aus: „Nach aller menschlichen Voraussicht wird es für einige Zeit in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre mehr Theo- logen und Theologinnen als Planstellen nach dem gegen- wärtigen Stand geben. Daß wir einen solchen ´Überhang´ in den neunziger Jahren dann brauchen können, wenn die theologenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen, sei ebenfalls dankbar angemerkt. Mit der hier kurz skizzierten Entwicklung ist ein Gebetswunsch unserer Kirche um mehr Mitarbeiter, insbesondere auch um mehr Theologen, in Erfüllung gegangen.“ 13 Als rechtliche Grundlage dafür, um möglichst alle geeig- neten Theologen und Theologinnen in den kirchlichen Dienst aufnehmen zu können, war bereits 1980 das später in Dienstrechtsneugestaltungsgesetz umbenannte „Kirchengesetz zur Erprobung neuer Regelungen im Bereich des kirchlichen Dienst- und Haushaltsrechts (Erprobungsgesetz)“ erlassen worden. Dieses eröffnete über das überkommene Pfarrerdienst- und Beamtenrecht damals hinausgehende dienstrechtliche Gestaltungsmög- lichkeiten, wie z. B. Beurlaubungen im privaten Interesse, Teildienst, Sonderregelungen für Theologen-Ehepaare, später auch die Inanspruchnahme eines Sabbatjahres, Viele neue thematische Herausforderungen für die kirch- liche Arbeit, wie z. B. die Auseinandersetzung mit Sekten und Sondergemeinschaften, ein verstärktes Bewusstsein der kirchlichen Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung, die Fortschritte in Medizin, Technik und Natur- wissenschaft und die Notwendigkeit des interreligiösen Gesprächs und der Beschäftigung mit Islamfragen, aber auch der Dialog mit der Kunst, welche jeweils spezielle Erfahrungen und Kenntnisse erforderlich machen, führten zur Bestellung von weiteren landeskirchlichen Beauf- tragten. Die zunehmende Bedeutung kompetenter und stets präsenter kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit machte den Ausbau des Arbeitsbereichs „Presse, Öffentlichkeits- arbeit und Publizistik“ (PÖP) unerlässlich. Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ ab 1989 konnte die kirchliche Partnerschaftsarbeit nach Osteuropa, insbesondere nach Ungarn und der Ukraine, erweitert werden. Nicht zuletzt wurde 1991 das Theologische Planungsreferat mit der Aufgabe errichtet, die für die kirchliche Arbeit relevanten Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft zu beobachten. Aus alledem erklären sich der eingetretene Aufgaben- und Stellenzuwachs im Landeskirchenamt und anderen landeskirchlichen Dienststellen. Angesichts dieser Entwicklungen kristallisierte es sich mehr und mehr als zentrale Aufgabe der Kirchenleitung heraus, durch wirksame Koordination der verschiedenen Spezialeinrichtungen untereinander und mit den Fach- abteilungen des Landeskirchenamtes Überschneidungen und Doppelarbeit zu vermeiden. Die 1997/1998 von den kirchenleitenden Organen verabschiedeten „Perspektiven und Schwerpunkte kirchlicher Arbeit in den nächsten Jahren“, die 2013 durch die Handreichung „Grundlagen und Orientierungen kirchlichen Lebens in der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Bayern“ fortgeschrieben worden sind, haben dazu mit dem darin entwickelten Handlungs- feldkonzept einen grundlegenden Beitrag geleistet. Ausgehend von den vier Grunddimensionen des kirchlichen Auftrags – Zeugnis und Orientierung (matyria), Gottes- erfahrung und Selbstbesinnung (leiturgia), Gemeinschaft (koinonia), Hilfe und Begleitung (diakonia) – sind die von den unterschiedlichen kirchlichen Organisationseinheiten und Einrichtungen geleisteten vielfältigen Aktivitäten zur besseren Koordinierung und Steuerung zehn Hand- lungsfeldern zugeordnet worden, nach denen mittlerweile auch der Haushaltsplan der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern gegliedert ist: 102 | Modernisierung, Spezialisierung und Gleichstellung zwischen 1976 und 2000

LKA – Hieroglyphen im Wandel der Zeit Heinz Lachmann Für Außenstehende und neue Mitarbeiter und Mitarbeite- rinnen, übrigens auch neue Landesbischöfe, Oberkirchen- räte und Oberkirchenrätinnen, kann das Landeskirchen- amt zumindest auf den ersten Blick als eine recht rätsel- hafte Institution erscheinen. Dies liegt nicht zuletzt an der Vielzahl der im Amtsgebrauch mit großer Selbstver- ständlichkeit verwendeten Abkürzungen. Der langjährige Mitarbeiter des Landeskirchlichen Rechenzentrums (heute: Kirchliche Informationsverarbeitung – KIV), der Gemeinde- und Kirchensteuerabteilung und der Personal- abteilung Heinz Lachmann (Jahrgang 1953) schildert aus diesem Blickwinkel seine Eindrücke und die Entwicklung des Landeskirchenamtes seit den 70er Jahren: Wo arbeiten Sie …? – im LKA* ... ach so – nicht im Landeskriminalamt … Begonnen hat bei mir alles am 1. September 1967. Damals hat die Landeskirche Verwaltungsleute auch schon aus- gebildet. Als Verwaltungslehrling begann ich im Pfarramt und Dekanat Ludwigsstadt (es hieß damals noch Evang.- Luth. Kirchenbezirk) und in der Verwaltungsstelle Michelau und legte 1970 auch eine kirchliche Verwaltungsprüfung bei der ELKB* (im KiStA* – Kirchensteueramt – in Nürn- berg) ab. So lernte ich die gesamte Bandbreite der Auf- gaben in der kirchlichen Verwaltung in Bayern kennen. Hierzu gehörte die manuelle Pfleg e der RS* (Rechts- sammlung) – dem „Roten Vischer“15, der dann durch den „Grünen Heinzel“16 fortgeschrieben wurde, ebenso wie der Personal stand gemäß den Änderungen im KABI* (Kirch- liches Amtsblatt). Im Vergleich zu den staatlichen Strukturen ist ja manches ziemlich verwirrend: Während im Freistaat Bayern die Gemeinden zum Kreis zusammengeschlossen sind, die über die (Regierungs-) Bezirke das Land Bayern bilden ist es in der Evang.-Luth. Landeskirche Bayern so, dass die KG* (Kirchengemeinden) in DB* (Dekanatsbezirken) zusammengeschlossen sind, die KK* (Kirchenkreise) hei- ßen und die LK* (Landeskirche) bilden. Deshalb war der höchste Repräsentant der Evangelischen im KK der KREISdekan. Ein Grund, warum nach vielen Diskussionen und Beratungen im LKR* (Landeskirchenrat), im OA* (Organisationsausschuss) der LS* (Landessynode), im LSA* (Landessynodalausschuss) und der LS die Bezeich- nung für den OKR i. KK* (Oberkirchenrat im Kirchenkreis) – KD* (Kreisdekan)– zugunsten RB* (Regionalbischof bzw. Regionalbischöfin) verändert wurde.17 Um vor allem in der Ökumene auf Augenhöhe präsent zu sein, schickte es sich nicht an, dass z.B. der Kreisdekan von München mit dem Erzbischof von München und Freising repräsentiert, son- dern jetzt die Regionalbischöfin für München und Ober- bayern – deren zu repräsentierendes Gebiet größer ist als das des Kardinals – nämlich in die Diözesen Augsburg, Passau und Eichstätt hinein reicht. Nun ja – es geht ja um die Seelsorge der Gemeindeglieder und nicht des Gebiets. Ich begann die Arbeit im LKA nach dem Studium der BWL* (Betriebswirtschaftslehre) am 1. April 1978 als Organisator für Finanzwesen im LKRZ* (Landeskirchliches Rechen- zentrum). Das LKRZ befand sich räumlich weit entfernt von der Meiserstraße in der Herzog-Wilhelm-Straße im Bereich der Pfarrei St. Matthäus, der Münchner Bischofs- kirche. Die Organisation des LKRZ befand sich in der Schwanthalerstraße nahe dem RPrA* (Rechnungsprüfungs- amt), das früher noch Rechnungsprüfungsstelle hieß – heute ist also die Professionalität, Eigenständigkeit und Unabhängigkeit wohl schon im Namen erkennbar. Andere Dienststellen, wie z.B. die LKStv* (Landeskirchliche Stiftungsverwaltung) als Vorläufer der LKK* (Landes- kirchenkasse) in der Karlstraße 18 – dort befanden sich auch die Liegenschaftsverwaltung des Landeskirchen- amts räumlich über der bayerischen evang. Kirchenbank SKB* (Spar- und Kreditbank), die später Acredobank hieß, später zur EKK* (Evang. Kreditgenossenschaft) kam und jetzt schlicht EB* (Evangelische Bank) Kassel heißt – und der Pfründe StV * (Pfründestiftungsverband) in der Arcisstraße 44 waren bis zum Bezug des Dienstgebäudes in der Marsstraße 19 ebenfalls ausgelagert. Die EDV* (Elektronische Datenverarbeitung), steckte in den 70er Jahren eher noch in den Kinderschuhen. Im LKRZ in der Herzog-Wilhelm-Straße standen große Maschinen (mit Rechnerleistungen, die heute mit Chips erledigt werden können, so klein, dass sie in die Hosenta- sche passen – unglaublich der Produk tivitätsfortschritt in diesem Bereich), mit denen z. B. Kirchgeldbescheide für die Kirchengemeinden bzw. GKGs* (Gesamtkirchenge- meinden) gedruckt wurden. ´ In jener Zeit ging es organisatorisch wohl drunter und drüber – ein Grund war, so munkelte man, dass im PW* (Personal- wesen) die Gehaltsläufe derart zu Unstimmigkeiten führten, dass z. B. OKR* (Oberkirchenräte) und z. B. Reinigungs- kräfte durch Gehaltsabrechnungen ähnliche Beträge auf ihren Konten vorfanden – wohl eine frühe Form der erzwun ge nen Solidarität von Beamten zu Angestellten und 104 | Modernisierung, Spezialisierung und Gleichstellung zwischen 1976 und 2000

Ansprache von Landesbischof D. Dr. Johannes Hanselmann bei der Einweihung des Neubaues Meiserstraße 11 a am 8. November 1983 Psalm 90, Vers 17: „Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns. Ja, das Werk unserer Hände wollest du fördern.“ Verehrte Gäste, liebe Mitarbeiter, manchmal sah es so aus, als würde der Lärm kein Ende nehmen: Presslufthammer, Betonmischer, Baukran, LKWs und vieles andere mehr. Ich erinnere mich an seelsorgerliche Gespräche, wo wir einen Phonaufwand leisten mussten, den man normalerweise unter die Rubrik des Sich-Anschreiens eingeordnet hätte. Als ich unseren Wochenpsalm durchlas, blieb ich einen Augenblick beim 15. Vers hängen, wo es heißt: „Erfreue uns nun wieder, nachdem du uns so lange plagest“ - und dann waren all jene Assoziationen da, die ich eben erwähnte. Aber exegetisch lässt sich das letztlich dann doch nicht halten, denn im Grunde genommen war es keine Plage, die Gott über uns verhängt hat, sondern eine Baumaßnahme, die wir selber für richtig hielten und mit deren Begleiterscheinungen wir eben diese ganze Zeit über leben mussten; die meisten von Ihnen noch weit mehr als ich, der ich immer wieder auch dienstlich unterwegs bin – und den Krach dann allen- falls mehr punktuell telefonisch mitbekam, wenn ich bei Frau Krick anrief. Nun, das ist ja auch ein Charakteristikum im Buch der Psalmen, dass da je und dann Klage sich in Lob verwandelt. So möchte ich den heutigen Tag verstehen, nicht wissend, was an Fertigstellungsarbeiten oder Änderungen noch auf uns zukommt. Möge es möglichst wenig sein! Ja, wir haben Grund zum Loben, jenem Wort, das im Hebräischen inhaltsgleich mit Danken ist. Wir loben, wir danken Gott, dass dieser große Anbau ohne erheb- liche Unfälle hat erstellt werden können. Wir danken für die neugeschaffenen räumlichen Möglichkeiten, die sowohl einer Humanisierung des Arbeitsplatzes als auch einer größeren Effektivität dienen sollen. Wir danken den Planenden, den Architekten, Ingenieu- ren, den Handwerkern und allen, die mannigfach auf jeweils ihre spezifische Weise am Gelingen des Baues beteiligt waren. Ich danke auch den „Lärmopfern“, die gleichwohl ausgehalten und ihren Dienst getan haben. Nicht zuletzt danke ich dem Psalmbeter, dass er uns diesen nicht nur schönen, sondern auch wichtigen Satz hinterlassen hat: „Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns. Ja, das Werk unserer Hände wollest du fördern.“ Es ist dies der letzte Vers aus einem Gebet, in dem unmissverständlich und breit die Vergänglichkeit menschlichen Lebens eine Rolle spielt; aber a u c h Gott als der Ort der Zuflucht. Vor diesem Gott spricht der Psalmist einen Wunsch aus, der beim ersten Hinsehen recht menschlich erscheint: freundlich möge uns dieser Gott sein und das Werk unserer Hände möge er fördern, d. h. er möge es gelingen lassen, sein Gedeihen dazu geben. Mir ist das schon recht sympathisch, dass dieser Gott und unser Tun so eng zusammengebracht werden; dass Gott nicht in unerreichbarer Ferne thront und wir nicht ohne jede Verbindung zu ihm so „vor uns hinwurschteIn“. Nein. Hier gibt es eine Beziehung, eine enge sogar. Eine Bezie- hung, die im letzten Satz in direkter Anrede zur Bitte, zum Gebet wird: „Ja, das Werk unserer Hände wollest du (unser Gott) fördern!“ Ich kann jetzt noch präziser sagen: Es gibt eine Gebets- beziehung zwischen unserer Arbeit und Gott. Das hat dann auch seine Konsequenzen: dieser Gott, zu dem ich wegen meiner Arbeit beten darf, kann mir nicht einfach gleichgültig sein. Und umgekehrt: Ich selber, d. h. wir alle, Sie und ich, sind diesem Gott nicht gleich- gültig. Und schließlich: Wenn ich Gott um sein Gelingen zu meiner Arbeit bitte, dann kann ihm auch meine Arbeit nicht gleichgültig sein; meine eigene und die meiner Mitarbeiter, ja die Arbeit aller, die hier am Werk sind. Ob das nun akademisch gebildete Juristen und Theo logen sind oder Beamte des gehobenen und höheren Dienstes, ob dies Sachbearbeiter sind oder Mitarbeiter im Sekretariatsdienst oder im Wirtschafts- betrieb, unsere Fahrer, Boten, Hausmeister und jene Frauen, die als Raumpflegerinnen dafür sorgen, dass wir in sauberen Zimmern arbeiten können – und viele, viele andere, die ich gar nicht alle aufzählen kann, ich denke z. B. nur an den differenzierten EDV-Betrieb – sie alle sind Mitarbeiter dieses Amtes und damit Mitarbeiter Gottes. 106 | Modernisierung, Spezialisierung und Gleichstellung zwischen 1976 und 2000

Umbruch, „Umklappen“ und Umsteuern Strukturreform und Leitbild des Landeskirchenamtes 2001 Zum 1. März 2001 ist die Aufbauorganisation des Landes- kirchenamtes „umgeklappt“ worden, wie dies damals formuliert worden war. Anstelle von vorher neun ist das Landeskirchenamt seitdem in sechs Abteilungen gegliedert1: Die Strukturreform des Landeskirchenamtes hat insbe- sondere folgende Neuerungen gebracht: •฀Die฀für฀einen฀bestimmten฀Aufgabenbereich฀erforder­ lichen inhaltlichen, juristischen und wirtschaftlichen Kompetenzen, einschließlich der Verantwortlichkeit für den Personaleinsatz, sind nicht mehr wie ehedem in verschiedenen Abteilungen einer Hauptabteilung verortet, sondern, soweit wie möglich, im Sinne eines geschlosse- nen Verantwortungskreises in einer Abteilung zusammen- gefasst worden. •฀Zur฀Bündelung฀der฀Kompetenzen฀und฀Verantwortungen฀ sind die Abteilungen interdisziplinär ausgerichtet worden, so dass z. B. Theologen bzw. Theologinnen Dienstvor- gesetzte von Juristen und Juristinnen sein können und umgekehrt. •฀Die฀Oberkirchenräte฀und฀Oberkirchenrätinnen฀nehmen฀ in aller Regel selbst keine Referatsleitungsaufgaben mehr wahr. •฀Die฀Vertretung฀der฀Oberkirchenräte฀und฀Oberkirchen­ rätinnen, die vorher untereinander geregelt war, wird nun in der Regel von jeweils einem dazu bestimmten Referenten bzw. einer dazu bestimmten Referentin der betreffenden Abteilung als stellvertretende Abteilungs- leitung wahrgenommen. •฀Für฀die฀Aufgaben฀der฀Geschäftsführung฀des฀Landes­ kirchenrates ist ein eigenes Referat errichtet worden. Außerdem ist zur nachhaltigen Festigung und Förderung der Kontakte insbesondere zum Bayerischen Landtag und seinen Fraktionen, zur Staatsregierung und zu den Landeskirchenamt Abteilung A Leitung, Recht, Zentrale Dienste Abteilung B Finanzen Abteilung C Ökumene und Kirchliches Leben Abteilung D Gesellschaftsbezogene Dienste Abteilung E Gemeinden und Kirchensteuer Abteilung F Personal Referat A1 Allgemeine Rechtsfragen, Dienst- u. Arbeitsrecht Referat B1 Haushaltsplanung, Finanz. Grundsatzfragen Referat A2 Personal, Organisation, Informationstechnologie Referat A3 Geschäftsführung Landeskirchenrat, Beschlussmanagement Referat A4 Büro der Landessynode Referat A5 Frauengleichstellungs- stelle (fgs) A-CCoE SAP-Kompetenzzentrum (CCoE) 108 Referat C1 Gottesdienst, Verkündigung, Spiritu- alität, Kirchenmusik Referat C2 Gemeindeentwicklung, Zielgruppenarbeit in den Gemeinden Referat C3 Ökumene, Mission, Partnerschaften, Entwicklungsdienst Referat D1 Schulwesen, Religionsunterricht, Bildung, Medien Referat D2 Personalangelegenheiten und Personalverwaltung Referat D3 Diakonie, Beratung, Seelsorge, Themenbezogene Dienste Referat E1 Kirchensteuer, Meldewesen, Personal- u. Strukturfragen (Gemeinden, KiSt-Ämter) Allg. Steuerrecht Referat E2 Gemeindeaufsicht, -fi nanzen, Kindertagesstätten, Immobilien und Stiftungswesen Referat F1 Stellenplanung, Stellenverwaltung Referat F2 Personalentwicklung, Aus-, Fort-, Weiterbildung Referat F3 Personalangelegenheiten Referat B2 Rechnungswesen Referat B3 Vermögen, Rechtsfragen, Finanzen B-FKS SAP-Fachkoordinierungs- stellen Referat C4 Rechtsfragen u. Finanzen der Handlungsfelder Referat D4 Rechtsfragen u. Finanzen der Handlungsfelder Referat E3 Landeskirchliches Bau- referat, Arbeitssicherheit, Kunst u. Inventarisation Referat F4 Dienst- u. Hochschulrecht, Personalservicezentrum Referat E4 IT-Anwendungen Gemeinden Referat F5 Theologisches Prüfungs- amt E-VfKG Verw.-Dienstleistungen für Kirchengemeinden F-FKS SAP-Fachkoordinierungs- stellen

Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen war – zwischen 1990 und 2001 Rücklagenentnahmen in Höhe von 180,2 Mio. und zwischen 1992 bis 1996 zwischenzeitlich aber noch nicht getilgte Kreditaufnahmen in Höhe von 97,6 Mio. erforderlich gewesen waren. Der daraus ersicht- liche Mittelmehrbedarf war dabei begründet zum einen durch die außerordentliche Unterstützung der Glied- kirchen in den neuen Bundesländern seit der Wende von 1989/1990 im Rahmen des EKD-Finanzausgleichs, woran die bayerische Landeskirche bis 2002 mit insgesamt 270 Mio. beteiligt war, und andererseits durch den Anstieg des Personalkostenanteils an den Kirchensteuer- einnahmen von 63,8 % auf 76,9 % seit 1991.5 Insgesamt wurde ein jährliches strukturelles Haushaltsdefizit in einer Größenordnung von 75 bis 100 Mio. identifiziert. So musste bei der Herbsttagung der Landessynode in Kempten 2002 die „Notbremse“ gezogen und ein Prozess zur Konsolidierung des landeskirchlichen Haushalts ein- geleitet werden, dessen wesentliche Stationen •฀eine฀erstmals฀durchgeführte฀„Zukunftskonferenz“฀der฀ kirchenleitenden Organe im Februar 2003 in Rummels- berg, •฀die฀Erarbeitung฀einer฀„Vereinigten“฀(Kürzungs­)Liste฀aus฀ den von der eingesetzten synodalen Lenkungsgruppe bei der Frühjahrstagung der Landessynode in Würzburg ein- gebrachten Vorschlägen („Giftliste“) und Vorschlägen der Abteilungen im Sommer 2003 mit dem Ziel der struktu- rellen Entlastung des landeskirchlichen Haushalts um jährlich 90 Mio. (bzw. 15,1 %) gegenüber dem Haushalts- ansatz 2002 und der Rückzahlung der Bankkredite bis 2007 sowie •฀die฀Verabschiedung฀von฀Eckpunkten฀für฀die฀Haushalts- planungen 2004 bis 2006 bei der Herbsttagung der Landes- synode 2003 in Bad Reichenhall waren. Von den Kürzungen, die – mit Ausnahme der öffentlich- rechtlichen Dienstverhältnisse der Pfarrer/Pfarrerinnen und Diakone/Diakoninnen – bis 2006 schrittweise zu reali- sieren waren, waren nicht nur die landeskirchliche Ebene mit ihren Dienststellen und Einrichtungen, sondern auch die Kirchengemeinden und Dekanatsbezirke im Rahmen des Innerkirchlichen Finanzausgleichs sowie Zuwendungs- empfänger aus dem Bereich der nicht verfassten Kirche betroffen. Vom Landeskirchenamt mit Landeskirchenstelle und Rechnungsprüfungsamt war eine jährliche Einspa- rung in Höhe von ca. 4 Mio. zu erbringen. Die höchste Ein- sparerwartung traf die Personalabteilung F für das theolo- gisch-pädagogische Personal mit 38 Mio.; jedoch wurde, soweit für diesen Bereich die Einsparziele bis 2006 nicht zu erreichen waren, der Zeitraum für die Umsetzung der Reduzierungen auf spätestens 2012 verlängert. Da die Auflösung der bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse und betriebsbedingte Kündigungen grundsätzlich ausgeschlossen waren bzw. werden sollten, waren begleitende Maßnahmen erforderlich, um die schrittweise Ausgabenkürzung bis 2006 im Gemeindebe- reich, bei den landeskirchlichen Einrichtungen und den freien Trägern zu unterstützen und die Streckung des Umsetzungszeitraums bei den Diakonen- bzw. Pfarrer- dienstverhältnissen bis 2008 bzw. 2012 zu finanzieren. Dazu gehörte • die Verabschiedung des Personalstruktursicherungs- gesetzes (PSSG), • die Bereitstellung von Sondermitteln zur übergangs- weisen Finanzierung des beim theologischen Personal aus dem laufenden Haushalt nicht mehr weiter finan- zierbaren Kostenanteils (sog. „Kostendreieck“), und • die Einrichtung eines Gemeindenotfonds. Außerdem wurde in den Ausbau professioneller Fund- raising-Strukturen und innerkirchlicher Beratungskapazi- täten zur Begleitung von Veränderungsprozessen inves- tiert. Die Finanzierung dieser Begleitmaßnahmen erfolgte durch die Auflösung noch vorhandener landeskirchlicher Rücklagen. Die Einsparziele des Konsolidierungsprozesses konnten im Wesentlichen termingerecht erreicht und die zwischen 1992 und 1996 aufgelaufenen Bankschulden bis Ende 2007 vollständig zurückbezahlt werden. Dass die Gestaltung und das Durchstehen des Konsolidierungsprozesses für alle davon Betroffenen, nicht zuletzt aber für die Abtei- lungen des Landeskirchenamtes eine immense Heraus - forderung bedeutete und den Mitarbeitenden enorm viel abverlangt hat, kann an dieser Stelle nur festgestellt, aber nicht weiter ausgeführt werden. Aufgrund der unerwartet positiven Entwicklung des Kirchensteueraufkommens in den Folgejahren, welche – selbst während der Finanz-, Banken- und Staatsschulden- krise ab 2008 – mit deutlichen Mehreinnahmen gegen den jeweiligen Planansatz verbunden war, wurde im Übri- gen auf der Grundlage des Kirchengesetzes zur Sicherung der Finanzierung im theologischen Personal bereich (FSG theol) vom 25. November 2007 (KABl 2008, S. 22) die Bildung einer Personalverstärkungsrücklage möglich, mit der übergangsweise, d. h. bis zum Beginn der bevorste- henden Pensionierungswelle geburtenstarker Pfarrer- jahrgänge ab 2018, der Personalkostenanteil, der nach der Konsolidierung nicht mehr aus dem laufenden Ergebnis- haushalt finanziert wird, ausgeglichen werden kann. 110 | Umbruch, „Umklappen“ und Umsteuern seit 2000

Zum Profil evangelischer Kirchenleitung und -verwaltung: Arbeitsteilige Gemeinschaft in gegenseitiger Verantwortung als geistlicher und rechtlicher Dienst „Leitung der Landeskirche muss danach gesehen werden als ein brüderliches Zusammenarbeiten verschiedener, in ihren verschiedenen Funktionen voneinander abgegrenz- ter Organe, deren keines den anderen vor- oder nachge- ordnet sein und deren keines in das Aufgabengebiet eines anderen hineinzuregieren haben soll. Leitung der Landes- kirche ist so nicht mehr in einem bestimmten Spitzen- gremium (oder Spitzenamt) allumfassend verankert, sondern nunmehr als ein kooperativ-arbeitsteiliges Geschehen zwischen gleichrangigen Organen zu definie- ren. … Das „Gegenüber“ der synodalen Organe auf der einen und des episkopalen und des konsistorialen Organes auf der anderen Seite ist damit spannungsvoller geworden, aber es ist so angelegt, daß es sich nicht in einem Neben- einander, sondern in einem Miteinander konkretisieren wird“. 1 In dieser Verhältnisbestimmung kommt sinngemäß die Barmer Theologische Erklärung vom 31. Mai 1934 mit ihrer These 4 zum Ausdruck: „Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienstes“ Miteinander der kirchenleitenden Organe Für das Verhältnis der kirchenleitenden Organe der Evange- lisch-Lutherischen Kirche in Bayern zueinander ist – durch- aus im Unterschied zu staatlichen Verfassungsstrukturen – charakteristisch, dass Kirchenleitung in „arbeitsteiliger Gemeinschaft und gegenseitiger Verantwortung“ von Landessynode, Landessynodalausschuss, Landesbischof und Landeskirchenrat geschieht (Art. 41 KVerf). Ein oberstes Leitungsorgan besteht somit nicht. Vielmehr wirken alle vier Organe gleichberechtigt in der Leitung zusammen, wobei sie jedoch je ihren besonderen Funktionskreis entsprechend der in der Kirchenverfassung vorgenommenen Aufgabenzuweisung wahrnehmen. In der Begründung zum Entwurf der Kirchenverfassung wird dies so beschrieben: Der Landeskirchenrat bei der Frühjahrstagung der Landessynode 2014 in Bayreuth (v.l.n.r.): OKR Hans-Martin Weiss (KK Regensburg), OKRin Susanne Breit-Keßler (KK München), OKR Helmut Völkel (Abt. F), OKRin Dr. Dorothea Greiner (KK Bayreuth), OKRin Dr. Karla Sichelschmidt (Abt. A), OKR Michael Grabow (Augsburg), OKR Detlev Bierbaum (Abt. D), OKRin Gisela Bornowski (KK Ansbach- Würzburg), LB Dr. Heinrich Bedford-Strohm, OKR Dr. Hans-Peter Hübner (Abt. E), OKR Michael Martin (Abt. C), OKRin Elisabeth Hann v. Weyhern (KK Nürnberg) und OKR Dr. Erich Theodor Barzen (Abt. B) 112

Kirchenpräsident und Landesbischöfe 1921 bis 1933 D. Friedrich Veit (1861 bis 1948) 1933 bis 1955 D. Hans Meiser (1881 bis 1956) 1955 bis 1975 D. Hermann Dietzfelbinger (1908 bis 1984) Kreisdekane und Regionalbischöfin des Kirchenkreises München 1921 bis 1934 D. Karl Baum (1869 bis 1942) 1934 bis 1952 D. Oskar Daumiller (1882 bis 1970) 1952 bis 1961 Arnold Schabert (1904 bis 1961) 1961 bis 1971 Hans Schmidt (1902 bis 1992) Präsidenten und Präsidentinnen der Landessynode 1920 bis 1922 D. Friedrich Frhr. von Pechmann (1859 bis 1948) Bankdirektor aus München 1923 bis 1931 D. theol. Philipp Bachmann (1864 bis 1931) Universitätsprofessor aus Erlangen 1933 bis 1940 Robert Bracker (1877 bis 1970) Oberregierungsrat aus Fürth 1946 Dr. Wilhelm Eichhorn (1879 bis 1957) Bankdirektor aus München 1947 bis 1959 Dr. jur. Hans Meinzolt (1887 bis 1967) Staatssekretär im Bayeri- schen Kultusministerium, von 1935 bis 1945 Vizepräsi- dent des Landeskirchenrates 1959 bis 1984 Karl Burkhardt (1910 bis 1997) Regierungspräsident von Mittelfranken aus Ansbach 114

Kirchenleitende Organe der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) Landessynode Landessynodal- ausschuss Landesbischof Landeskirchenrat Zusammen- setzung Wesentliche Aufgaben 108 Mitglieder 89 gewählte Mitglieder, davon 60 nicht ordinierte 13 berufene Mitglieder je ein(e) ordinierte(r) Lehrstuhlvertreter(in): Erlangen-Nürnberg, München, Augustana-Hochschule drei Jugenddelegierte mit beratender Stimme Kirchliche Gesetzgebung Wahl des Landesbischofs/ der Landesbischöfi n Errichtung von Pfarrstellen und Stellen mit allgemeinkirchlichen Aufgaben Feststellung des Haushaltsplanes Errichtung von Einrichtungen und Diensten 15 Mitglieder Präsident(in) und die beiden Vizepräsidenten/ -präsidentinnen 12 von der Landessynode gewählte Mitglieder Information über die kirchliche Lage Ständige Vertretung der Landes synode Vorbereitung der Tagung der Landessynode Kontrolle der Umsetzung der Synodalbeschlüsse Mitwirkung bei der Einbringung von Kirchengesetzen und beim Erlass von Verordnungen Aufsicht über den Verkündigungs- dienst mit Recht der Ordination und der Visitation Kontakte zu anderen Kirchen Vertretung der ELKB in der Öffentlichkeit Vorsitz im Landeskirchenrat Ausfertigung der kirchlichen Gestze und Verordnungen Vollzug von Ernennungen von Pfarrern/Pfarrerinnen und Kirchenbeamten/-beamtinnen 13 Mitglieder Landesbischof/-bischöfi n Oberkirchenräte und Oberkirchen- rätinnen der sechs Kirchenkreise Oberkirchenräte und Oberkirchen- rätinnen der sechs Abteilungen des Landeskirchenamtes Auswertung der kirchlichen und öffentlichen Situation und Entwicklung von Programmen für die kirchliche Arbeit Verantwortung für Mitarbeiter- gewinnung, Ausbildung, Fortbildung und Personaleinsatz Organisation und Verwaltung der ELKB Aufsicht über kirchl. Rechtsträger Gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der ELKB Auffangzuständigkeit für Aufgaben, die nicht anderen kirchlichen Organen vorbehalten sind („Kompetenz-Kompetenz“) Kirchenleitung und –verwaltung als geistlicher und rechtlicher Dienst Als dem Landeskirchenrat zur Führung seiner Geschäfte gemäß Art. 69 Kirchenverfassung zugeordnete Behörde nimmt das Landeskirchenamt im Vergleich zu staatlichen Behörden zwei Funktionskreise war. Es ist einerseits – insbesondere in seinen Aufgaben gegenüber den (Gesamt-) Kirchengemeinden und Dekanatsbezirken – einem Land- ratsamt vergleichbar, indem es die kirchlichen Körper- schaften durch fachliche Dienstleistungen (wie z. B. Beratung im Arbeitsrecht, landeskirchliche Bauberatung, Kirchliche Informationsverarbeitung – KIV) und im Wege der Aufsicht dabei unterstützt, „ihre Aufgaben in Bindung an die kirchlichen Ordnungen zu erfüllen, sie vor Schaden zu bewahren und ihre Verbundenheit mit der ganzen Kirche zu fördern“ (§ 100 Abs. 1 Kirchengemeindeord- nung). Andererseits erfüllt das Landeskirchenamt als oberste Dienstbehörde für die nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen geregelten Pfarrer-, Kirchenbeamten- und Diakonendienstverhältnisse und als oberste Verwaltungs- behörde die Funktion einer Ministerialbehörde. In welcher Funktion auch immer der Landeskirchenrat und „sein“ Landeskirchenamt in Erscheinung treten, gilt die Grundsatzbestimmung des Art. 5 der Kirchenverfassung: „In der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist Leitung der Kirche zugleich geistlicher und rechtlicher Dienst.“ Dies bedeutet: • Bei allen Maßnahmen und Beschlüssen auch in finan- ziellen und rechtlichen Angelegenheiten ist zu bedenken, dass sie dem Verkündigungsauftrag der Kirchen zu dienen haben und dadurch wesentlich bestimmt sind. • Im Lichte wiederum von These 4 der Barmer Theolo- gischen Erklärung dient kirchliches Leitungs- und Verwal- tungshandeln nicht obrigkeitlicher Reglementierung oder Bevormundung. Ihr Auftrag ist vielmehr Dienst an der gesamten Kirche mit ihren Gemeinden, Diensten und Einrichtungen sowie Hilfe für diese. 116 | Zum Profil evangelischer Kirchenleitung und -verwaltung: Arbeitsteilige Gemeinschaft in gegenseitiger Verantwortung als geistlicher und rechtlicher Dienst

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Autorinnen und Autoren Impressum Helmut Braun Kirchenrat und Leiter des landeskirchlichen Kunstreferats im Landeskirchenamt der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Bayern. Harald Hein Kirchenbaudirektor und Leiter des landeskirchlichen Baureferats im Landeskirchenamt der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Bayern. Dr. Hans-Peter Hübner Oberkirchenrat, Mitglied des Landeskirchenrates und Leiter der Abteilung „Gemeinden und Kirchensteuer“ im Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Heinz Lachmann Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Professor Wolfgang Lorch Architekturbüro Wandel Lorch Saarbrücken, Professor für Entwerfen und Baugestaltung an der Technischen Universität Darmstadt. Dr. Nora Andrea Schulze Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Forschungsstelle für Kirchliche Zeitgeschichte der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Professor Dr. Wolfgang Sommer Emeritierter Lehrstuhl inhaber für Kirchen- und Dogmen- geschichte an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau. Thomas Wach Architekturbüro Wandel Lorch Saarbrücken. Evangelische Kirchenleitung am Königsplatz in München Herausgegeben von Oberkirchenrat Dr. Hans-Peter Hübner und Michael Maier im Auftrag des Landeskirchenrates der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern © München 2015 Redaktion: Helmut Braun Rüdiger Glufke Harald Hein Dr. Hans-Peter Hübner Michael Maier Johannes Minkus Dr. Reinhard Rassow Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern Katharina-von-Bora-Straße 7–13 80333 München Konzeption und Projektleitung: Franz Schiermeier Gesetzt aus der Rotis von Otl Aicher Druck: Druckservice Brucker, Mainburg gedruckt auf CO2-geprüftem Papier ISBN 978-3-943866-29-2 Verlag: Franz Schiermeier Verlag München www.franz-schiermeier-verlag.de 120